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Uludag - Wedelspaß bis Ende April

Uludag - Wedelspaß bis Ende April

Dank der Schneegarantie ist Uludag ein sicherer Tipp für Skifahrer mit dem Sinn für exotische Ziele. An den Hängen bei Bursa türmt sich der Schnee auf bis zu drei Meter.

Die Hänge abseits der Pisten sind ein Paradies für Tiefschneefahrer. Lawinengefahr gibt es so gut wie keine.Schlägt das Wetter keine Kapriolen, kann bis Mitte oder Ende April gewedelt werden. Anspruchsvolle Fahrer liften auf den Suaklikaya (2270 Meter). Die Piste ist kurz aber steil, der Adrenalinschub garantiert. 

Gewöhnungsbedürftig ist das Betriebssystem der Lifte: Sie sind im Besitz der größten Hotels in Uludag und stehen vorrangig den eigenen Gästen zur Verfügung. Wer das komplette Skigebiet erkunden will, braucht insgesamt drei Skipässe. Ein relativ teurer Spaß, denn ein einzelner Skipass ist nicht unter 30 Euro zu haben.

Zum Apres-Ski gibt es Raki und Köfte und bei gutem Wetter kann man sogar einen Blick aufs Marmarameer erhaschen. Im türkischen Wintersportort Uludag läuft vieles etwas anders als in Ischgl oder St. Anton. Wintersportfans mit Spaß an Exotik bietet der Bergort eine völlig neue Skierfahrung.

Eine Horde feixender junger Männer in Skianzügen, die in schneeweißer Gebirgslandschaft mit dampfenden Glastassen anstößt. Mit eingeschränktem Gesichtsfeld könnte man glauben, man befände sich in Ischgl oder St. Anton. Doch in den Tassen befindet sich nicht etwa Jagertee oder Glühwein, sondern türkischer Kaffee oder Sahlep. Dieses sahneähnliche und alkoholfreie Heißgetränk ist der Inbegriff für Winterzauber auf Türkisch. Es besteht aus Orangenblütenwasser, Knabenkrautwurzeln, Zucker und Zimt. Und die Bergkulisse aus den Erhebungen des Uladag Gebirges.

Es gibt nur wenige Wintersportorte in der Türkei. Doch Alpenmüde können dort völlig neue Erfahrungen machen. Zum Beispiel in Uludag (sprich: Uludah). Das freundliche Bergdorf, benannt nach dem gleichnamigen Hausberg, liegt 36 Kilometer südlich von Bursa und ist eines von sieben größeren Skizentren in der Türkei.

30 Pisten unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade warten in Uludag darauf, auch von ausländischen Touristen entdeckt zu werden. Sie sind bestens präpariert. Die Serpentinenstraße hinauf ins Dorf ist dagegen weitaus holpriger. 15 Sessel- und Schlepplifte transportieren die Skifahrer auf Höhen zwischen 1700 und 2250 Metern. Eine neue Gondelanlage nahm erst vor kurzem ihren Betrieb auf. Topmodern und made in Austria.

Der Egotrip der Hotelmanager treibt noch andere seltsame Blüten: An der Talstation zu einem der Gipfel des Gebiets, der schlicht Gipfel (Zirve) heißt, rotieren drei Sessellifte. Die Seile verlaufen nahezu parallel, nur wenige Meter voneinander entfernt.

Weil es keine Subventionen der Kommunen gibt, werkelt jeder auf eigene Rechnung und ohne Gemeinschaftssinn. "Wir haben eben eine andere Mentalität", erklärt Erdal, ein Skilehrer aus Uludag. Dennoch wirkt die Landschaft relativ unverbaut – wie es sich für einen Nationalpark gehört. Im Sommer ist Uludag ist ein beliebtes Ziel für Wander- und Naturfreunde.

Auf dem Gipfel bietet sich ein überwältigender Rundblick über die gebirgige Landschaft der Westtürkei. An klaren Tagen, von denen es in Uludag viele gibt, kann man in der Ferne sogar das Marmarameer erspähen. Mit den Füßen in Skistiefeln und Blick aufs Meer – ein seltene wie seltsame Kombination. An der Bergstation duftet es nach türkischem Mokka und Holzkohlengrill. Köfte und Knoblauchwürste brutzeln vor sich hin.

"Ein Stück Heimat - und wunderschön"

Cigdem ist mit ihrer vierköpfigen Frauenclique aus Essen angereist. Die 30-jährige Türkin lebt seit ihrer Geburt inDeutschland. Wieso Uludag und nicht Stubai- oder Zillertal? "Weil es ein Stück Heimat ist", sagt sie, "außerdem ist es hier wunderschön." Womit sie Recht hat. Ihren Kollegen in Deutschland hat sie schon den Mund wässrig gemacht. "Ein paar überlegen ernsthaft, hier Skiurlaub zu machen", versichert Cigdem.

