Bevölkerungsumsiedlungen zu Zeiten des Osmanischen Reiches

Schon oft ist über den menschlichen Leidensweg der griechischen Zwangsumsiedler aus der Türkei aufgrund des in den zwanziger Jahren des  19. Jahrhunderts vereinbarten Bevölkerungsaustausches zwischen Griechenland und der Türkei berichtet worden.

All zu oft wurde dabei recht einseitig berichtet ohne auf die Leidenswege der türkisch betroffenen Zwangsumsiedler einzugehen.

Dies gilt vor allem auch für den Zeitraum des langsamen Zerfalls des Osmanischen Großreichs, denn es sind kaum Daten bekannt, die basierend auf den Umsiedlungsprozessen aus dieser Zeit vorliegen.

Erstmalig hat es jetzt eine umfassende Untersuchung über menschliche Flüchtlingsströme während des Zerfalls des Osmanischen Reiches über einen Zeitraum von ca. 150 Jahren gegeben. Professor Justin McCarthy, Lehrstuhl für Geschichtswissenschaft und Demografie an der Universität von Louisville hat auf der Basis seiner Untersuchungen eine Karte erstellt, die die Flüchtlingsströme zahlenmäßig erfasst und veranschaulicht. Seine Untersuchungen beginnen mit dem Jahr 1770 (dem Beginn des Zerfalls des Osmanischen Reiches) und Enden im Jahr 1923, dem Ende des Bevölkerungsaustausches. Nach den vorliegenden Daten von Professor McCarthy, der die Untersuchungen gemeinsam mit dem TCA (Turkish Coalition of America) vornahm, starben in dem genannten Zeitraum allein 5 Millionen Muslime aufgrund von Flucht und / oder Vertreibung. Allein diese Zahl ist Grund genug, sich mit dieser Thematik näher zu beschäftigen und nicht allein um Verfolgung und Vertreibung von christlichen Bevölkerungsteilen wie es bislang häufig aus der Sichtweise westlicher Berichterstatter geschehen ist.

Professor McCarthy geht davon aus, das etwa fünf Millionen Muslime innerhalb und außerhalb des Osmanischen Reichs von 1770 bis 1923 direkt von Flüchtlingsbewegungen betroffen waren. Diese Zahlen werden anschaulich in Karten belegt, so das sich auch der Leidensweg der Muslime aufgrund von Zwangsumsiedlung, Hunger und Leid gut nachvollziehen lässt. Hier geht es auch keinesfalls um die Bewertung des erlittenen Leids, denn das war sicherlich für alle betroffenen Menschen gleich hart zu ertragen, allein die Zahlen der umgesiedelten Menschen verschrecken, so auch die Zahlen der verstorbenen muslimischen Flüchtlinge denn sie sind etwa 4 mal so hoch wie die der christlichen Flüchtlinge. Ein klarer Beleg für die Schrecken, ausgelöst durch die Massenbewegungen der der Menschen in der damaligen Zeit.

Bislang gibt es kaum Zahlen und Daten des Leidenswegs der Muslime in den Geschichtsbüchern der Welt. Die Kenntnis dieser Auswertungen und Analysen können sicherlich auch mit dazu beitragen, auch das Leid der muslimischen Menschen zu erkennen, die direkt vom Zerfall des Osmanischen Reiches betroffen waren und damit auch zu verstehen, warum es teilweise schwierig ist den Dialog zwischen den muslimischen und den christlichen Parteien zu finden. Dies allerdings ist nur möglich, wenn man bereit ist, sich mit der eigenen Geschichte objektiv auseinanderzusetzen.

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