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Ehemaliger Regierungsbunker Dernau - heute ein Museum

Der ehemalige Regierungsbunker ist heute ein Museum

Der so genannte Regierungsbunker im Ahrtal nahe des liebenswerten Weinortes Dernau galt einst als das geheimste Bauwerk in der jungen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zu Zeiten des Kalten Krieges.

Der Regierungsbunker war zeit seines Bestehens mit der Aura des absolut Geheimnisvollen umgeben, obwohl schon durch die umfangreichen Bauarbeiten keine wirkliche Geheimhaltung möglich war. Mit Baubeginn machten Gerüchte im Ahrtal die Runde, so war u.a. von einem unterirdischen Luxuskaufhaus oder gar von einem unterirdischen Bordell die Rede. Auch wurde immer wieder von einer unterirdischen Verbindung zwischen Bonn, damals Bundeshauptstadt und dem Regierungsbunker berichtet, in der sogar eine U-Bahn verkehren soll. Dieses Gerücht beispielsweise lautete: „Die Tunnel gehen bis zum Hardtberg.“ Gemeint war aber nicht der Bonner Stadtbezirk mit dem Sitz des Verteidigungsministeriums auf der Hardthöhe, sondern die Weinbaulage Hardtberg in Dernau. Dort befindet sich in der Tat der westliche Zugang zum Regierungsbunker.

Erst viel zu spät bemerkte man: Das Spitzelsystem des DDR-Geheimdienst war durch den im Bunker als Handwerker beschäftigten Spion Lorenz Betzing immer und bestens über den Fortschritt der Bunkeranlage informiert.

Eine wahnwitzige Idee sollte umgesetzt werden

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_rheinland-pfalz_regierungsbunker-7.jpgAls „Der Regierungsbunker“ wird im Volksmund kurz und bündig der Ausweichsitz der Verfassungsorgane des Bundes im Krisen- und Verteidigungsfall zur Wahrung der Funktionstüchtigkeit der Regierung bezeichnet. Zu Zeiten des Kalten Krieges zwischen den Systemen in Ost und West ein weiteres Beispiel für das „Verbrennen“ von Steuergeldern zum Fortbestehen der Regierung im Falle eines eskalierenden Konflikt, vielleicht eines damals sogar denkbaren atomar geführten Krieges. Hier bei Dernau sollte eine 17,3 Kilometer lange Bunkeranlage rund 25 Kilometer südlich von Bonn im Tal der Ahr zwischen Bad Neuenahr-Ahrweiler und Dernau in Rheinland-Pfalz entstehen, unweit des damaligen Staatsweinguts Marienthal. In den Jahren der Planung, des Baues und der Nutzung wurde der Regierungsbunker unter verschiedenen Decknamen- bzw. Tarnnamen wie Rosengarten, Dienststellenbezeichnung Dienststelle Marienthal und THW-Anlagen Marienthal geführt.

Der Bunker entstand federführend durch das Bundesinnenministerium unter großer Geheimhaltung in den Jahren 1960 bis 1972 in zwei von fünf Anfang des 20. Jahrhunderts gebauten Tunneln der nie fertiggestellten Eisenbahnstrecke Ruhr-Mosel-Entlastungslinie (Teilstrecke Liblar – Rech). Der Bunker war insbesondere für die zivilen Behörden aus der damaligen Bundeshauptstadt Bonn bestimmt und sollte der deutschen Bundesregierung als Ausweichsitz und unterirdische Führungsanlage im Verteidigungsfall (V-Fall) dienen („Ausweichsitzes der Verfassungsorgane“).

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_rheinland-pfalz_regierungs-bunker-2.jpgNach Ende des Kalten Krieges wurde die Anlage aus Kostengründen Ende der 1990er Jahre stillgelegt. Nur wenige Jahre später wurde mit der vollständigen Entkernung fast der gesamten Anlage begonnen. Heute ist von dem teuersten Bauwerk der Bundesrepublik nur noch ein kleines Bunkerstück von 203 Meter Länge erhalten, das in das Museum Dokumentationsstätte Regierungsbunker umfunktioniert wurde. Das Museum liegt in einem bewaldeten Berghang oberhalb der Römervilla von Bad Neuenahr-Ahrweiler. 2009 wurde der Regierungsbunker von der Europäischen Kommission zum Europäischen Kulturerbe erklärt.

Wie anfangs erwähnt, waren zwei schon bestehende, aber damals nach wie vor nicht zum ursprünglichen Zweck genutzte Eisenbahntunnel die bauliche Grundlage für alle weiteren Ausbauarbeiten von 1960 bis 1972. Seine Planung reicht bis ins Jahr 1950 zurück, so war auch Bundeskanzler Konrad Adenauer von Anfang an mit einbezogen.

