Alaturka.Info

Łódź – einst wichtigster Standort der Textilindustrie in Polen

Łódź – einst wichtigster Standort der Textilindustrie in Polen

  • Geschrieben von Portal Editor
  • Kategorie: Warschau - Warszawa
  • Zugriffe: 1316
  • Drucken
  • E-Mail

Łódź - Im 19. Jahrhundert entstanden im Zuge der Industrialisierung zahlreiche Industriestädte wie Manchester, Chemnitz, Łódź und Berlin, die durch Fabriken, eine wachsende Bevölkerung und verbesserte Verkehrsanbindungen wie die Eisenbahn gekennzeichnet waren.

Während der Ausstellung im Technikmuseum Chemnitz gab es zahlreiche Exponate, die sich mit der Geschichte der Entwicklung der Industriestädte am Beispiel Chemnitz, Łódź und weitere befasst. Charakteristisch für diese Städte waren Mietskasernen, eine räumliche Trennung von Wohnen und Arbeiten sowie die Entstehung neuer Verkehrswege und öffentlicher Einrichtungen. Wir haben uns insbesondere für die Entwicklung von Łódź als Partnerstadt von Chemnitz interessiert und folgende Erkenntnisse zusammengefasst:

Zar Alexander I baut Łódź zur Industriestadt aus

Auf Beschluss des russischen Zaren Alexander I wird Łódź ab 1820 zur Industriestadt ausgebaut. Innerhalb von 100 Jahren wird aus einem Dorf mit knapp 1.000 Einwohnern eine Großstadt mit 600.000 Menschen.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wuchs die Stadt Łódź vor allem durch die Textilindustrie rasant, die Stadt galt allgemein als Manchester Polens.

Neue Baugebiete im Süden des Ortes zogen 1823 die ersten deutschen Tuchmacher an, die zumeist im Westen Deutschlands sowie in Sachsen, Böhmen und Schlesien angeworben wurden und später auch aus der preußischen Provinz Posen stammten.

Die deutschen Weber, Spinner und Färber, die bald die Bevölkerungsmehrheit bildeten, übten zu Beginn ihr Handwerk traditionell in Heimarbeit aus.

Auch viele Juden zogen in die Stadt, aber auch zahlreiche Polen und Russen lebten hier. Die Stadt entwickelte sich zu einem bedeutenden Wirtschaftsstandort der Region. Über 1.000 Fabriken zählt Łódź vor dem Zweiten Weltkrieg und 85 Prozent der Arbeiterinnen und Arbeiter sind in der Textilindustrie tätig.

Eine der ersten Fabriken wird 1826 von Christian Wendisch gegründet. Vieles deutet darauf hin, dass er aus Chemnitz kommt – Mobilität von Menschen und der Transfer von Wissen sind ein wichtiger Motor der Industrialisierung.

Vier Kulturen prägen Łódź zu der Zeit: die polnische, die deutsche, die jüdische und die russische tragen zum Erfolg der Industriestadt bei.

Allerdings war auch das Arbeiterelend in Łódź weit verbreitet. Die Kinder- und Säuglingssterblichkeit lag zeitweise bei 70 %, unter anderem weil es in der Stadt lange keine Kanalisation gab.

Um 1900 waren immer noch 80 % der Łódźer Bürger Analphabeten. Die Tuchmacherinnung wurde 1825 als erste Innung der Stadt gegründet. Der Novemberaufstand von 1830/31 bremste Łódźs Aufschwung.

Nach den Kämpfen ging der Aufschwung allerdings weiter und so errichtete Louis Geyer (auch Ludwik Geyer) 1836 eine Textilfabrik, die sogenannte Weiße Fabrik.

1848 wurde Juden erstmals erlaubt, sich in der neu errichteten Fabrikstadt niederzulassen.

Einer der Pionier der Textilindustrie Ludwik Geyer

Ludwik Geyer kommt über Berlin und Sachsen nach Łódź. Seine Weiße Fabrik wird 1837 fertig gestellt. Ein Jahr später nimmt er die erste Dampfmaschine der Stadt in Betrieb.

