Walhalla - imposante Gedenkstätte an der Donau

Walhalla - imposante Gedenkstätte an der Donau

Auch wenn unser zweiter Besuch in Regensburg fast komplett mit den vorbereitenden Gesprächen hinsichtlich des für den Herbst 2014 geplanten deutsch-türkischen Literaturfestivals im Rahmen unseres Projekts "Verständigungs- und Kulturreise entlang Römischer Straßen" vollgepackt war, blieb uns am Sonntagvormittag doch noch so viel Zeit, das wir einen kurzen Spaziergang zur Walhalla hoch über der Donau vornehmen konnten; und trotz des eisigen Windes war es ein echtes Erlebnis.

Die Anfahrt zum Bräuberg erfolgte per PKW, obwohl es, bei sommerlicheren Temperaturen, sicherlich auch per Boot vom Stadtzentrum Regensburg aus zu einem besonderen Ereignis hätte werden können.

Die Idee zur Errichtung der Walhalla ist einzig vor dem Hintergrund der politischen Situation zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Deutschland zu verstehen. Nach verheerenden Niederlagen gegen die Armeen Napoleons zerbrach das Heilige Römische Reich Deutscher Nationen in kleine Einzelreiche.  Angesichts von „Teutschlands tiefster Schmach“ im Jahr 1806 stand ein Großteil Deutschlands als Rheinbund unter dem direkten Einfluss Napoleons und die linke Rheinseite gehörte zu Frankreich. So kam es, dass auch das Kurfürstentum Bayern als Dank für die Unterstützung Napoleons gegen die Preußen im Vierten Koalitionskrieg durch Kronprinz Ludwig I. sich ausdehnen und zum Königreich erhoben werden konnte. Gemeinsam mit den Truppen Napoleons marschierte man in Berlin ein.

Durch die politische Zersplitterung und die damit einhergehende Schwächung Deutschlands im Zusammenhang mit der französische Besetzung zogen die besiegten Deutschen gegen die noch unbesiegten Deutschen ins Feld und nahmen später auch an Napoleons verheerendem Russlandfeldzug teil. Diese politische Katastrophe wurde von vielen als tiefe Erniedrigung Deutschlands aufgefasst. Es folgte eine "Suche" nach gemeinsamer, nationaler Identität, die bis zurück zur Zeit der Germanen reichte. Als Folge dieser Identitätssuche wurden in den folgenden Jahrzehnten  nationale Denkmäler, wie etwa das Hermanns Denkmal im Teutoburger Wald bei Detmold, das Niederwalddenkmal bei Rüdesheim am Rhein, das Völkerschlachtdenkmal bei Leipzig, das Kyffhäuserdenkmal, das Deutsche Eck in Koblenz und die Berliner Siegessäule errichtet. Die Denkmäler waren zwar meist klassizistischen Stiles, jedoch wurden überwiegend germanische Themen aufgriffen.

Kronprinz Ludwig I. hatte, wie auch in der ersten der drei Bodeninschriften am Denkmal vermerkt, schon im Januar 1807 den Beschluss gefasst, so bald wie möglich für 50 große Deutsche einen "Ehrentempel" zu errichten. Zusammen mit dem Schweizer Geschichtsschreiber Johannes von Müller, der auch den Namen Walhalla vorschlug, wählte er deutschsprachige Persönlichkeiten aus, die von Kaisern längst vergangener Zeiten über jüngst verstorbene, wie Friedrich Schiller, bis zu Zeitgenossen wie Goethe und Joseph Haydn reichten und gab auf eigene Kosten deren Büsten in Auftrag. Bildhauer wie Johann Gottfried Schadow, dessen Sohn Rudolf Schadow, Joseph Maria Christen oder Christian Friedrich Tieck erhielten diese  Aufträge.

„Kein Stand nicht, auch das weibliche Geschlecht nicht, ist ausgeschlossen. Gleichheit besteht in der Walhalla; hebt doch der Tod jeden irdischen Unterschied auf.“ Nur „teutscher Zunge zu seyn, wird erfordert, um Walhallas Genosse werden zu können“, so Ludwig, denn die Sprache „ist das große Band, das verbindet, wäre jedes andere gleich zernichtet; in derSprache währt geistiger Zusammenhang“. Zu den „Teutschen“ zählte Ludwig auch historische Germanen wie z. B. Goten und Wandalen.

Während die ersten Büsten noch 1807 vollendet wurden, verzögerte sich die Planung und Fertigstellung eines angemessenen Gebäudes zum Aufstellen der Büsten um Jahre. Erst nach der Niederlage Napoleons konnte 1814 ein Ideenwettbewerb für ein Gebäude ausgeschrieben werden. Ludwig dachte zunächst an den Stil englischer Landschaftsgärten und an den Englischen Garten als Standort, der aber war für einen klassizistischen Prachtbau, wie er  ihm vorschwebte, zu klein. Bei seinem Regierungsantritt 1825 waren bereits 60 Büsten vollendet, aber immer noch kein Bauplatz gefunden. Zusammen mit dem Architekten Leo von Klenze wurde der Bräuberg hoch über der Donau bei Regensburg ausgewählt. Die Grundsteinlegung für den „Ruhmestempel“ erfolgte am 18. Oktober 1830, dem 17. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig.

