Von Brunn nach Belgrad, zur Gedenkkirche Heiliger Savas

Von Brunn nach Belgrad, zur Gedenkkirche des Heiligen Savas

In der Fortsetzung unserer Projektarbeit waren wir nach einem Zwischenaufenthalt mit ersten Gesprächen zur Einrichtung von Camperplätzen in Brunn am Gebirge nach Belgrad weiter gefahren.

Hier erwartete uns ein Kontakt, der auf der EMITT-Tourismusmesse in Istanbul zustande gekommen war. Und auch hier ging es um Möglichkeiten der Ausweitung vorhandener Ressourcen im Rahmen touristischer Angebote zur regionalen Förderung und Entwicklung im Rahmen unseres Projekts.

Das Gebiet der heutigen Metropole Belgrad, am Zusammenfluss von Save und Donau gelegen, war immer von den jeweiligen Hochkulturen frühester Menschheitsgeschichte besiedelt, die neolithische Vinča-Kultur wurde sogar nach einem Belgrader Vorort benannt. Vom 6. bis zum 4. Jahrhundert v. Chr. wanderten thrakische und skythische Stämme in die Region ein, die im 3. Jahrhundert v. Chr. auch eine erste Befestigung anlegten. Später kamen keltische und illyro-thrako-keltische Stämme, die Skordisker, die sogar durch römische Erwähnungen um 279 v. Chr. belegt sind. Die Römer latinisierten den damaligen Namen Singidun zu Singidunum, was wahrscheinlich runde Festung oder runde Stadt bedeutete.

Im 1. Jahrhundert v. Chr. eroberten die Römer die Gebiete bis zur Donau. Neben Sirmium und Viminatium bildete Singidunum (Belgrad) einen wichtigen, strategischen Punkt an der Via Militaris und dem danubischen Limes. Durch die 86 n. Chr. zur Verstärkung der Reichsgrenzen nach Singidunum verlegte Legio IV. Flavia Felix erlebte die Römerstadt ihre Blütezeit, die durch Kaiser Hadrian in der Ernennung zum Municipium und später auch im Rang einer Colonia durch die Ansiedlung von Veteranen noch an Bedeutung gewann.

Aber dazu später mehr.

Wir waren schon am frühen Nachmittag in Belgrad angekommen, so das noch Zeit für einen kurzen Stadtrundgang war, der nach noch winterlichen Temperaturen in Brunn fast frühlingshafte Temperaturen mit erster Blütenpracht bei allerdings wenigen Sonnenstrahlen versprach. Schon bei der Ankunft war uns ein monumentales Kirchengebäude auf einem Hügel aufgefallen, so das unser erster Weg fast zwangsläufig dorthin führte.

Erste Informationen vor Ort besagten, dass diese Kirche eines der größten Gotteshäuser der Welt sei. Mit einer Grundfläche von 3.255 m² entspricht sie ungefähr den Dimensionen der Hagia Sophia in Istanbul, hat aber einen größeren Kuppeldurchmesser (35 m zu 31 m) und eine größere Scheitelhöhe der Kuppel (68 m zu 56 m). Die Krypta nimmt auf einem Niveau von 6 m eine Fläche von 1 600 m² ein. Die drei Galerien im ersten Niveau über den drei Kreuzarmen der Konchen besitzen eine Gesamtfläche von 1 276 m². Auf ihnen finden die Chöre während der Gottesdienst-Liturgie ihren Platz. Insgesamt sollen maximal 12.000 Menschen in der Kirche Platz haben. Der innere Kuppeldurchmesser erreicht 35,15 m und ist damit etwas größer als derjenige der Hagia Sophia. Das vier Tonnen schwere vergoldete Kreuz der Hauptkuppel ist insgesamt 12 m hoch. Die Kirche hat 10 Glockentürme, 4 davon gruppieren sich als Kuppeln um die Hauptkuppel, jeweils zwei um drei der vier Konchen. Auf allen finden sich vergoldete Kreuze, die nach der Vorgabe im großen Kreuz geformt wurden.

