Nebra – Himmelsscheibe und doch kaum Belebung?

Nebra – Himmelsscheibe und doch kaum Belebung?

Wer von uns hat den Namen Nebra nicht zumindest schon einmal gehört? Seit dem Fund der schon längst mit legendär zu betitelnden Himmelsscheibe von Nebra ist der Name sicherlich vielen bekannt.

Wir waren aufgrund eines wichtigen Gesprächstermins, auch in Krisenzeiten „Corona“ manchmal notwendig, auf dem Weg nach Nebra. Und um die Umgebung hinsichtlich des heranrückenden Frühlings und der dann hoffentlich wieder vergnüglichen Fahrradtouren etwas näher kennen zu lernen, hatten wir den Weg von Finneland nach Kaiserpfalz, dann durch das Tal des Flusses Unstrut gewählt, den Namen des hier verlaufenden Radwegs im Kopf. Der Unstrut-Radweg führt durch eine Landschaft mit Fachwerkhäusern, historischen Burgen, Schlössern, Klöstern, mittelalterlichen Befestigungsanlagen, Landwirtschaft und Naturschutzgebieten. Er verbindet die Bundesländer Thüringen und Sachsen-Anhalt über fast 200 Kilometer.

Durch das Tal der Unstrut – roter Sandstein

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_sachsen-anhalt_nebra-1.jpgWährend der Fahrt entlang der Unstrut waren die teilweise tiefen Einschnitte in den Sandstein des Tales mit bloßem Auge sichtbar, der sich auch bis in die Seitentäler erstreckt. Seit vielen Jahrhunderten wurde an den Hängen der Unstrut roter und lachsfarbener Nebraer Sandstein abgebaut. Der Sandstein wurde als Baumaterial, für Bauernhäuser aber auch für Schlösser und andere repräsentative Gebäude wie beispielsweise dem Brandenburger Tor in Berlin verwendet. Der Abbau hier in der Region kam erst im 20. Jahrhundert zum Erliegen.

Ganz in der Nähe von Nebra auf der Altenburg, einem der Buntsandsteinsporn im Unstruttal, wurden 1962 vier Venusfiguren aus dem späten Jungpaläolithikum (Magdalénien) gefunden, die zu den ältesten bekannten Kunstwerken in Sachsen-Anhalt gehören. Die Figürchen sind 12.000 bis 14.000 Jahre alt. Sie werden heute im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle ausgestellt.

Nebra – trotz Himmelsscheibe eine fast leblose Kleinstadt

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_sachsen-anhalt_nebra-3.jpgWir fahren in das Ortszentrum der Kleinstadt, die äußerst leblos erscheint, nicht zuletzt aufgrund der immens hohen Leerstände von Gebäuden wohl auch kein Wunder. Zu den Sehenswürdigkeiten zählen wohl die Schlossruine und das Hedwig-Courths-Mahler-Archiv im Heimatmuseum Nebra mit einer Ausstellung über die Himmelsscheibe von Nebra und die Bronzezeit, zurzeit natürlich geschlossen. Auffällig für uns, die zahlreichen Wohnhäuser mit ihren absolut sehenswerten Renaissanceportalen, aber auch hier Leerstand.

Alles schien sich zu verändern, als am 4. Juli 1999 die so genannte Himmelsscheibe von Nebra zusammen mit einem Bronzeschatz von zwei Raubgräbern auf dem Mittelberg ausgegraben wurde. Die Himmelsscheibe stammt aus der unmittelbaren Umgebung Nebras (Wangens) und gilt als die früheste bekannte Himmelsdarstellung der Menschheitsgeschichte. Sie wurde um 1600 v. Chr. vergraben, während die Herstellung auf 2100 bis 1700 v. Chr. geschätzt wird.

Die Himmelsscheibe von Nebra zeigt die weltweit älteste bisher bekannte konkrete Darstellung des Kosmos, und ist ein einzigartiges Zeugnis der Menschheitsgeschichte. Die 3600 Jahre alte runde Bronzescheibe misst 32 cm im Durchmesser und zeigt die Sonne – je nach Deutung auch den Vollmond –, eine Mondsichel sowie insgesamt 32 goldene Sterne. Sieben davon stehen eng beieinander und werden als Sternbild der Plejaden interpretiert. Randlich finden sich auf der Himmelsscheibe zu einem späteren Zeitpunkt hinzugefügte sogenannte Horizontbögen sowie eine Schiffsdarstellung, die als »Sonnenbarke« als mythisches Element auf der Bronzescheibe interpretiert wird. Später wurde der Rand der Himmelsscheibe durchlocht. Einer der Horizontbögen wurde entfernt oder ging verloren.

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_sachsen-anhalt_nebra-2.jpgAm 20. Juni 2007 wurde in der Nähe des Fundortes der Himmelsscheibe bei Nebra sogar ein multimediale Besucherzentrum namens Arche Nebra eröffnet. Teil der Anlage ist ein 30 m hoher um 10° geneigter Aussichtsturm, der mit einem senkrechten Schnitt in zwei Teile geteilt ist. Zur Sommersonnenwende markiert er als Zeiger einer überdimensionalen Sonnenuhr die Sichtachse zum Brocken.

Und trotz der Investitionen als eigentlich doch interessanter Zielort für Reisende so viel Leerstand und wenig Bewegung auf den Straßen? Alles nur aufgrund von Corona, sicherlich nicht! Im Ortszentrum gab es dann doch noch ein Highlight: ein „Tante Emma Laden“ im Großformat, mit anderen Worten ein Ladengeschäft mit unglaublichem Warenbestand, von der Sparbüchse aus Holz bis zur Zahncreme und Schnürsenkeln, einfach alles im Sortiment.

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