Gericht stoppt das Bauprojekt für den Istanbul Großflughafen

Gericht stoppt das Bauprojekt für den Istanbul Großflughafen

Eine weitere Bosporusbrücke, der Marmara-Schwarzmeer Kanal, der Bau eines Mega Kaufhauses in Istanbul, Planung und Baubeginn der Atomkraftwerke und das Mega Projekt des neuen Flughafens von Istanbul -

überwiegend Großprojekte, die im Zuge des wirtschaftlichen Aufstiegs der Türkei längst nicht all umfassend von der Bevölkerung mitgetragen werden, wie aus den Protesten am Gezi Park im vergangenen Jahr deutlich wurde. Oftmals ohne jegliche Bürgerbeteiligung und Rücksicht auf Umwelt und Natur begonnen, gibt es nicht nur Widerstand aus der Bevölkerung.

Jetzt hat ein Istanbuler Gericht, wie in mehreren türkischen Zeitungen berichtet wird, das Projekt zum Bau des neuen Istanbuler Großflughafens zunächst gestoppt. Es sollte in der Endstufe des Ausbaus der größte Passagierflughafen der Welt für rund 150 Millionen Gäste jährlich werden. Das mit rund 22 Milliarden Euro veranschlagte Projekt weißt eklatante Mängel bei der Umweltverträglichkeitsprüfung auf, so das Gericht. Nun, so die Auflage, müssen zunächst weitere Umwelt-Gutachten eingeholt werden, womit sich das Projekt um geschätzt ein Jahr verzögern wird.

Ohne die Einspruchsfrist der Umweltverträglichkeitsprüfung abzuwarten

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Ein türkisches Baukonsortium hatte sich bereits im vergangenen Jahr den Auftrag zum Bau des Mammutprojekts gesichert. Nicht nur Umweltschützer und Privatpersonen hatten aufgrund des drohenden Verlustes von riesigen Waldflächen, die in der Region als Reservoir der Trinkwasserversorgung Istanbuls gelten, protestiert, auch mehrere Verbände hatten sich zu Klagen zusammen geschlossen. Neben den Protesten aus der Landwirtschaft an der Schwarzmeerküste aufgrund zu erwartender Umweltbelastungen ist während der Verhandlung vor Gericht deutlich geworden, das die Regierung das Bauvorhaben ausgeschrieben hatte, ohne die Einspruchsfrist der Umweltverträglichkeitsprüfung abzuwarten. Auch der Argumentation gegen den drohenden Verlust des Trinkwasserschutzgebiets folgte das Gericht in soweit als das noch ein weiteres Verwaltungsgerichtsverfahren anhängig ist.

Erst kürzlich war mit dem Bau der dritten Bosporusbrücke begonnen worden, wo es ähnliche Widerstände gab. Großflughafen und dritte Bosporusbrücke gehören neben dem Kanalbauprojekt und den Atomkraftwerken zur Reihe der ehrgeizigen Prestigeprojekte der Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan.

Baubeginn für AKW Akkuyu in der Türkei

nuclear power plant 2Auch in der Bucht von Akkuyu sei mit ersten Planierungsarbeiten und Sprengarbeiten für den Bau des heftig umstrittenen Atomkraftwerks begonnen worden, berichteten türkische Medien. Auch hier fehlen die Umweltverträglichkeitsprüfungen, weshalb Kernkraftgegner den Bau als illegal bezeichnen und jetzt Strafanzeige gegen die Betreiber gestellt haben. Das geplante AKW, das von einem russisch-türkischen Konsortium betrieben werden soll, wäre das erste Atomkraftwerk in der Türkei.

Grundsätzlich stellen viele Experten den Bau von Atomkraftwerken in Frage, ist doch die Entsorgungsproblematik auch in anderen Ländern längst nicht gelöst. Hier an der türkischen Riviera gilt der Protest und Widerstand aber auch dem gewählten Standort selbst, besteht doch zumindest direkte Erdbebengefahr entlang der Küste. Zu hinterfragen ist auch, warum nicht grundsätzlich verstärkt auf Photovoltaic als Hauptstromquelle gesetzt wird, denn die Voraussetzungen sind in der Türkei ideal. So könnten man grundsätzlich den Problemen anfallenden Atommülls in der Zukunft entgehen. Längst ist bekannt, das gerade die Entsorgung einen entscheidenden Kostendruck auf die Strompreise hat, womit diese Energiequelle unwirtschaftlich ist. Dies gilt insbesondere, wenn es Alternativen gibt.

nuclear power plant 1Das in Akkuyu geplante Atomkraftwerk soll eine Leistung von 4.800 Megawatt haben und rechtzeitig zum 100-jährigen Jubiläum der Gründung der Türkischen Republik im Jahr 2023 betriebsfähig sein. Die jetzt erfolgte Strafanzeige gegen die Betreiber könnte auch diesen Termin verzögern. Auch an der Schwarzmeerküste in Sinop will die türkische Regierung in den kommenden Jahren ein Atomkraftwerk errichten lassen, die Planungen laufen auf Hochtouren. Ankara argumentiert, die Atomkraft werde die Abhängigkeit der Türkei von Öl- und Gasimporten reduzieren, was zunächst richtig ist. Ob man deshalb allerdings, bei den Erfahrungen anderer Länder, auf Atomkraft setzen sollte, bleibt zumindest fraglich. Zumal eine bekannte japanische Firma in den Bau des AKW an der Schwarzmeerküste involviert ist.

Ob es in Akkuyu ebenfalls zum gerichtlich angeordneten Baustop kommt, ist noch unklar. Noch liegt auch keine Reaktion des Baukonsortiums und der Regierung auf das Istanbuler Gerichtsurteil vor.

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