Schenkenschanz – per Zufall aufgrund eines Kaufs

Schenkenschanz – per Zufall aufgrund eines Kaufs

Trotz vieler Erlebnisse im Leben gibt es doch immer wieder Neues, bislang Unbekanntes, auf das man trifft. Oder haben Sie schon einmal von Schenkenschanz gehört oder es gar besucht?

Wir auch nicht, bis es zum Kauf eines PKW-Anhängers kam, der in seiner Abhol-Adresse zwar Kleve besagte, doch dann letztendlich nach Schenkenschanz führte. Man lernt halt doch nie aus, zumal uns die Historie doch immer interessiert. So waren wir bereits bei unserer Anfahrt überrascht, auf einem Deich zwischen Rhein und wohl ehemaligen Nebenarmen auf eine Art „Burgmauer“ zu stoßen, die heute allerdings mehr dem Hochwasserschutz dient.

schenkenschanz 1Richtig und äußerst wichtig, denn das Gebiet um Schenkenschanz lag in seiner ganzen Historie im Wirkungsbereich des Rheinstroms mit häufigen Überschwemmungen, heftigen Uferabbrüchen, Inselbildungen und Verlagerungen des Flussbettes und diente in grauer Vorzeit auch als Kontroll- und Zollstation am Rhein, aber dazu später mehr. Der Ort selbst ist für den Autoverkehr gesperrt, was nicht bedeutet, dass es außerhalb keine Parkmöglichkeiten gibt, kurz, es ist einfach zu klein und zu eng. Dafür gibt es riesige Fluttore, die bei Hochwasser geschlossen werden können. Auch einige Erläuterungen sind auf Tafeln am Ortseingang zu sehen, die auf die Fluten bzw. die Historie verweisen. Die Zeichnung des Kartographen Johann Bucker zeigt, dass der Ort mit der ehemaligen Befestigung 1713 noch am Gabelpunkt von Waal und Nederrijn gelegen war. Auch gibt es einige ehemalige Inseln und Sande (z. B. Fridericks Wardt und Salmorth). Salmorth ist heute das Vorland zu den Dörfern Griethausen, Brienen und Düffelward. Nach Wasserbaumaßnahmen im 18. Jahrhundert teilt sich der Strom heute nicht mehr bei Schenkenschanz, sondern erst weiter nördlich auf niederländischem Gebiet in die Flussarme Waal und Nederrijn.

schenkenschanz 4Früher wurde Schenkenschanz regelmäßig vom Frühjahrs-Hochwasser des Rheines umschlossen, wie die Fotografie zeigt. Heute gibt es nur noch sporadisch Unwetter-Hochwasser, so das der Ort ist auf dem Landweg über die Altrheinbrücke in Kleve-Griethausen erreichbar ist. Hier befindet sich heute der tiefste Punkt auf der Zufahrtstrecke zur nachfolgenden, gut vier Kilometer langen Deichstraße.

Die frühere Fährverbindung über den Griethausener Altrhein nach Düffelward wurde von der Stadt Kleve nach 111 Jahren eingestellt. Seit dem 16. Mai 2020 gibt es in den Sommermonaten an Wochenenden und Feiertagen wieder eine Fährverbindung. Allerdings fährt nur ein kleines Fährboot für Fußgänger und Radfahrer.

Kaum zu glauben – Holländer und Spanien im Streit um Schenkenschanz

schenkenschanz 5Dem Achtzigjährigen Krieg zwischen den Niederlanden und Spanien verdankt der Ort überhaupt seine Entstehung. 1579 schlossen sich sieben niederländische Provinzen zur Utrechter Union gegen Spanien zusammen. Sie verweigerten den Spaniern ihren Gehorsam. Zudem paktierten sie mit England: Königin Elisabeth I. unterstützte sie mit Geld und Soldaten durch Robert Dudley.

Im damaligen Gabelungswinkel von Rhein und Waal, auf einer großen und sumpfigen, „'s Grevenward“, „Saarbrugg“ oder auch „Fuchsenloch“ genannten und strategisch wichtigen Landspitze ließ der Lord 1586/87 durch den Feldhauptmann Martin Schenk von Nideggen eine Festung errichten. Ende des 16. Jahrhunderts zählte die Festung gar zu den stärksten Europas. Sie war von großer Bedeutung und wurde als Tor zu den Niederlanden lange als uneinnehmbar angesehen.

schenkenschanz 6Die strategische Bedeutung wird deutlicher bei der Betrachtung der damaligen topografischen Situation: Die Aufspaltung des Rheins in einen südlichen Waal und einen nördlichen Mündungsarm, den Nederrijn (genauer: Pannerdens-Kanal), geschieht heute etwa 7,5 km westlich (flussabwärts) von Schenkenschanz bei Millingen am Rhein. Vor Anlage der Festung Schenkenschanz war dies jedoch etwa 5 km weiter flussaufwärts, etwa in Höhe des heutigen Griethausen. Daran erinnert heute noch der dortige Altrhein als Rest des früheren Flusslaufes. Somit bildete das Land, auf dem Schenkenschanz errichtet wurde, eine flussaufwärts gerichtete Landspitze, die auch Spyck genannt wurde. Auch heute gibt es Spyck als Flurnamen nördlich von Griethausen, hier steht eine industrielle Ölmühle. Durch Verlagerungen der Flussläufe unterhalb von Schenkenschanz wurde die Festung zur Insel, von der aus beide Flussläufe kontrollierbar waren. Schenkenschanz hatte daher den Beinamen Hüter beider Ströme.

schenkenschanz 7So war der Ort im Spanisch-Niederländischen Krieg Schauplatz ständiger militärischer Auseinandersetzungen und wurde wiederholt bombardiert, in Brand geschossen und geplündert. Im Juli 1635 konnten spanische Truppen die Festung erobern und kurzzeitig halten. Bei der Vorbereitung des von Johann Moritz von Nassau-Siegen geführten niederländischen Gegenangriffs war Kurprinz Friedrich Wilhelm von Brandenburg zugegen. Auch mit dem Ende des Krieges und der Anerkennung der Unabhängigkeit der Vereinigten Niederlande 1648 war der Streit um das Dorf nicht beendet. Zu Beginn des Holländischen Krieges stand 1672 der 34-jährige französische König Ludwig XIV. persönlich mit seinen Truppen vor den Toren. Nach einem Gefecht musste der erst 21-jährige Kommandant kapitulieren. Am 1. Mai 1674 zogen die Franzosen wieder ab und die Truppen Kurbrandenburgs ein. Sie blieben bis zum Kriegsende 1679. Schenkenschanz wurde darauf wieder niederländisch.

schenkenschanz 9Ende des 17. Jahrhunderts versandete zunehmend der Niederrhein, und das Wasser floss immer mehr in die Waal. 1702 ließ die niederländische Regierung bei Millingen einen Kanal vom Waalbett zum dortigen Nederrijn graben (der Pannerdens-Kanal), um dem Nederrijn eine stärkere Strömung zu geben. Dadurch wurde Schenkenschanz trockengelegt und verlor seine strategische und militärische Bedeutung. Die viele Jahrzehnte lang hart umkämpfte Festung entwickelte sich danach zu einem friedlichen und stillen Ort.

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