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Višegrad – Nur eine Stadt mit osmanischer Brücke?

Višegrad – Nur eine Stadt mit osmanischer Brücke?

  • Geschrieben von Portal Editor
  • Kategorie: Bosnien - Herzegowina
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Die Stadt Višegrad in der Republika Srpska in Bosnien-Herzegowina ist seit Beginn des 15. Jahrhunderts urkundlich belegt, obwohl archäologische Spuren darauf hinweisen, dass die erste Besiedlung wesentlich älter ist.

Nach der Eroberung Bosniens durch das Osmanische Reich und der Gründung des damals osmanischen Sarajevo Mitte des 15ten Jahrhunderts gewann der Ort durch seine Lage am Übergang über den Fluss Drina an der Handelsstraße nach Istanbul zunehmend an Bedeutung.

Auf dem Weg nach Belgrad zum Camperstopp West Camp

Wir waren von Sarajevo kommend zur E763 Richtung Belgrad zum Camper Stopp unterwegs, als wir auf den idyllischen Ort Višegrad stießen, der von zahlreichen Bergen umgeben ist, von denen einige sogar die 1 000 Meter Marke überschreiten. Die Stadt Višegrad liegt in einem Talkessel am Ende einer Reihe von Schluchten entlang der Drina, nur etwa acht Kilometer von der Grenze nach Serbien entfernt, was sich später als Problem mit vielen Diskussionen an der Grenzstation herausstellen sollte. Von Bosnien-Herzegowina aus nach Serbien hinein ist ein Glücksspiel, dass oftmals mit weiten Umwegen verbunden oder gar komplett unterbunden wird. Hier spielt nach wie vor der Bosnienkrieg und die diversen Kriegsverbrechen eine große Rolle, aber dazu später mehr.

Seine Blütezeit hatte Višegrad in den 1570er‑Jahren, denn zu dieser Zeit wurde die steinerne Drina Brücke erbaut, die heute von der UNESCO sogar zum Weltkulturerbe ernannt wurde, was für uns ein gewichtiger Grund für die Fahrt über Višegrad war. Mit Hilfe dieser imposanten, steinernen Brücke konnten Handelsbeziehungen mit anderen Ländern eingegangen werden. Vor allem die Route zwischen Sarajevo und Istanbul hat der Stadt einen gewissen Reichtum ermöglicht. Die Drina Brücke hatte somit großen Einfluss auf die Entwicklung von Višegrad.

Višegrad - Baumeister Sinan mit im Spiel?

Der Name Drina Brücke wird nur umgangssprachlich verwendet. Offiziell heißt sie Mehmed‑Paša‑Sokolović‑Brücke. Sie wurde nach dem Bauherrn Sokollu Mehmed Paša benannt. Aufzeichnungen zufolge wurde sie vom osmanischen Baumeister Sinan geplant und erbaut. Der Name Drina Brücke stammt hingegen vom Roman „Die Brücke über die Drina“ vom jugoslawischen Autor Ivo Andrić.

Mehmed Pasa ist auch für die Planung und den Bau des am Flussufer liegenden Teils von Višegrad um das Jahr 1577 verantwortlich. Türkischen Quellen zufolge wurde Višegrad bereits vor 1462 von Türken erobert; die Stadt blieb bis zum Berliner Kongress 1878 unter türkischer Herrschaft, als ganz Bosnien von Österreich-Ungarn übernommen wurde.

Die Brücke ist ungefähr 180 Meter lang und steigt zur Mitte hin leicht an. Das auffälligste Merkmal der Brücke sind die elf Bögen unterhalb der Brücke. Die Brücke ist heute eine reine Fußgängerbrücke, wobei die gesamte Fläche des sieben Meter breiten Übergangs nutzbar ist.