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_rheinland-pfalz_regierungs-bunker-3.jpgZu den bereits bestehenden 2.625 m langen Eisenbahntunneln wurden viele weitere Quer- und Längsstollen hergestellt. Mittels Bohren und Sprengen arbeiteten sich die Bergleute auf klassische Art und Weise durch das weiche Schiefergestein des Ahrtales, sodass am Ende der Bauzeit die gesamte Anlage eine Stollenlänge von ca. 19 km aufwies. Abzüglich aller Vortriebsarbeiten, die nur dem eigentlichen Bauzweck selbst dienten und zum Ende der Bauphase auch teilweise wieder verschlossen wurden, blieb immerhin noch eine nutzbare Stollenlänge von ca. 17,3 km übrig, um einer sogenannten Notverwaltung des Bundes mit insgesamt 3.000 Mitarbeitern ein Ausharren im Konfliktfall von mindestens 30 Tagen zu ermöglichen.

Standhaft auch im Falle eines nuklearen Angriffs?

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_rheinland-pfalz_regierungs-bunker-1.jpgDie Anlage selbst sollte gegen den Angriff mit atomaren Waffen sicher sein und war weitgehend autark in der Versorgung mit elektrischer Energie, Frischluft und Trinkwasser. Im Gegensatz zu anderen Festungen oder militärischen Bunkern war sie allerdings nicht bewaffnet. Die Sicherung sollten Bundeswehreinheiten in feldmäßigen Stellungen übernehmen, darunter das Sicherungs- und Versorgungsregiment des BMVg. Die Kosten für das Bauwerk wurden auf rund drei Milliarden DM geschätzt, genaue Zahlen stehen aufgrund der Geheimhaltung nicht zur Verfügung.

Der mit bis zu 110 m Fels überdeckte Bunker bestand aus den durch einen Taleinschnitt getrennten Bauteilen Ost und West, die unterirdisch mit einem in 60 m Tiefe gelegenen Laufgang verbunden waren.

Die Haupteingänge waren mit rollbaren MAN-Toren aus Stahl und Beton mit einem Gewicht von jeweils 25 Tonnen verschließbar.

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_rheinland-pfalz_regierungs-bunker-4.jpgTore und in Sekundenbruchteilen zu schließende Lüftungsdeckel an den Zuluftbauwerken konnten den Bunker hermetisch abschließen. Eine Trinkwasserversorgung aus zwei eigenen Tiefbrunnen, eigene Stromerzeuger, Luftfilter und Vorräte sowie eine Infrastruktur mit Küchen, Lazarett, Zahnarzt usw. ermöglichten einen 30 Tage langen Aufenthalt ohne Kontakt nach draußen. Damit sollte im Verteidigungsfall (V-Fall) sichergestellt werden, dass die Bundesrepublik Deutschland auch in einem nuklear eskalierenden Krieg weiterhin regiert und die Bundeswehr geführt werden konnte.

Wie 2008 bekannt wurde, hätte die Bunkeranlage gerade einmal einer 20-Kilotonnen-Bombe, vergleichbar mit der Sprengkraft einer „Hiroshima-Bombe“, standgehalten. Obwohl bereits im Jahr 1962 geheime Gutachten mit 250-fach stärkeren Waffen rechneten und es klar war, dass die Anlage im Ernstfall bei einem Atomschlag kollabieren würde, wurde das Bauprojekt aus politischen Gründen weitergeführt.

Das Aus für den Regierungsbunker durch den Fall der Mauer

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_rheinland-pfalz_regierungs-bunker-5.jpgIm letzten Bauzustand, der wegen gestiegenen Platzbedarfs noch hätte erweitert werden sollen, konnte der Bunker etwa 3.000 Personen aufnehmen, die mit Ausnahme von Bundeskanzler und Bundespräsident in Mehrbettzimmern untergebracht wurden, wobei die Schlafräume durchgehend spartanisch ausgestattet waren. Mit der Fertigstellung 1971 war die Bunkeranlage auf 17,3 km gewachsen und umfasste 936 Schlaf- sowie 897 Büroräume. Zur Abtrennung dieser Räume gab es in diesem Komplex rund 3300 Stahltüren und selbst an einen unterirdischen Friseursalon war gedacht worden.

Im Verteidigungsfall sollte der Bunker den Bundespräsidenten, den Bundeskanzler, den Gemeinsamen Ausschuss, den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, verschiedene Minister und dazu ziviles und militärisches Personal aufnehmen. In einem großen Besprechungsraum mit Kartenwänden unmittelbar neben den Räumen des Bundeskanzleramtes hätten die Lagebesprechungen stattgefunden.

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_rheinland-pfalz_regierungs-bunker-6.jpgIm Regierungsbunker wurden im Rahmen der NATO-Übung WINTEX alle zwei Jahre Übungen abgehalten, bei denen das Personal auch bis zu 30 Tage im hermetischen Betrieb arbeitete. Man simulierte beispielsweise den Vorgang der Gesetzgebung mit einem Notparlament von 22 Mitgliedern, und auch ein übungsweise vorhandener Bundeskanzler (Bundeskanzler-Üb) sowie ein Bundespräsident fehlten nicht.

Zur Wartung, Instandhaltung und für den Betrieb waren ungefähr 180 Personen im Dreischichtenbetrieb ständig im Einsatz. Aus Geheimhaltungsgründen wurden die Beschäftigten mit Beamten- und Angestelltenstatus nur in der Region angeworben und auf strenge Geheimhaltung verpflichtet.

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