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Weihnachtspyramiden – ein Beispiel aus Eckartsberga

Weihnachtspyramiden – ein Beispiel aus Eckartsberga

Und nun leuchten und drehen sie sich wieder, die oftmals handwerklich hergestellten Lichtergestelle aus Holz, die im Freien oder auch zu Hause als vorweihnachtliche Dekoration die Herzen erwärmen sollen.

Ja, es ist die Rede von den Weihnachtspyramiden, die vor allem aus dem Erzgebirge stammend, heute als ein Bestandteil der Volkskunst gelten und in Städten und Privathaushalten weit verbreitet sind. Wir waren im Nachbarort Eckartsberga unterwegs, wo wir auf die in den Bildern gezeigte Weihnachtspyramide stießen.

Zum Ursprung der Weihnachtspyramide

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_sachsen-anhalt_weihnachtspyramide-eckartsberga-1.jpgDie Weihnachtspyramide vereint die beiden Bräuche des Drehbaums mit seinen immergrünen Zweigen mit dem (Kerzen-) Licht um Unheil abzuwenden und wurde vor allem im Erzgebirge zu dem Symbol für das nahende Weihnachtsfest. Die in Deutschland im 18. Jahrhundert bekannten Lichtergestelle waren der Ursprung der heutigen Pyramiden. Sie bestanden aus vier mit grünen Zweigen umwundenen Stäben, die am oberen Ende zusammengebunden und mit Lichtern versehen waren. In vielen Dorfkirchen der Mark Brandenburg standen früher zur Christmette sich nach oben verjüngende Lattengerüste, die mit brennenden Kerzen besetzt und glitzernden Gegenständen behangen waren. Das Ausschmücken dieser Pyramiden und das Anzünden der Kerzenlichter war eine der Hauptaufgaben der damals gebildeten Leuchterbauer-Gesellschaften.

Noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts bildete die Berliner Weihnachtspyramide „Perjamide“ das Glanzstück der Weihnachtsbescherung in Berlin. Diese meist einfachen mit Tannengrün umwundenen pyramidenförmigen Draht- und Holzgestelle wurden geschmückt, dienten als Lichtträger und wurden auf Weihnachtsmärkten verkauft oder selbst hergestellt. Ende des 18. Jahrhunderts wurden diese Pyramiden in vielen bildlichen Darstellungen verwendet und galten im 19. Jahrhundert als „Markenzeichen“ des Berliner Weihnachtsmarktes.

Der Begriff Pyramide für eine lichttragende Weihnachtsdekoration (im Erzgebirge besser unter dem Begriff Peremett bekannt), die in der Kirche aufgestellt wurde, soll erstmals 1716 in der Schneeberger Stadt- und Bergchronik gebraucht worden sein. Dort heißt es rückblickend auf die Zeit vor der Renovierung der St. Wolfgangskirche, dass die Besucher der Christmette am 1. Weihnachtsfeiertag brennende Kerzen mit in die Kirche gebracht haben und dort „die eitele und allerley Illumination liebende Jugend … Pyramiden von lauter Lichtern aufgebauet“ hat. Bei diesen Pyramiden scheint es sich eher um eine Ansammlung von zahlreichen brennenden Kerzen in Form einer Pyramide, nicht um die Weihnachtspyramiden im heutigen Sinne gehandelt zu haben.

Die karussellartig aufgebauten Gestelle werden sowohl mit christlichen Motiven (wie z. B. Engelfiguren und Christi Geburt) als auch mit weltlichen Motiven (z. B. Bergleute und Waldmotive) angefertigt und werden traditionell mit Hilfe der aufsteigenden Wärme von den Kerzen angetrieben, die ein Flügelrad und den damit über einen Stab verbundenen Teller in Bewegung setzt.