Im Verlauf der Geschichte war Višegrad also Teil des Osmanischen Reichs und später auch Teil des Königreichs Österreich‑Ungarn, worauf der veraltete Name der Stadt als Wischegrad hindeutet während Višegrad slawisch für „Hohe Burg“ steht. Ab 1878 stand Višegrad wie ganz Bosnien und Herzegowina unter Kontrolle Österreich-Ungarns.

Leider wurde die Brücke während des Ersten Weltkriegs weitestgehend zerstört, aber aufgrund der historischen Bedeutung rekonstruiert und unter Schutz gestellt, womit das Bauwerk seit 2007 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt.

Heute ist der Fortbestand der Brücke allerdings erneut bedroht. Der Wasserstand der Drina steigt stetig und gefährdet so die Bausubstanz der Brücke, denn oberhalb von Višegrad wird der Fluss zum über 20 Kilometer langen Višegradsko Jezero angestaut.

Visegrád verfügt auch über eine teilweise renovierte mittelalterliche Festung und die Ruinen eines Renaissanceschlosses, in Nagymaros befindet sich ein Gedenkmuseum des weltberühmten Reisenden und Jägers Kálmán Kittenberger und in Zebegény gibt es ein Gedenkmuseum des Malers István Szonyi. Die Stadt verfügt über eine einzigartige Mischung aus Stilen der osmanischen und byzantinischen Architektur. Es finden sich aber auch Spuren der Renaissance. Zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten zählen das Rathaus, das Theater und die Kirche des Heiligen Lazar.

Ivo Andrić lässt Andrićgrad in Višegrad errichten

Andrićgrad ist ein kleines Viertel in Višegrad und wird oft als Stadt in der Stadt angesehen. Ab 2011 entstand im Norden auf einer Landzunge, die durch den Zufluss des Rzav in die Drina gebildet wird, der Ortsteil Andrićgrad, ein zum großen Teil von Regisseur Emir Kusturica finanziertes Projekt. Es handelt sich dabei um einen Stadtteil aus Häusern in antikem und mittelalterlich-balkanischem Stil, das vor allem der Tourismusförderung dienen soll. Die neue Stadt wird auch Kamengrad (deutsch: Steinstadt) in Anlehnung an das frühere Kusturica-Projekt Drvengrad (deutsch Holzstadt) bei Mokra Gora in Serbien genannt.

Offizieller Baubeginn war der 28. Juni 2011, ein erster Bauabschnitt wurde am 28. Juni 2012 in Beisein des Regisseurs, des früheren serbischen Präsidenten Boris Tadić sowie des Präsidenten der Republika Srpska Milorad Dodik eröffnet. Das Projekt wird insbesondere von Seiten der Bosniaken kritisiert, da sie befürchten, dass das kulturelle Erbe der Stadt von serbischer Seite vereinnahmt wird.

Kloster Dobrun ist sehenswert

Das Kloster Dobrun liegt ungefähr zwölf Kilometer östlich von Višegrad und ist daher ein hervorragendes Ziel für einen kleinen Ausflug. In der Schlucht des Flusses Rzav, in der Nähe der Grenze nach Serbien, gibt es zahlreiche Wanderrouten.

Das Kloster Dobrun ist Jungfrau Maria gewidmet und wurde gegen Mitte des 14. Jahrhunderts von Herzog Pribil und seinen beiden Söhnen erbaut.

Als Empfehlung können wir an dieser Stelle die Wanderung hinauf zur Burgruine ansprechen, die einen herrlichen Blick über das Tag der Drina bis zur Drina Brücke erlaubt.

Alternativ kann man auch mit dem Auto oder dem Bus zum Parkplatz unterhalb der Burg fahren. Der Parkplatz ist allerdings gebührenpflichtig. In der Nähe des Parkplatzes gibt es ein Restaurant und diverse Souvenirstände.

Višegrad ist ein aufregendes Reiseziel, denn die Stadt kann auf eine lange Geschichte unter der Herrschaft so unterschiedlicher Kulturen zurückblicken, die vor allem von den Osmanen und Habsburgern beeinflusst wurde.

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