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Pessinus - Heiligtum der Mutter Göttin Kybele

Pessinus - Heiligtum der Mutter Göttin Kybele

In etwa 13 Kilometern Entfernung zur Kleinstadt Sivrihisar liegt das Dorf Ballıhisar nahe der Hauptverkehrsstraße zwischen der türkischen Landeshauptstadt Ankara und der Großstadt Eskisehir auf der anatolischen Hochebene in etwa 950 Meter Höhe über NN.

In unmittelbarer Nähe des Dorfes Ballıhisar befindet sich der antike Ort Pessinus, dem unser Besuch, etwa 120 Kilometer vor den Toren Ankaras, diesmal insbesondere galt. Hier, in einem Seitental des Sakarya Flusses waren seit Jahren belgische Archäologen aktiv mit Ausgrabungen beschäftigt, die einen tiefen Einblick in die mythologische Entwicklung der Götterfigur Kybele und den sagenumwobenen König Midas des Phryger Reiches offen gelegt haben.

Göttin Kybele - Göttin und mythologische Figur

b_450_450_16777215_00_images_turkey_central_anatolia_kybele-getty-villa.jpgIn der alten Tradition des Kultes um die Göttin Kybele war Pessinus der  religiös wohl bedeutendste Ort einer Kultstätte an die alte anatolische Göttin und den Kult, der um die mythologische Figur Koubaba bereits während des zweiten Jahrtausends vor Christus betrieben wurde. In der frühen phrygischen Periode des 8. Jahrhunderts vor Christus wurde der erste große, aufwendige  Tempel errichtet, ja man schreibt sogar die Gründung der Stadt mit König Midas (738 – 696 vor Christus) dem Kult um Kybele zu. Bis heute sind sich Wissenschaft und Forschung allerdings uneins, ob es sich dabei um die phrygische Stadt Pessinus gehandelt hat. Selbst in den Aufzeichnungen des Strabos, der von den Priestern als Potentaten spricht, bleibt unklar, ob von den Tempeln der phrygischen Periode bereits eine „Regierung“ oder „dynastai“ ausging. Viel später noch waren sich auch die Seleukiden Könige in der tiefen Verehrung für den Schrein einig, denn das Heiligtum wurde nach wie vor verehrt (Foto von Olaf Tausch - Eigenes Werk, CC BY 3.0).

Spätestens mit dem 3. Jahrhundert vor Christus hatten die Tempel von Pessinus den Status einer klerikalen Oligarchie, die von Gallou (Eunuchenpriester der Mutter Göttin) regiert wurden. Mit der Ankunft der Kelten inKleinasien in den Jahren 278 und 277 vor Christus und ihrer verheerenden Niederlage gegenüber Antiochus I in der sogenannten „Schlacht der Elefanten“, die um 275 oder 268 vor Christus den plündernden Kelten Einhalt gebot und die sich daraufhin in der nördliche zentralen Region Anatoliens niederließen, schwand die Macht der Tempel von Pessinus. Vor allem die keltischen Stämme der Tolistobogier besetzten das Gebiet zwischen Gordion und Pessinus.  

Auch die Römer werden von Kybele beeinflußt

b_450_450_16777215_00_images_turkey_central_anatolia_sitia-museum-kybele.jpgBereits um 205 bzw. 204 zeigten sich erste Auswirkungen der ankommenden Römer auch in Pessinus. Als es während des Punischen Krieges zu heftigen Meteoritenschauern kam, waren die Römer alarmiert und nach Konsultation der sibyllischen Bücher beschlossen auch sie, dem Kult der Großen Mutter von Ida (Magna Mater idaea, ein anderer Name für Kybele) zu folgen und wieder in die Stadt einzuführen. Die Römer baten auch ihren Verbündeten Attalos I(241 – 197 vor Christus) um Hilfe und Rat und so zogen sie nach Pessinus um einen großen schwarzen Stein, der angeblich auch während des Meteoritenschauers vom Himmel gefallen war, von dort als Heiligtum nach Rom zu transportieren.

Der erste Standort des schwarzen Steins war der Tempel des Sieges auf dem Palatin, allerdings wurde bereits 191 vor Christus ein neues Heiligtum zu Ehren der Göttin Kybele auf dem Gipfel des Palatin errichtet, der einer der heiligsten Orte Roms war. Zusammen mit dem schwarzen Stein wurde auch ein Thron nach Rom verbracht, der zweimal durch Feuer stark angegriffen aber auch zweimal wieder hergestellt wurde, so stark war der Glaube an Kybele. War es zunächst ein Feuer im Jahr 111 vor Christus, verbrannte auch im Jahr 3 nach Christus erneut ein Teil dieses Thrones, der aber umgehend von Kaiser Augustus restauriert wurde.

