Kaleici | Schatz im Zentrum Antalyas

Kaleiçi | Schatz im Zentrum Antalyas

Fast im Verborgenen gelegen, hat Antalya neben dem international bekannten Flughafen, dem Hadrianstor und dem Yivli Minare eine weitere Perle zu bieten: Kaleici, die Altstadt von Antalya. 

Noch in den 70er Jahren gab es ernsthafte Pläne den gesamten Altstadtbereich zu planieren und mit modernen Hochhäusern uns bekannter Großstädte zu verbauen. Glücklicherweise fehlten zu dem Zeitpunkt die Mittel und auch die Investoren, diese Pläne umzusetzen. Erst Ende der 70er Jahre entstanden Bestrebungen zum Erhalt der alten Bausubstanz, ja sogar eine Überplanung des sich innerhalb der Burgmauern befindlichen Areals unter den Gesichtspunkten des Denkmalschutzes. So konnten schrittweise erste Investoren gefunden werden, die sich im eigentlichen Zentrum Antalyas ansiedelten, erste Geschäfte, Restaurants und Cafes eröffneten und die damit diesen Stadtteil zu mehr Attraktivität und Wohlstand verhelfen konnten. Immer noch klaffen große Lücken von noch nicht sanierten Häusern oder völlig verfallenen Gebäuden im Bild. Aber es sind große Fortschritte im Erhalt des Kerns der Stadt Antalya geschafft.

Was aber versteht man unter Kaleici, das übersetzt „in der Burg liegend“ bedeutet. Kaleici ist der Stadtbereich innerhalb der alten Stadtmauern, die 150 vor Christus abgesteckt und erbaut wurden, als Attalos II, der König von Pergamon, die Stadt gründete und Attaleia nannte. Vergebens hatte Attalos II versucht, Side zu erobern. Bereits wenig später unter der römischen Herrschaft Kaiser Hadrians erhielt die dann Adalia genannte Stadt den Status einer selbstständigen Provinz mit eigenem Statthalter. Auserlesene Weine sorgten für steigende Bekanntheit und verhalfen Adalia zu großer Blüte als Handelszentrum. Mit der Eroberung durch die Seldschuken 1207 kam Adalia unter den Herrschaftsbereich der Emire von Egirdir. 

Im Jahr 1387 wurde Adalia von Sultan Murat I dem Osmanischen Reich einverleibt. Unter dem Einfluss des Korans wurde der Weinanbau stark reduziert, Ersatz fand man in der Rosenzucht und der Gewinnung von Rosenöl, das neben der Seidenraupenzucht zur Haupteinnahmequelle wurde. Nach dem verlorenen 1. Weltkrieg besetzten die Italiener kurzzeitig die Stadt und 1921 mussten alle griechischen Bewohner die nun Antalya benannte Stadt im Rahmen des Bevölkerungsaustausches verlassen. Erst in den 70er Jahren nahm stieg die Bevölkerungszahl von bis dahin 40.000 Einwohnern rapide an. Heute werden etwa 1,5 Millionen Einwohner geschätzt, darunter ca. 2000 Euro-Millionäre und ca. 15.000 Ausländer, die Hälfte davon Deutsche.  

Eingerammt von der alten Burgmauer, die im Laufe der Zeit immer wieder angepasst und verändert wurde, liegt Kaleici oberhalb des alten, natürlichen Hafens, der den Aufstieg zur Provinzstadt ermöglichte. Gepflasterte Strassen, fast komplett Verkehrsfrei, führen vom Hafen aus durch enge Gassen, vorbei an herrlich restaurierten Häusern. Wir verbrachten unsere Zeit in der „Villa Tulipan“, die dem Holländer Bas gehört. Familiäre Atmosphäre, lockerer Lebensstil machen den Aufenthalt sehr angenehm. So verbringen wir Stunden auf der herrlichen Dachterrasse mit Blick auf den idyllischen Hafen, das in der Abenddämmerung glitzernde Meer, das imposante Taurus Gebirge im Hintergrund und erhalten zahlreiche Informationen zur Entwicklung von Kaleici, denn Bas kennt Kaleici bereits seit 20 Jahren.

Waren es zunächst Rucksacktouristen, die in der Altstadt anzutreffen waren, kamen nach und nach auch kulturell interessierte Individualreisende nach Kaleici. Der Hotelier Dogan war der Erste, der ein neues Hotel im Stil der alten Häuser in Kaleici erbaute. Mehr Tourismus erforderte weitere Pensionen, Cafes und Restaurants, allerdings kamen, damit verbunden auch  viele Autovermieter und Souvenirgeschäfte hinzu. 1998 wurde es, mit der Einführung der All-Inklusive Hotels, sehr viel ruhiger – führte sogar zu einem abrupten Wechsel im Tourismus, denn die Kulturreisenden blieben der Altstadt fern. Erst langsam kehrt sich dieser Trend wieder um.