Doch die Blütezeit endet, als nach Fehlinvestitionen, einem Brand und aufgrund wachsender Konkurrenz der Betrieb 1862 eingestellt werden muss. 1867 folgen neue Betreiber, die Nachfahren Geyer´s sind. Nach dem zweiten Weltkrieg werden unter dem Namen „Eskimo“ bis 2002 Textilprodukte hergestellt.

Karl Wilhelm Scheibler gründet seine erste Fabrik in den 1850er Jahren und das „Pfaffendorf“ entwickelt sich zum größten Fabrikareal der Stadt. 1854 nahm Carl Scheibler seine erste Maschinenfabrik in Betrieb und ein Jahr später errichtete er eine moderne Spinnerei hier.

Bei einem Weberaufstand am 20. April 1861 wurden einige Fabriken beschädigt. 1865 erhielt die Stadt den wirtschaftlich wichtigen Anschluss an das Schienennetz.

Neben den Produktionsgebäuden gibt es eine große Arbeitersiedlung, ein Krankenhaus, eine Feuerwache, ein Kraftwerk und Gotteshäuser verschiedener Konfessionen – es ist eine Stadt in der Stadt. In den 1920er Jahren erfolgt die Fusion mit den Grohmann-Werken und 1945 die Verstaatlichung.

Unter dem Namen Uniontex wird bis in die 2.000 Jahre produziert.

Insolvenzen, Schließungen und Reprivatisierungen in Łódź

Bereits in den 1980er Jahren geht die Beschäftigung zurück und 1989 kommt der große Einbruch: Insolvenzen, Schließungen und Reprivatisierungen. Mit rund 100.000 Menschen verzeichnet Łódź die höchste Zahl an Arbeitslosen im ganzen Land. Die Umnutzung der Industrieanlagen erfolgt in den 2.000er Jahren. Der erste große Meilenstein ist 2006 die Manufaktura, Die Textilfabrik Israel Poznański ist heute ein Einkaufs- und Kulturzentrum. Es folgten weitere Transformationen.

Auch industriell geht es wieder aufwärts. Textilprodukte spielen nach wie vor eine Rolle, Ariadna und Dywilan produzieren noch heute. Viele internationale Konzerne wie Bosch oder Siemens haben hier ihre Werke.

Darüber hinaus gewinnt die Kreativwirtschaft an Bedeutung. Auch die Bewerbung, wenn auch nicht die Benennung zur Kulturhauptstadt Europas in 2016 bringt weiteren Aufschwung.

Museum im Andenken der Textilindustrie

Das Zentrale Textilmuseum (Centralne Muzeum Włókiennictwa) befindet sich in der Piotrkowska 282, in der sogenannten Weißen Fabrik von Louis Geyer. Es enthält alle Aspekte der Textilproduktion bis zu den Produkten. Die Ausstellungsfläche umfasst etwa 5000 m².

Das Museum ist in mehrere Abteilungen unterteilt: für Wandteppiche, industrielle Textilien, Volkstextilien, Mode, Technik, Ausstellungsorganisation, Bücherei und Archiv und den Bildungsbereich.

Letzterer hat die Aufgabe, vor allem Kindern und Jugendlichen die Entwicklung der Textilindustrie insbesondere in Łódź näherzubringen. Die Anfänge des Museums liegen im Jahr 1952, als Krystyna Kondratiukowa eine Sammlung im Kunstmuseum begann. Auf Grund der schnell anwachsenden Größe wurde es 1960 als eigenständiges „Museum der Textilgeschichte“ und 1975 als Zentrales Textilmuseum mit Kondratiukowa als Direktorin geführt.

Bitte lesen Sie auch:

Laubbläser - weniger ist mehr - Zürich macht es vor

Stratford-upon-Avon – Narrowboat und Wohnen am Wasser

Copyright ©2025 Alaturka.Info


main version