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Namenswechsel: Aus Türkei soll Türkiye werden

Namenswechsel: Aus Türkei soll Türkiye werden

Ankara will auch in den Fremdsprachen in Zukunft nur noch den türkischen Landesnamen verwenden. Die Regierung will damit das Ansehen des Landes fördern. Der Schritt wirft allerdings auch viele Fragen auf.

Wer bislang in einer Suchmaschine oder Übersetzungsdiensten den englischen Landesnamen der Türkei eintippt, bekommt als Piktogramm oder Übersetzungsbegriff nicht etwa die stolze rot-weisse Flagge mit Halbmond und Stern vorgeschlagen, sondern ein Truthahn-Emoji oder das Wort „Truthahn“ selbst, die automatischen Übersetzungsdienste verstehen das Wort «Turkey» oft fälschlicherweise im ornithologischen statt im geografischen Sinne. Wie kurios selbst der seriöseste Text daherkommt, wenn ein geopolitischer Akteur darin als Hühnervogel bezeichnet wird, kann man sich leicht denken.

«Hello Türkiye» nicht mehr „hello Turkey“

Doch damit soll nun Schluss sein. Das Kommunikationsamt von Präsident Recep Tayyip Erdogan hat vor einigen Tagen eine Kampagne mit dem Ziel lanciert, die Verwendung der türkischen Bezeichnung für das Land, «Türkiye», auch in anderen Sprachen zu fördern. Den Startschuss bildet ein aufwendig produzierter Werbefilm. Darin treten ausländische Touristen an unterschiedlichen Orten des Landes auf, die auf Englisch, aber im jeweiligen Akzent ihres Heimatlandes «Hello Türkiye» sagen.

Die Bemühungen, den Sprachgebrauch zu beeinflussen, gehen weit über das Spielerische hinaus. Viele türkische Ministerien und Behörden verwenden schon länger in fremdsprachigen Texten nur noch den Begriff Türkiye, auch an internationalen Konferenzen und in der Korrespondenz mit anderen Staaten.

Seit Dezember ist dies durch eine Verfügung des Präsidenten auch offiziell vorgeschrieben. Erdogan erklärte darin, dass der Begriff Türkiye am besten geeignet sei, Kultur, Zivilisation und Werte der Nation auszudrücken. Auch Exportprodukte müssen demnach mit der Aufschrift «made in Türkiye» versehen werden. Der Verband der türkischen Exportwirtschaft TIM hat dies bereits vor zwei Jahren beschlossen.

Ausdruck der Eigenständigkeit der Türkei

dance folkloreZiel der türkischen Politik sei es, Marke, Identität und Ansehen des Landes zu fördern, erklärt Erdogans Kommunikationschef Fahrettin Altun. Die Türkei sei kein Land, das von aussen definiert werde, sondern eines, das selber Definitionen präge. Die Verwendung eines Begriffs aus der eigenen Landessprache bringe dies zum Ausdruck. Der Anspruch, ein unabhängiger Akteur von überregionaler Bedeutung zu sein, ist zentral für das Verständnis der Politik von Präsident Erdogan.

Türkiye soll künftig in allen Fremdsprachen verwendet werden, auch im Deutschen. Nicht nur wegen ihrer internationalen Bedeutung steht die englische Sprache jedoch im Fokus. In einem Bericht über Erdogans Verfügung vom Dezember verwies der staatliche Nachrichtensender TRT explizit auf die unvorteilhaften Assoziationen, die mit dem doppeldeutigen Begriff «turkey» verbunden seien.

Dabei wird zu Recht darauf hingewiesen, dass der Truthahn gar nichts mit der Türkei zu tun hat. Seine englische Bezeichnung hat der aus Nordamerika stammende Vogel seiner Ähnlichkeit mit dem Perlhuhn zu verdanken, das über das Osmanische Reich nach Europa importiert wurde und deshalb auch als «türkisches Huhn» bezeichnet wurde.

«Massnahme fürs heimische Publikum»

ankara capitalFragen des nationalen Stolzes werden in der Türkei überaus ernst genommen. Respektloses Verhalten etwa gegenüber der Staatsflagge ist keine Bagatelle und kann mit einer Haftstrafe geahndet werden. Dennoch gibt es in den sozialen Netzwerken auch spöttische Reaktionen auf den verordneten Sprachgebrauch. Regierungskritiker sehen darin zudem einen Versuch, von der Wirtschaftskrise abzulenken.

Auch Natasha Grand ist der Ansicht, dass sich der Namenswechsel vor allem an das heimische Publikum richtet. «Das ist eine politisch-ideologische Massnahme, die als Stärkung der Landesmarke präsentiert wird», sagt die Londoner Kommunikationsexpertin, deren Institute for Identity Staaten in ihrem internationalen Auftritt berät.

Erfolgreiches Country-Branding schaffe möglichst eingängige Assoziationen, erklärt Grand gegenüber diversen Zeitungen. Ein Wort wie Türkiye, das in Aussprache und Schreibweise hohe Hürden stelle, erreiche eher das Gegenteil. «Insofern zeugt der Schritt auch von grossem Selbstvertrauen.»

Folgt ein offizieller Namenswechsel?

Dass Länder ihren Namen wechseln, ist an sich keine Seltenheit. Das jüngste Beispiel ist Nordmazedonien. Durch das Anhängen einer geografischen Vorsilbe konnte der südosteuropäische Staat den jahrzehntelangen Streit mit Griechenland beilegen.

Oft soll ein neuer Name auch einen Bruch mit der – meist kolonialen – Vergangenheit markieren. Das frühere Swasiland heisst seit 2018 Eswatini. Auch Simbabwe (Rhodesien) oder Burkina Faso (Obervolta) haben ihre Namen geändert. In Asien ist Myanmar (Burma) ein Beispiel.

Ob die Türkei neben einem veränderten Sprachgebrauch auch einen offiziellen, bei den Vereinten Nationen registrierten Namenswechsel anstrebt, ist allerdings unklar. Das Informationsamt in Ankara erklärt auf Anfrage, dass darüber zurzeit keine Auskunft möglich sei.

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