Spaziergang durch Ebrach im Steigerwald

Ebrach im Steigerwald

Während unserer Rundtour durch den Steigerwald führte uns Brita auch in den Ort Wachberg oberhalb des Füttersees, dem Standort einer mehr als eintausend Jahre alten Eiche, die wahrscheinlich zur Geburt Karls des Großen im Jahr 742 nach Christus dort gepflanzt wurde.

Mit dem PKW fährt man bis zum Ortsausgang von Wachberg, dann führt ein Fußweg über die Grünfläche bis zum Standort der Eiche. Schon von weitem ist der mächtige Baum von ca. 34 Metern Höhe und gut 8,40 Metern Stammumfang (gemessen in 1 Meter Höhe über dem Wurzelstock) zu sehen, der den Blick fast magisch auf sich zieht.

ebrach 1Mächtige Äste, die für sich genommen, schon allein einen Baum bilden könnten, ragen über die riesige Grundfläche der Eiche, die trotz ihres Alters eine gesunde Blattbegrünung zeigt. Nur an der Rückseite des Stammes nagt der Zahn der Zeit auch an diesem Naturdenkmal, so ist eine hohle Stelle im Stamm von Naturfrevlern zum Zünden von Feuerwerkskörpern genutzt worden, wodurch es zum Brand im Stamminnern gekommen war. Hier auf 264 Metern Höhe über dem Meeresspiegel ist die unter dem Namen Kaiser- oder auch Karlseiche bekannte Eiche zu einer touristischen Attraktion geworden, denn so alte Bäume sind rar.

Weiter geht unsere Tour in das oberfränkische Ebrach, einer Kleinstadt von gerade 1.900 Einwohnern zwischen Bamberg im Osten und Würzburg im Westen, wo wir das ehemalige Zisterzienserkloster Ebrach besichtigen wollen.

Ehemaliges Zisterzienserkloster in Ebrach

Im Jahr 1127 durch die fränkischen Edelfreien Benno und Richwin von Eberau gegründet, war das Zisterzienserkloster eines der ersten Klöster auf der rechten Rheinseite. Mit Beendigung der Bauten übersiedelten im Jahr 1147 zwölf Mönche von Kloster Morimond hierher nach Ebrach. Weitere fünfzig Jahre später begann der Abt Hermann I mit dem Bau der Abteikirche, die um 1285 vollendet wurde.

ebrach 2Wir besuchten zunächst die prachtvollen, zum Kloster zugehörigen Gartenanlagen, die durch einige Skulpturen zusätzlich an Reiz verfügen und einen sehr gepflegten Eindruck hinterlassen. Dann ging es zur wirklich riesig erscheinenden Abteikirche, die immerhin die stattliche Länge von 88 Metern misst und in Fachkreisen als eines der bedeutenden Baudenkmäler der frühgotischen Baukunst gilt. Schon vor dem Betreten fällt die riesige Fensterrosette von ca. 12 Metern Durchmesser ins Auge, die nach dem Vorbild des Notre Dame in Paris gefertigt wurde und wie die weiteren 50 Fenster, die 26 Altäre und die prächtige Innenausstattung erst vor wenigen Jahren komplett restauriert worden war.

Gleich am Eingang stießen wir auf die Anordnung von 8 Glassäulen, die teilweise hoch mit Steinchen gefüllt waren und somit unser Interesse weckten. Hintergrund dieser Säulen bildeten einige Fragen an die Besucher, die dann durch Abstimmung mit Ja oder Nein durch das Einwerfen eines Steinchen in die entsprechende Säule beantwortet werden sollten. Hochaktuell die momentan viel diskutierten Fragen wie „Sollen Priester heiraten dürfen“ und ähnliche Fragen, zu denen hier per Abstimmung ein Meinungsbild der Kirchenbesucher erzeugt wurde.

Sollten Priester heiraten dürfen?


ebrach 3Wir hatten auch ein wenig Glück mit der Wahl unseres Besuchszeitpunktes, denn es war eine Gruppe von Organisten in der Kirche, so das wir den Klängen der mächtigen Orgel lauschen konnten. Überhaupt zeigte sich die Ausstattung und Ausschmückung der Kirche bei unserem Rundgang als sehr offen und transparent. Man hatte immer das Gefühl, das der Besucher eingebunden werden sollte. Trotz des auch hier vorliegenden monströsen, Eindruck schindenden Gebäudes, das andern Orts oftmals ja auch zur reinen Machtdemonstration von Kirche verwendet wurde, konnte man sich hier wohlfühlen. Ein weiteres interessantes Beispiel für das Einbinden der Besucher waren auch aufgestellte Landkarten Deutschlands und der Welt, in die der Besucher mittels Stecknadel seinen Herkunftsort vermerken konnte. Wir waren zweiter und dritter Besucher aus der Türkei, was wiederum unmittelbar zu Gesprächen mit Besuchern führte, die darüber doch verwundert waren.

Ebrach Klosterkirche Maria HimmelfahrtIm Zuge der Säkularisation wurde das Kloster im Jahr 1803 aufgelöst und der gesamte Ort durch den Reichsdeputationshauptschluss Bayern zugeordnet. Seither ist die Klosterkirche die katholische Pfarrkirche „Maria Himmelfahrt“.

ebrach 4Was uns besonders verwunderte war die Tatsache der teilweise starken Vergitterung der Fenster, die uns schon bei den ersten Klostergebäuden aufgefallen war. Nach dem Verlassen der Klosterkirche fragten wir dann bei unserer Reiseleiterin Brita nach und siehe da, die Antwort war mehr als nur verblüffend: Seit dem Jahr 1851 dienen die riesigen Klostergebäude als Strafanstalt und Jugendgefängnis. So ist fast der gesamte Klosterkomplex heute der Justizvollzugsanstalt Ebrach zugehörig.

Im Seitenflügel zur Straße hin befindet sich auch ein kleines Museum zur örtlichen Geschichte, das einen Besuch lohnt. Auch der Konzertsaal, der zur Vorbereitung eines abendlich stattfindenden Konzerts gerade geöffnet war, zeigte sich voller Glanz und Pracht.

Vorbereitung auf ein Abendkonzert

ebrach 5Weit über die Grenzen Bayern hinaus sind die klassischen Konzerte von Ebrach bekannt und somit meist komplett ausverkauft. Namhaften Künstlern und Musikern kann man hier hautnah und im kleineren Rahmen zuhören.

Nach so viel Information und erstaunlichen Neuigkeiten stellte sich bei uns einmal mehr ein Hungergefühl ein und wir fragten nach einer „Brotzeit“, für die Brita auch schnell eine Lösung parat hatte. Ein kleines Gartenrestaurant mit heimischer Küche war schnell gefunden. Spezialität dieses Hauses: Bärlauchsuppe, die wir auf Anraten dann auch gleich probierten. Ein guter Tipp, hausgemacht und frisch. Lecker. 

Wir setzten unsere Rundfahrt fort und gelangten so auch noch zum Dreiländereck oder Dreifrankenstein, einem Punkt an dem Ober-, Mittel- und Unterfranken zusammen stoßen.

Der Bärlauch – Wildgemüse und Arzneipflanze

Hausgemacht und frisch - Bärlauchsuppe

ebrach 6Durch einen interessanten Stein markiert, hat man hier ein kleines Refugium errichtet, das von Besuchern, die vor allem als Radwanderer unterwegs sind, gern aufgesucht wird.

Nach dieser interessanten Tagestour kehren wir nach Albertshofen zurück beschließen den Tag in einer netten Gesprächsrunde im Garten unserer Gastgeberin.

 

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