Allerdings handelt es sich bei dem Gebäude nicht um ein antikes Bauwerk und auch der Grad der Fertigstellung beschränkt sich noch auf den Rohbau. Vielleicht war unser Interesse gerade deshalb geweckt worden. Ein solch monströses Kirchengebäude in der heutigen Zeit?

Es ist per Stand 2016 definitiv die größte Kirche Südosteuropas und eines der größten orthodoxen Gotteshäuser der Welt.

Der Dom ist dem ersten serbischen Erzbischof und Nationalheiligen Serbiens dem Heiligen Sava (1175–1236) geweiht. Er wurde auf dem im südlichen Belgrader Stadtzentrum gelegenen Plateau des Vračar, einem 134 Meter hohen Hügel und damit auf dem Platz errichtet, wo Sinan Pascha 1595 mutmaßlich die sterblichen Überreste des Heiligen Sava verbrennen ließ. Es wurde immer interessanter, je mehr Informationen zusammen kamen.

Die Idee zum Bau der Gedenkkirche geht direkt auf die 300 Jahr Feier der Verbrennung der Gebeine des ersten serbischen Erzbischofs, Lehrers und Heiligen Savas von Serbien durch Sinan Pascha auf das damals vermutete Jahr 1895 zurück. Mythische Überlieferungen und wundersame Erzählungen in der Volksdichtung erhoben den Verbrennungsort im Nachhinein zu einem sakralen und spirituellen Platz. Die Suche nach dem ursprünglichen Ort des Scheiterhaufens wurde in Serbien schon seit 1840 geführt, als der Savindan (27. Januar) als allgemeiner Feiertag im Fürstentum eingeführt wurde, und ein Priester Mihailo 1878 die Information mitgeteilt hatte, das auf dem Vračar 1757 eine Kirche durch die Türken zerstört wurde, in der angeblich wundersame Dinge geschehen waren.

Nach dem Berliner Kongress und der völligen Unabhängigkeit des Königreichs Serbiens vom Osmanischen Reich wuchs innerhalb der religiösen Zirkel der Wunsch, dem Gründer des serbischen Autokephalie und einem der maßgeblichen Größen der Geistesgeschichte Serbiens ein Denkmal zu errichten. Als Symbol der mittelalterlichen serbischen Geschichte mit seinem Kaiserreich und der kulturellen Größe, die sich in den vielen bedeutenden serbisch-orthodoxen Klöstern widerspiegelte, hatte insbesondere die Kirche ein großes Interesse dem eigenen Gründungsvater ein ihm gewidmetes Bauwerk zu errichten.

Der Heilige Sava wurde durch die serbisch-orthodoxe Kirche auch als Symbol der Einheit der über verschiedene Länder und Territorien lebenden Serben empfunden und sein Kult sollte einer möglichen Vereinigung aller Serben Vorschub geben. Während 1895 auch der Verein zum Bau der Gedenkkirche des Heiligen Sava durch Mihailo und durch Einschluss bedeutender Bürger Belgrads erfolgte, begann sich die Idee einer Gedenkkirche auf dem Vračar-Hügel in Belgrad zu formieren.

Die heute historisch gesicherte Datierung der aus der Grablege Savas und Krönungskirche der Nemanjiden im Kloster Mileševa 1594 von Sinan Pascha, dem damaligen Großwesir und wichtigen Heerführer im Osmanischen Reich, entwendete Reliquie und deren demonstrative Verbrennung, ist der 27. April 1594. Unmittelbarer Auslöser der als Vergeltung gedachte Aktion war der große serbische Aufstand im Banat zwischen Temeschwar und Pančevo, von der serbisch-orthodoxen Kirche durch den serbisch-orthodoxen Patriarchen Jovan (Patriarch 1592-1614) maßgeblich unterstützt, bildete er eine Teil eines allgemeinen serbischen Aufstandes der auch die Herzegowina und Montenegro ergriffen hatte und dessen militärisches Zentrum der Banat während des Langen Habsburgisch-Türkischen Krieges 1593-1607 bildete.