Natürlich bleibt auch Mehmet, langjähriger Freund von Bas, Teppich- und Antiquitätenhändler des „Orient Basar“ in Kaleici, nicht unerwähnt. Auf einen Tee treffen wir ihn in seinem Geschäft und lassen uns von amerikanischen Touristen in den 90er Jahren berichten, die für gute Geschäfte und Absatz in den USA sorgten. Heute wird die Altstadt zwar immer attraktiver, was aber kaum bekannt ist. Auch seine größten Bedenken äußert er gegenüber dem All-Inklusive Tourismus.

Unser Streifzug führt uns weiter durch Kaleici und wir treffen auf Santana und seine Frau Fatma. Perfektes Deutsch und „friesisch herb“, ein Begriff der im Laufe des Gesprächs fällt, lassen uns aufhorchen: so stellen wir fest, das die beiden ein uns wohlbekanntes, türkisches Restaurant bei Oldenburg geführt hatten. Klein ist die Welt.

Wir setzen den Weg fort und treffen auf Cennet, die gerade ihr neues Geschäft Beauty & Coiffeur eröffnet hat. Sie ist aus Deutschland heimgekehrt, wie sie uns erzählt. Integrationsprobleme Ihres Sohnes brachten die Familie auf den Gedanken, den Sohn zur Ausbildung im Hotelfach für ein Jahr auf Probe nach Alanya zu schicken. Dem gefiel es dann aber so gut, das er nicht nach Deutschland zurück wollte. Was also blieb Cennet übrig, nach dem sie im Folgejahr mehrfach ebenfalls 6-wöchige Aufenthalte in Alanya verbrachte, als an einen Umzug zu denken. Das ist jetzt fünf Jahre her. Mittlerweile und dank ihrer guten Ausbildung, hat sie sich einen Stammkundenkreis aufgebaut, der durch wiederkehrende Touristen stetig anwuchs, so das in Kürze auch ihr Mann von Deutschland zurück kehren wird. Für das neue Geschäft im renovierten historischen Gebäude hofft sie auf weiteren Zuspruch und möglichst viele neue Kunden. 

Wir verspüren Lust auf Pasta und folgen einem weiteren Hinweis: Mamma Rosa, das mit hausgemachten italienischen Spezialitäten wirbt. Hausgemachte Gnocchi mit Rindfleisch und Ravioli mit Ricotta Käse und Spinat wählen wir aus – einfach lecker. Schnell lernen wir Rossanna kennen, die uns umsorgt. Zusammen mit ihrem Mann Fausto und ihrer Mutter haben sie das Restaurant Mamma Rosa im Mai 2010 eröffnet. Ursprünglich aus Sizilien stammend, sind Fausto und Rosanna zunächst nach New York, dann nach Costa Rica, nach Damaskus und einigen weiteren Stationen als echte Weltenbummler nie richtig sesshaft geworden. Ihr Interesse an kulturhistorischer Geschichtebrachte die drei dann auch in die Türkei, von Damaskus aus kommend. In Istanbul wurde ihnen klar, das sie auf ihrer Reise Antalya versäumt hatten. Schnell kam es zu der Entscheidung, die Stadt zumindest noch zu besuchen, bevor es nach Sizilien zurück gehen sollte. Gesagt, getan und dann ….. hängengeblieben. So spielt das Leben. Irgendwann einmal möchte Rosanna zurück nach Sizilien – Fausto ist sich da noch nicht so sicher.

In der Pension Safran Sari treffen wir auf Michael, der uns auf einen Tee einlädt. So lernen wir auch Gülseren kennen, der die Hotelpension  gehört. Das Safran Sari Hotel ist ein Musterbeispiel für die liebevolle Restauration eines alten römischen Herrenhauses in Kaleici. Seit Jahren beschäftigt Gülseren sich mit dem Schutz der alten Bausubstanz von Kaleici, arbeitet in dem Bereich eng mit dem Architekten  Nejat Üregen zusammen. Mit Stolz kann sie von sich behaupten, einigen der fast eingefallenen Häuser zu neuem Leben verholfen zu haben. Und das zu Recht, denn beim Schlendern durch die Altstadtgassen hat man sofort ein „heimisches“ Gefühl, ja man fühlt sich wohl in Kaleici.  

Im Kaleici Museum „Suna & Inan Kirac“ werden wir von  Direktor Kayhan Dörtlük empfangen, der uns zu einem Rundgang durch die Bibliothek, das Forschungsinstitut für Besiedlung im Mittelmeerraum und die Ausstellung seines Hauses einlädt. Schon imposant all die internationalen Druckerzeugnisse zur Geschichte der Griechen, der Römer und der Seldschuken in den Räumen zu durchkämmen. Regelmäßig kommen Studenten und Schüler um sich hier zu informieren. Auch wir werden eingeladen, die umfangreiche Sammlung des Museums für unsere Recherche zu benutzen. Es gibt auch eine „Schatzkammer“, die uns geöffnet wird: Bücher zur Region aus vergangenen Jahrhunderten.

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