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Museum Marubi Shkodra - ein Muss für Freunde des Fotos

Museum Marubi Shkodra - ein Muss für Freunde der Fotografie

Wir waren sehr überrascht als uns unsere Gastgeber vom Campingplatz Legjenda in Shkodra während unseres abendlichen Stadtrundgangs in ein unerwartet modernes Museum für Fotografie führten.

Nach kurzer Begrüßung lud uns der Museumsdirektor persönlich in sein Besprechungszimmer ein und erläuterte in fließendem Englisch die Entstehungsgeschichte des Museums und die Person Pjetër Marubi, der als Gründervater der Familie Marubi mit seiner Arbeit und seinem Nachlass zu diesem außergewöhnlichen Museum, noch dazu in bester Lage in der Fußgängerzone in Shkodra, beigetragen hatte.

Der Familie Marubi entstammten die bedeutenden albanischen Fotografen Pjetër, Kel und Gegë Marubi, die im 19. und 20. Jahrhundert über drei Generationen das Fotostudio in der nordalbanischen Stadt Shkodra führten. Dieses Fotostudio war das erste Studio in Albanien überhaupt und das bereits im Jahr 1856, denn zu diesem Zeitpunkt ließ sich Pjetër Marubi in Shkodra nieder und betätigte sich unter anderem als Architekt, Maler und Bildhauer. Im Jahr 1858 machte er das erste Foto, das je in Albanien aufgenommen wurde: Ein Porträt von Hamze Kazazi, einem Aufständischen im Rahmen der albanischen Nationalfrage.

Pjetër Marubi, geboren im Jahr 1834 in Piacenza als Pietro Marubbi, musste als Unterstützer von Giuseppe Garibaldi seine von den Österreichern besetzte Heimat aus politischen Gründen verlassen. Nachdem er versucht hatte, den Bürgermeister von Piacenza zu ermorden, flüchtete er nach Korfu, später nach Vlora. Er gründete das erste Fotostudio Albaniens, das er Dritëshkronja Marubi, die Lichtschrift Marubi, nannte. Pjetër Marubi hat im Rahmen seiner Studio- und Außenarbeiten politische Ereignisse im damaligen Westen des Osmanischen Reichs auf Zelluloid gebannt, so auch die Aufstände in der Mirdita (1876/77) und die Liga von Prizren (1878), er gilt damit als einer der wenigen Zeitzeugen, der die Fotografie bereits um 1870 zur Dokumentation realer Ereignisse eingesetzt hat.

1885 begann der 15-jährige Kel Marubi, einer von zwei Adoptivsöhnen Pjetër Marubi als Gehilfe in Pjetërs Studio zu arbeiten. Er ersetzte seinen ebenfalls adoptierten Bruder Mat, der diese Stelle im Fotostudio bis zu seinem frühen Tod innehatte. Die beiden Söhne von Pjetër Marubis Gärtner Rrok Kodheli hatten zuvor ein Praktikum in Triest absolviert. Das kinderlose Ehepaar Maria und Pjetër Marubi adoptierten Kel später hoch offiziell und vererbten ihm auch das Fotostudio. Kel Marubi war ein albanischer Patriot und als solcher auch in der Bewegung der albanischen Wiedergeburt aktiv. Er war Mitbegründer der Gesellschaft "Die albanische Sprache" und Herausgeber der Zeitung "Zëri i Shkodrës" (Die Stimme von Shkodra).

Kel ist aus künstlerischer Sicht weit über die Fußstapfen seines Lehrers und Adoptivvaters hinausgetreten. Er hat mit seinen Abbildungen der nordalbanischen Gesellschaft einen wesentlichen Beitrag an die Fotosammlung geliefert, die heute zum Teil im Museum zu betrachten ist. Er fotografierte Persönlichkeiten aus Nordalbanien und die Führer des albanischen Staates, aber auch einfache Bergdörfler und auch die zum Teil verschleierten städtischen Damen. Kels Aufnahmen des städtischen Alltags zeigen Geschäftsleute in ihren Betrieben, aber auch das Marktgeschehen und städtische Bettler. Sogar bei seinen Landschaftsaufnahmen scheinen immer Personen im Mittelpunkt zu stehen. Er dokumentierte jeden historischen Anlass der Zeit in Albanien, von der Ankunft des Fürsten Wilhelm zu Wied bis zur Hochzeit des Königs Zog I. 1910 beauftragte ihn Nikola von Montenegro, Fotos von den Feierlichkeiten anlässlich seiner Erhebung zum König zu machen.

Kel hatte sechs Kinder, wobei die vier Töchter im Studio mithalfen und Sohn Rrok im Retouchieren unterrichtet wurde. Sohn Gegë Marubi trat in die Fußstapfen seines Vaters und wurde ebenfalls Fotograf. Er wurde nach Lyon an die Schule der Brüder Lumière geschickt. Für seine Arbeit erhielt er mehrere Preise. Im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern machte er auch viele Fotos von Landschaften ohne den Fokus auf Personen und experimentierte mit Zelluloidfilm, fotografierte aber wiederum auch wichtige Ereignisse. Nachdem die Kommunisten nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1944 die Macht übernommen hatten, schloss 1946 das Geschäft und Gegë beendete 1952 seine Tätigkeit als Fotograf. In der Folge investierte er viel Zeit in die Archivierung und Konservierung der Sammlung. Entweder 1970, 1974 oder 1978 vermachte er das Fotoarchiv mit 150.000 Negativen (Glasplatten) dem albanischen Staat. Seine einzige Tochter, Tereza, wurde Ingenieurin, Fabrikdirektorin und 1990 Bürgermeisterin von Shkodra.

Mit ihrem Werk leisteten die Mitglieder der Familie Marubi einen wesentlichen Beitrag zur Dokumentation der albanischen Lebenswelt ihrer Zeit und schufen mit ihren Landschafts- und Alltagsaufnahmen einzigartige künstlerische Zeitzeugnisse albanischer Geschichte. Im Museum befinden sich Auszüge dieser einzigartigen Sammlung, darunter auch viele Auftragsbilder, auf denen Albaner in landestypischer Tracht zu sehen sind. Auch viele wichtige politische Ereignisse der Epoche haben die drei Fotografen in Aufnahmen festgehalten.

Allein schon die Menge der Fotos ist außerordentlich beeindruckend. Die Bilder zeigen über einen Zeitraum von beinahe 100 Jahren praktisch lückenlos die politischen Ereignisse und den gesellschaftlichen Wandel der Stadt Shkodra und eines großen Umkreises bis Mittelalbanien auf. Dokumentiert sind ereignisreichen Jahre, als Albanien allmählich die Unabhängigkeit von den Türken erlangte und sich ein eigener Staat bildete. Neben politischen Führern und der reichen Oberschicht waren zudem viele einfache Menschen und ihr Alltag Motiv der Marubi-Fotografen.

Fototeka Marubi heute offiziell Muzeu Kombëtar i Fotografisë Marubi: „Die Fotosammlung von Marubi in Shkodra umfasst über 150.000 Fotos, von denen viele große historische, künstlerische und kulturelle Bedeutung haben.“

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