Noch verirren sich sehr wenige Deutsche nach Uludag. 15 Hotels stehen im Ort – teilweise bieten sie Wellness-Angebote – sowie eine kleine Anzahl von Pensionen. Pauschalangebote aus Deutschland gibt es derzeit keine. Wer's individuell mag und über Pioniergeist verfügt, bucht direkt vor Ort oder nach Ankunft in einem IstanbulerReisebüro. Die erste Januarhälfte sollte allerdings gemieden werden – die 3000 Gästebetten sind in dieser Zeit Jahr für Jahr komplett ausgebucht.

Danach sind die Pisten vergleichsweise leer. An den Liften bilden sich nur kurze Schlangen, die Ski-Verleiher buhlen um Kundschaft. Der Zustand des Leihmaterials ist befriedigend, die Leihgebühren relativ niedrig. Dagegen sind die Preise für Übernachtung und Skipass unerwartet teuer – gemessen an den Preisen in den Touristenhochburgen am Meer. Cigdem erzählt, dass sie für acht Übernachtungen mit Vollpension in einem Vier-Sterne-Hotel (entspricht in Deutschland etwa Kategorie drei) inklusive Skipass 520 Euro bezahlt hat. Bei eigener Anreise. Hotelfremde Benutzer der Lifte zahlen einen hohen Preis – zirka 30 Euro für den Tagespass. Und der gilt wiederum nur für einen Teil des Skigebiets. Die neue Gondelanlage schafft allerdings Abhilfe: Sie ermöglicht das Erkunden fast des kompletten Skigebiets mit einem einzigen Skipass. Zu beziehen über eines der größten Hotels im Ort, dem Hotel Agaoglu (sprich: Aaohlu).


Wer nachts auf die Piste will, findet in Uludag eine Hand voll Bars und Diskotheken. Gefeiert wird manchmal bis tief in die Nacht. Skizirkusnummern wie Après-Ski mit Promille-Garantie kennt man dagegen nur vom Hörensagen. Das Skifahren gilt in der Türkei als teures Hobby der gehobenen Klasse. Uludag ist deshalb ein Hotspot für die Reichen aus Bursa und Istanbul. Es finden sich häufig Prominente ein, türkische Popstars oder Balltreter. Der deutsche Fußballtrainer Christoph Daum soll während seiner Istanbuler Zeit in Uludag regelmäßig die Skier ausgepackt haben.

Wer nicht zum Jetset gehört und trotzdem wedeln will, der legt sein Geld auf die hohe Kante. Wie Yusuf aus Istanbul. Der zweifache Vater ist mit der kompletten Familie in Uludag. "Ich spare das ganze Jahr für den Skiurlaub", sagt er. Als skifahrender Normalverdiener ist Yusuf für seine Landsleute ein Exot. Auf den Geschmack gekommen ist er via Satellitenfernsehen. Beim Rumzappen habe er über einen österreichischen Sender mal zufällig das berühmte Hahnenkammrennen in Kitzbühel gesehen. Seitdem lässt ihn der Brettlspaß nicht mehr los. Seine topmodernen Carving-Ski hat er sich via Internet in der Schweiz bestellt und in die Türkei liefern lassen.

"Schneewalzer" zum Raki

Als Uludags erster Skifahrer gilt übrigens ein deutscher Physik- und Philosophieprofessor. Hans Reichenbach emigrierte in den dreißiger Jahren aus Deutschland in die Türkei. Weil er auf sein geliebtes Skifahren nicht verzichten wollte, suchte er im weiteren Umkreis von Istanbul nach geeignetem Gelände. Und fand es am Uludag. Übrigens ein erloschener Vulkan und in der griechischen Mythologie als Olympos Misios erwähnt. Reichenbach veranstaltete für deutsche Kollegen in Istanbul regelmäßig Skiausfahrten an die Hänge des Uludag-Gebirges. "Zuerst staunten die Einheimischen, dann machten sie es dem Deutschen nach", erzählt Erdal, unser Skiguide.

Zwar ist es auch in Uludag längst nicht mehr wie zu Großvaters Zeiten, aber der Skisport wird dennoch relativ genügsam und zurückhaltend ausgeübt. Ein Vorteil für stille Genießer. Pistenrambos gibt es so gut wie keine, alkoholisierte schon gar nicht. Umso erstaunter sind wir, als uns die Hotelkapelle beim Abendessen mit einem deutschen Schunkellied begrüßt: "Trink, trink, Brüderlein trink!", um gleich noch den "Schneewalzer" hinterherzuschicken. Erdal besteht darauf, dass die Runde darauf einen Raki zu sich nimmt. Mit Wasser vermengt wird der Anisschnaps im Handumdrehen schneeweiß. In Uludag wird man eben auch ohne Jagertee glücklich.

Martin Cyris

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