Pferdegöpel als Vorbild für die Drehachse der Weihnachtspyramide

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_sachsen-anhalt_weihnachtspyramide-eckartsberga-3.jpgBergleute des Erzgebirges interpretierten die Grundform nicht als einfachen Baum mit Lichtern, sondern fühlten sich an die Form eines Pferdegöpels erinnert. Ein Pferdegöpel ist auf einem Fundament befestigt, das als Göpelstock bezeichnet wird. Das Fundament besteht aus einer runden oder achteckigen Fundamentmauer, auf die Schwellen in achteckiger Form aufgelegt werden. Dieses Fundament wird so nivelliert, dass die Schwellenoberkante etwa einen Fuß über dem Boden ist. In das Fundament ist eine Vertiefung, die sogenannte Pfanne, eingelassen, in der sich der untere Zapfen der Hauptwelle frei dreht. Diese Pfanne ist aus Stahl, man nennt sie auch Zapfenlager. Das Zapfenlager wird, um Reibungsverluste zu verringern, immer gut geschmiert und bei Bedarf gereinigt. An den Fundamentbohlen werden an den Ecken die Hauptsparren aufgerichtet und befestigt. Die Hauptsparren werden am oberen Ende in einen kurzen zylindrischen Pfosten eingelassen. Dieser Pfosten bildet den Kopf des Gebäudes. In Anlehnung an diese Bauerntechnik begannen die Erzgebirgler das innen leere Stabgestell mit Plattformen und darauf mit handgearbeiteten Holzfiguren zu füllen und entwickelten so das Grundprinzip der Weihnachtspyramide.

Als um 1830 das billige Paraffin entdeckt wurde, das die teuren Talgkerzen oder Rüböllämpchen, mit denen die Pyramiden bis dahin angetrieben worden waren, ersetzte, erlebte die erzgebirgische Pyramide einen Aufschwung. Es entstand eine Vielzahl von Motiven und Stilen, wie z. B. gotischer und orientalischer Stil sowie das Waldmotiv. Auf die Teller stellte man Figuren aus zahlreichen Themengebieten, unter anderem die Geburt Christi, Bergparaden und Tiere des Waldes.

Großpyramiden im Erzgebirge

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_sachsen-anhalt_weihnachtspyramide-eckartsberga-2.jpgBis in die 1930er-Jahre blieben Weihnachtspyramiden ausschließlich häuslicher Weihnachtsschmuck, der in den Wohnstuben oft einen besonderen Platz hatte. Überlieferungen zufolge hatte der letzte, im Ruhestand lebende Frohnauer Steiger Traugott Pollmer 1926 die Idee, eine „Pyramide für Alle“ im Freien aufzustellen. 1931, drei Jahre nach Pollmers Tod, begann die Arbeit an der ersten Freilandpyramide des Erzgebirges unter der Regie des Schnitzvereins von Frohnau bei Annaberg-Buchholz und in Zusammenarbeit mit ortsansässigen Handwerkern, Gemeinderat und des Kunstschnitzers Paul Schneider. Nach ihrer Fertigstellung wurde die Frohnauer Pyramide am 17. Dezember 1933 feierlich eingeweiht. Die Pyramide wurde bereits zwei Jahre nach ihrer Einweihung wieder abgebaut, über den Verbleib ist nichts bekannt.[4] Die älteste erhaltene und noch betriebene Freilandpyramide ist die sogenannte Krauß-Pyramide in Schwarzenberg.

Bis in die 1950er Jahre gab es im Erzgebirge ganze 10 Ortspyramiden, sie waren noch die Ausnahme. Die vermehrte Ausbreitung begann in den 1960er Jahren und in den 1970er Jahren. Nach der Wende, ab 1990 begann ein wahrer Boom – fast jeder Ort im West- und Osterzgebirge baute sich eine Ortspyramide, deren Einweihung dann jeweils festlich begangen wurde. Seit der Wende breitet sich dieser Weihnachtsbrauch immer weiter aus. Die Anzahl der Ortspyramiden im Erzgebirgskreis betrug Ende des Jahres 2014 150 Stück. Hinzu kommen viele Anlagen im Osterzgebirge. Einige dieser Großpyramiden sind ganzjährig aufgestellt.

2014 wurde die bislang weltweit größte Weihnachtspyramide in Johanngeorgenstadt errichtet.  

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