Mit dem Einzug des Christentums im 3. Jahrhundert wurden die Tempel nach und nach aufgegeben, selbst die Pilgerfahrten des Kaisers Julian Apostata änderte daran nichts mehr. Um das Jahr 398 wurde Pessinus zur Hauptstadt der neugegründeten Provinz Galatien Salutaris ernannt und sogar Sitz eines Metropoliten. Unter Kaiser Justinian wurde Pessinus zu Joustiananoupolis umbenannt.

Gegen Ende des Jahres 715 wurde Pessinus gemeinsam mit der benachbarten Stadt Orkistos von Arabern zerstört. Das Gebiet blieb aber auch weiterhin unter byzantinischer Herrschaft bis im 11. Jahrhundert die Seldschuken die Macht übernahmen. Jetzt war das Schicksal der Stadt Pessinus endgültig besiegelt, denn mehr und mehr Bürger verließen die Stadt und als Rest verblieb ein unscheinbares Bergdorf.

Die Tempel der Kybele wurden bei Ausgrabungen durch belgische Archäologen im Jahr 1967 entdeckt. Überrascht waren die Archäologen über die nur geringen Ausmaße des Tempels von nur 8 x 8 Meter in der Cella. Allerdings fanden sie daneben auch ein Theater, das auch als Treppe zum Tempel diente. Allein diese Kombination ist ziemlich einzigartig in der antiken Welt. Auch ein Bildnis der Mutter Göttin Kybele wurde gefunden, das heute im Museum von Gordion zu finden ist: Kybele auf einem von Löwen gezogenen Wagen (Siehe Einstiegsbild).

Grabungen in der Umgebung von Sivrihisar

b_450_450_16777215_00_images_turkey_central_anatolia_sivrihisar.jpgNach den ersten Grabungserfolgen im Jahr 1967 konnten weitere Grabungen erst ab 1987 wieder durchgeführt werden. Jetzt aber in jährlichem Rhythmus von einem Grabungsteam der Universität Gent bis in das Jahr 2008. Im folgenden Jahr wurde das Projekt Pessinus von Professor John Devreker an seinen australischen Kollegen Dr. Gocha Tsetskhladze und seinem Team von der Universität Melbourne übergeben.

Das auch weiterhin bestehende Ziel der Ausgrabungen im Kern dieser antiken Stadt Sellinus ist das Erkennen der damaligen Stadtentwicklung und der dazu gehörigen Urbanisierung zu rekonstruieren, was insbesondere für die Zeit zwischen 700 vor Christus bis in das 11. Jahrhundert von großem Interesse ist. Besonderes Augenmerk soll dabei natürlich auf die Entwicklung des Kultes um die Mutter Göttin Kybele gelegt werden.

Heute wird mit modernster Technik geforscht, die auch Manipulation von Satellitenbildern und die Entwicklung spezifischer Computer Software umfasst, die Erarbeitung eines GIS-Systems als methodische Innovation. Auch Teile der alten königlichen Straßen, die einst von Sardes kommend die Hauptstädte Persiens wie Susa und Persepolis mit Rom verbanden, passierten Pessinus, was dank modernster Technologie anschaulich dokumentiert werden kann.

Der Legende nach war hier der schwarze Stein vom Himmel gefallen und in der Tat bedeutet Pessinus so viel wie „Burg, wo der Sturz stattgefunden hat“. Pessinus war berühmt für seine Heiligtümer zu Ehren der Göttin Kybele oder Matar, die phrygische Mutter der Götter, die auch von Griechen und Römern verehrt wurde.

Eine weitere Geschichte um Kybele

Nach dem von Pausanias und Arnobius überlieferten Mythos schlief Zeus einmal auf dem Berg Agdos in Phrygien ein und ließ dabei seinen Samen zu Boden fallen. An dieser Stelle wuchs sofort der zwitterhafte Agdistis aus dem Felsen empor. Er hatte ein furchterregendes Wesen und wurde deshalb von den übrigen Göttern kastriert. Der so von seiner Männlichkeit befreite Agdistis wurde zur Großen Mutter Kybele, aus den abgetrennten Genitalien aber entstand Attis. Da Kybele und Attis ursprünglich eine Person waren, zogen sie sich gegenseitig an.

Eine Zeit lang streifen beide glücklich durch die phrygischen Berge, doch dann beschließt Attis, die Tochter des Königs von Pessinus zu heiraten. Die Hochzeit ist schon in vollem Gange, da erscheint die vor Eifersucht rasende Kybele am Hof und schlägt die Hochzeitsgesellschaft mit Wahnsinn. Auch Attis verliert den Verstand. Er rennt hinaus in den Wald und entmannt sich unter einer Pinie, wodurch er verblutet. Kybele bittet Zeus, den Jüngling wieder zum Leben zu erwecken. Doch der gewährt nur, dass der Leichnam des Attis nie verwesen sollte. Kybele bestattet Attis in einer Berghöhle in oder bei Pessinus, setzt eine aus Eunuchen bestehende Priesterschaft ein und stiftet einen Kult der Beweinung mit einem jährlichen großen Fest.

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