Die Reliquie Savas im Kloster Mileševa war zu der Zeit eine der wesentlichen Identifikationsfiguren im serbischen Nationalbewusstsein, eine Beschreibung der reichen Grabgelege des Klosters aus dem Jahre 1580, in der der Sarkophag Savas als "gänzlich mit silbernen Ornamenten und vergoldeten Figuren" beschrieben wurde, hatte der venezianische Gesandte an der Hohen Pforte, Paolo Contarini während seines Aufenthaltes in Mileševo gegeben.

Allerdings sollten mit dem 2. Weltkrieg und der daraus resultierenden Geschichte Jugoslawiens noch viele Jahre vergehen, bis die Idee der Gedenkkirche Mihailo´s umgesetzt werden konnte.

Des Architekten Pešićs Überarbeitung der Silhouette der Kirche gab schließlich den Ausschlag für die Fortsetzung des Bauwerks, der vom Grundplan des Nestorović-Deroko-Entwurfs ausging. Er vergrößerte neben der Höhe der Kuppel, die Dimensionen der Halbkuppeln, änderte die Fassadengestaltung, entwarf für jede der Kuppeln ein Kreuz und vergrößerte das Kreuz der Kuppel von 6 auf 12 m. Die Arkaden und Pilaster der Fenster wurden abgeändert, die Fassade wurde anstatt aus Sandstein in weißen Marmor geplant, Bänder der Arkaden an den Fensterbögen durch roten Granit strukturiert, Fenster Türen und Rosetten neu geformt. Der offizielle Weiterbau wurde in einer Messe, bei dem etwa 100.000 Belgrader im noch immer kommunistischen Jugoslawien am 12. Mai 1985 erschienen waren, eröffnet. Die eigentlichen Bauarbeiten begannen am 14. April 1986. Die Arbeiten bedurften insbesondere zahlreicher statischer Interventionen, da die vorgefundenen Vorarbeiten für die Grundmauern der vier Pfeiler für eine Kuppel von 35 m Durchmesser nicht ausreichend bemessen wurden und auch die Tragmauern der Halbkuppeln aus statisch ungenügend festen Ziegeln gemauert wurden.

Stahlbeton wurde an allen kritischen Punkten der Grundmauern eingefügt sowie insbesondere die ursprünglich vorgesehene einschalige Kuppel durch eine Doppelschalenkonstruktion mit eine 2 m hohen Gang zwischen den Schalen versehen. Bautechnisch innovativ waren die Arbeiten an der außen 36 m Durchmesser messenden Kuppel. Pešić wollte sie gänzlich am Boden im Inneren der Kirche bauen lassen. Die über 4.000 Tonnen schwere und 28 m Hohe Kuppel wurde mit ihrem 28 Tonnen schweren Kupferdach und samt dem 12 m hohen vergoldeten Kreuz, das schon alleine 4 Tonnen wog, dann durch eine hydraulische Anlage in 20 Tagen auf 40 m Höhe gehoben. Die technisch spektakuläre Hebung der Kuppel durch speziell für den Zweck angefertigte 16 hydraulische Kräne wurde am 26. Mai 1989 von mehrere Fernsehstationen, zahlreichen Medienvertreter sowie angereisten Architekten und Bauingenieure begleitet. Eine eigene Bühne vor der Baustelle eingerichtet. Nach der Hebung lag der Scheitel der Kuppel in 68 und bis zur Spitze des Kreuzes in 80 m Höhe. Am 25. Juni 1989 fand daraufhin unter Leitung des Patriarchen German die erste eigentliche Liturgie in der Kirche statt, drei Tage vor der 600 Jahr Feier der Amselfeldschlacht auf dem Gazimestan, versammelten sich 150.000 Menschen auf dem Plateau und in der Kirche.

Und auch wenn der Innenausbau wohl noch Jahre dauern wird, allein der Rohbau ist absolut sehenswert.

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