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Vevčani - Karneval nach Julianischem Kalender

Vevčani - Zentrum des Karnevals

Unser Hauptanliegen zur Fahrt in das Dorf Vevčani war eigentlich der Besuch der Quellen und Wasserfälle am Fuß der Jablanica Berge gewesen.

Schnell zeigte sich jedoch, dass auch das Dorf selbst einige interessante Details vorweisen kann; neben den uralten Häusern im Dorfkern, die über wirklich interessante Schornsteinkonstruktionen verfügen und auch sonst baulich gesehen, verschiedenste Konstruktionsmerkmale miteinander verbanden. Wer erwartet in diesem Bergdorf in Mazedonien denn eine Verbindungen zwischen Jahreswechsel und Karneval nach Julianischem Kalender? Sie etwa?

Mineralien, Münzen und sogar einige herrliche Bonsai

vevcani karneval 05Wir stießen auf ein kleines Ladengeschäft, wo wir, neben einigen Antiquitäten auch auf diverse Mineralien, Münzen und sogar einige herrliche Bonsai stießen, die umgehend unser Interesse weckten.

Hoch aus den umgebenden Bergen hatte der Besitzer die Setzlinge einst geholt und in mühevoller Kleinarbeit über etwa 20 Jahre groß gezogen, wenn man bei Bonsai überhaupt von Größe sprechen kann. Er hatte dabei in die Formgebung soviel Mühe investiert, das man von echten Bäumen in Miniaturausgabe sprechen konnte.

So waren wir natürlich schnell in ein Gespräch vertieft, das weit über das Thema Bonsai hinaus ging.

vevcani karneval 06Im Geschäft waren uns auch einige Masken aufgefallen, die verblüffend an Karnevalsmasken aus den Hochburgen des Fasching oder Karnevals erinnerten und auch von dort stammen konnten.

Jetzt fuhr der Ladenbesitzer seinen PC hoch und hatte schnell einige Fotoserien geöffnet, die auf eine der Attraktionen des Dorfes Vevčani hin deutete: Karnevalsumzug im Dorf mit Vollverkleidung aufgrund eines traditionellen Neujahrsumzugs, das hier aufgrund der Tradition nach dem Julianischen Kalender gefeiert wird.

Julianische Kalender war im gesamten Römischen Reich anerkannt

julianischer kalender 02Der julianische Kalender wurde einst von Julius Caesar eingeführt und war in manchen Teilen der Welt noch weit bis ins 20. Jahrhundert gültig, im kirchlichen Bereich teilweise noch bis heute. Appian, Cassius Dio und Macrobius berichten in ihren Schriften, dass Julius Caesar im Jahr 47 v. Chr. den Schaltzyklus des späteren julianischen Kalenders im hellenisierten Ägypten in Alexandria kennen lernte. Die ergänzenden Angaben des Macrobius lassen daher die Möglichkeit zu, dass Julius Caesar nach Ägypten reiste, um mit den Fachleuten des ägyptischen Kalenders die neue Kalenderform des julianischen Kalenders zu besprechen, wahrscheinlich unter anderem mit dem ägyptischen Astronomen Sosigenes, nachdem Julius Caesar den ägyptischen Kalender durch Acoreus näher kennen gelernt hatte.

Der julianische Kalender an sich war im gesamten Römischen Reich anerkannt, die Jahresanfänge jedoch wurden von Region zu Region verschieden gehandhabt. Der Jahresanfang war nach dem Römischen Kalender bis zum Jahre 153 v. Chr. am 1.März, in Ägypten am 29. August, in Konstantinopel und später auch in Russland am 1. September, im westlichen Mittelmeer sowie verbreitet in England, Deutschland und in der Schweiz am 25. Dezember, später in Großbritannien am 25. März und in anderen Ländern an noch anderen Tagen. Erst ab der frühen Neuzeit setzte sich der 1. Januar im Westen mehr oder weniger allgemein durch, im Osten erst ab dem frühen 18. Jahrhundert.

julianischer kalender 01.pgDas julianische Jahr ist gegenüber dem Sonnenjahr um 11 Minuten und 14 Sekunden zu lang. Dies führte zu einer zunehmenden Abweichung vom Sonnenlauf, die im 14. Jahrhundert schon mehr als sieben Tage betrug. Weiterer Anlass für die Gregorianische Reform war der mit der alten Osterformel fehlerhaft ermittelte Frühlingsvollmond, von dem der Ostertermin abhängt.

Ein Teil der orthodoxen Kirchen (z. B. die russische, die serbische, die georgische, die mazedonische und die ukrainische Kirche) begeht alle ihre Feste weiterhin nach dem julianischen Kalender. Ihr Weihnachtsfest (25. Dezember) fällt darum derzeit auf den 7. Januar (gregorianisch). Das Neujahrsfest verschiebt sich entsprechend auf den 13. oder 14. Januar.

Der Karneval in Vevčani ist nicht so „sexy“ wie in Rio

vevcani karneval 03Aber an diesem Tage blickt das ganze Land auf Vevčani. Mazedonier und Gäste aus aller Welt drängen sich in den engen Gassen des Dorfes, denn es ist Karneval. Der Karneval in Vevčani ist nicht so „sexy“ wie in Rio und auch nicht so „hochherrschaftlich kühl“ wie in Venedig. Die heidnischen Rituale und Masken der Bewohner Vevčani´s sind so archaisch und wild wie das Land und das Klima.

„Verkleide dich gut, damit das Böse dich nicht erkennt. Dann verbrenne die Maske und mit ihr verbrennt das Böse und das Gute bleibt übrig“ – so lautet das Motto dem man sich wilden Geistes, ekstatischen Körpers und mit Unmengen Wein hingibt und damit antiken Traditionen folgt, die angeblich schon mehr als 1400 Jahre so veranstaltet werden.

vevcani karneval 07Die Hauptakteuere dieses Treibens sind der ‚dumme Augustin‘, der aus der römischen Antike stammt, sowie Braut und Bräutigam. Diese beiden Figuren symbolisieren das neue Jahr und die erneute Zeugung von Natur und Kosmos. Daran, dass sowohl Bräutigam wie auch Braut Männer sind, stört sich im eher homophoben Mazedonien allerdings niemand. Oder sie nehmen es nur hin, weil die Masken am Ende verbrannt werden und „mann“ somit von allem Übel, das in diesen heidnischen Tagen Geist und Körper befallen hatte, gereinigt wird.

Im Jahr 1993 wurde Vevčani sogar Mitglied der Föderation Welt der Karnevalsstädte.

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Fotos teilweise aus dem Karnevalsmuseum Kitzingen

 

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