Theodor Wiegand - Grabungen und Reisen

Theodor Wiegand - Grabungen und Reisen

Unser Besuch in der Feuerwache Dursunbey hatte uns auf einige römische Artefakte stoßen lassen, die unser Interesse an weiterer Recherche zur Geschichte Dursunbeys, bzw. Balats, wie die Stadt bis vor 100 Jahren hieß, begründet.

Schnell fanden sich weitere Hinweise auf die antike Vergangenheit, so auch auf den Namen der unmittelbar in der Nähe liegenden Stadt zu römischer Zeit: Hadrianeia.

Hadrianeia wurde, wie die in der Nähe liegenden Städte Hadrianutherai und Hadrianoi, vom römischen Kaiser Hadrian gegründet. Die Ära der Stadt begann im Jahr 131/132 n. Chr. Hadrianeia sollte vermutlich zur Urbanisierung der bergigen Gegend Abrettene zwischen den Flüssen Makestos und Rhyndakos beitragen. An der Straße zwischen Hadrianoutherai und Kotiaion gelegen, entwickelte sich Hadrianeia allerdings schnell zu einer bedeutenden Prägestelle für Münzen, was sehr zum Wohlstand der Stadt beitrug. Allerdings stießen wir bei der Recherche auch auf den Namen Theodor Wiegand, einem deutschen Archäologen, der die Region um Balat ausgiebig bereiste und auch für die Erstellung einer Karte aus dem Jahr 1902 verantwortlich zeichnet.

Der als ältester Sohn des Arztes Konrad Wiegand und dessen Frau Ida am 30. Oktober 1864 in Bendorf am Rhein geborene Theodor Wiegand war ein deutscher Klassischer Archäologe.

Theodor Wiegand studierte nach dem Abitur in Kassel Kunstgeschichte, Archäologie und Altertumswissenschaften an den Universitäten von München, Berlin und Freiburg.

1894 begab er sich nach Athen, wo er sich unter Wilhelm Dörpfeld an den Grabungen auf der Akropolis beteiligte. 1895 ging er als Assistent des Archäologen Carl Humann nach Priene, ein antikes kleinasiatisches Städtchen. Als jener nach drei Wochen erkrankte, führte er die Grabungskampagne fort. Nach Humanns Tod 1896 wurde er zu dessen Nachfolger als Ausgrabungsleiter in Priene und als Direktor der Berliner Museen mit Sitz in Smyrna ernannt.

Nachdem er 1899 die Freilegung Prienes, das wegen der Geschlossenheit der Stadtanlage und des guten Erhaltungszustandes der Häusergrundrisse auch das „griechische Pompeji“ genannt wird, erfolgreich abgeschlossen hatte, grub er von 1899 bis 1911 in Zusammenarbeit mit Hubert Knackfuß Teile der antiken Weltstadt und Handelsmetropole Milet aus. Hier waren bedeutende Vorarbeiten zu leisten, da der Grabungsplatz besiedelt war und das sumpfige Gelände erst trockengelegt werden musste. Die Hoffnung Wiegands, die archaische Stadt, das Milet der Naturphilosophen Thales und Anaximander wieder zu finden, das 494 v. Chr. während des Ionischen Aufstandes durch die Perser zerstört worden war, sollte sich nur bedingt erfüllen. Stattdessen stieß er auf die hellenistisch-römische Schicht mit ihren prächtigen Repräsentationsbauten, darunter das berühmte Markttor von Milet, heute eines der Hauptwerke des Berliner Pergamonmuseums.

Weitere Ausgrabungen fanden in Didyma (1905 bis 1911) und auf Samos (1910 bis 1911) statt. Wiegands letzte Grabung war 1927 die Wiederaufnahme der Untersuchung von Pergamon, wo er die Arsenale auf der Burg entdeckte und das vor der Stadt gelegene Heiligtum des Asklepios freilegte.

Theodor Wiegand war von 1899 bis 1911 auswärtiger Direktor der Berliner Museen in Konstantinopel und darüber hinaus wissenschaftlicher Attaché bei der deutschen Botschaft in Konstantinopel. Als somit diplomatischer Arm der Museen vertrat er die archäologischen Interessen Deutschlands im Osmanischen Reich und koordinierte die immer umfangreicheren deutschen Grabungen im Orient, u. a. auch in Mesopotamien.

1912 ging Wiegand zurück nach Berlin, um die Leitung der Antikenabteilung der Museen in Berlin zu übernehmen. 1911/1912 erbaute der Architekt Peter Behrens für Wiegands Familie das „Haus Wiegand“, eine repräsentative neoklassizistische Villa in Berlin-Dahlem, in der heute das Deutsche Archäologische Institut residiert.

Als Direktor der Antikenabteilung der Museen in Berlin war Wiegand für den Aufbau und die Einrichtung des Pergamonmuseums auf der Berliner Museumsinsel zuständig. 1916 erwarb er die Thronende Göttin aus Tarent für die Berliner Museen und 1925 die hocharchaische Berliner Göttin aus Keratea, Attika.

1922 wurde Wiegand als ordentliches Mitglied in die Preußische Akademie der Wissenschaften aufgenommen. 1930 schied er aus dem Staatsdienst aus, 1935 ernannte ihn seine Geburtsstadt Bendorf zum Ehrenbürger. Außerdem war er seit 1931 Mitglied des Ordens Pour le mérite für Wissenschaft und Künste.

Wiegand starb am 19. Dezember 1936 in Berlin an den Spätfolgen einer Malaria in Berlin.

Bildquelle: Wiegand, Theodor: "Reisen in Mysien", in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung, P. von Zabern, Mainz, Heft 29 (1904), S.254-339 (Faltblatt im Anhang)

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