Bis 1842 entstand die Walhalla in Gestalt eines marmornen griechischen Tempels nach dem Vorbild des Parthenon in Athen. Die Länge des Tempelbaus beträgt 66,7 m, die Breite 31,6 m, die Höhe 20 m. Die Gesamtanlage mit Unterbau ist 125 m lang und 55 m hoch. Innen ist die Walhalla 48,5 m lang, 14 m breit und 15,5 m hoch.

Am 29. Jahrestag der Völkerschlacht, eröffnete Ludwig I. den Bau mit Worten, die auf einem Stein vor der Walhalla zu lesen sind:
„Möchte Walhalla förderlich sein der Erstarkung und der Vermehrung deutschen Sinnes! Möchten alle Deutschen, welchen Stammes sie auch seien, immer fühlen, dass sie ein gemeinsames Vaterland haben, ein Vaterland auf das sie stolz sein können, und jeder trage bei, soviel er vermag, zu dessen Verherrlichung.“

Ludwig veröffentlichte selbst eine Beschreibung von Walhallas Genossen, die von Heinrich Heine als „Walhall-Wisch“ verspottet wurde, als er das Fehlen von Luther kritisierte, der bei der Einweihung noch nicht aufgenommen war. Erst 1847 wurde auch die schon 1831 fertiggestellte Büste des Reformators eingestellt, der mit seiner Bibelübersetzung die deutsche Schriftsprache geprägt hatte. Schließlich wurde 2010 auch die Büste von Spötter Heine selbst in die „marmorne Schädelstätte“ aufgenommen.

Auch bedingt durch seine Affäre mit Lola Montez dankte Ludwig im Revolutionsjahr 1848 zugunsten seines Sohnes Maximilian II. ab. Wie auch die Eröffnungsfeier eher sparsam gehalten war, so erfolgten die weiteren Neuaufnahmen in Anwesenheit von Ludwig in einer schlichten Weise, wie auch zuletzt 1866 die von Beethoven. In diesem Jahr, inzwischen war sein Enkel Ludwig II. auf dem Thron, musste der 80-jährige Ludwig noch miterleben, wie der Deutsche Bruderkrieg dem Deutschen Bund nach einem halben Jahrhundert ein Ende bereitete. Schon zuvor hatte er 1862 testamentarisch die Walhalla „Deutschland, seinem großen Vaterlande“ vermacht, jedoch hinzugefügt, dass bei Auflösung des Deutschen Bundes Bayern den Besitz übernimmt, mit der Einschränkung: „Würde später wieder ein Bund Deutschland vereinigen, würde Walhalla aufs neue Eigentum Deutschlands.“ Dies wurde nicht umgesetzt, Walhalla blieb Eigentum des Königreiches und späteren Freistaates Bayern.

Ludwig starb 1868, also zwischen der Gründung des Norddeutschen Bundes und seiner Erweiterung zum Deutschen Reich infolge des Deutsch-Französischen Krieges. Die bayerische Monarchie befand sich zu dieser Zeit in einer Krise. König Ludwig II. führte einen exzentrischen Lebensstil, zog sich immer mehr aus der Öffentlichkeit zurück und vernachlässigte zunehmend die Regierungsgeschäfte. Außerdem gab er Unsummen für den Bau seiner Schlösser aus. Nach dessen Tod 1886 konnte sein Bruder Otto I. nicht als König auftreten, da er infolge seiner Kriegserlebnisse 1870/71 traumatisiert war und deshalb als „geisteskrank“ galt. Sein Onkel Luitpold vertrat ihn als Prinzregent.

Die erste Neuaufnahme von Skulpturen nach dem Tod des Gründers erfolgte erst 22 Jahre später und galt Ludwig I. selbst. „Das dankbare Volk“ ehrte „Ludwig, Koenig von Bayern“ mit einem großen Standbild.

Die Walhalla war mit Baukosten von vier Millionen Gulden Ludwigs teuerstes Projekt. Das vollplastische Giebelfeld der Nordseite zeigt links die Germanen unter Arminius in der Schlacht im Teutoburger Wald gegen die von Westen anstürmenden Römer. Das südliche Giebelfeld stellt Teutschlands Befreyung im Jahr 1814 dar: In der Mitte Germania, links/rechts nähern sich huldigend die deutschen Teilstaaten und Bundesfestungen, im Zwickel sind die Grenzflüsse Rhein und Mosel symbolisiert. Der umlaufende Innenfries von Martin von Wagner stellt die Frühgeschichte der Germanen, ihren Aufbruch vom Kaukasus und ihre Einwanderung in Mitteleuropa dar. Die letzte Etappe bildet die Bekehrung zum christlichen Glauben durch den heiligen Bonifatius.

Leider konnten wir an diesem Tag die „Innenräume“ aufgrund baulicher Maßnahmen nicht betreten, so dass folglich auch keine Fotos der Innenräumlichkeiten gemacht werden konnten. Sehr schade, aber ein Grund mehr, noch einmal zurück zu kehren. Überhaupt war es erstaunlich, bei dem wirklich kalten Winden, der in starken Böen hier oben wehte, wie viele Besucher trotzdem noch den Weg zur Walhalla gefunden hatten. Heute kann jedermann eine zu ehrende Persönlichkeit aus der germanischen Sprachfamilie frühestens 20 Jahre nach deren Tod zur Aufstellung in der Walhalla vorschlagen und trägt dann gegebenenfalls die Kosten für die Anfertigung und Aufstellung der Büste. Über die gewünschte Neuaufnahme  entscheidet dann der Bayerische Ministerrat.

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