Rattan Gartenmöbel - Natur-Produkt vom Straßenrand

Rattan Naturprodukt

Wir waren auf der Küstenstraße D400 zwischen Avsallar und Manavgat unterwegs, als uns ein Lieferwagen auffiel, dessen Fahrer sich am Straßenrand in dem hohem Pflanzenbewuchs mit einer Machete zu schaffen machte.

Unser Interesse war geweckt und schnell war ein Zwischenstopp eingelegt, der zu einem intensiven Gespräch führte. Ein wirklich selten gewordener "Peddigrohrschneider" am Tagwerk, um neues Rohmaterial zu beschaffen.

Wohl ein jeder kennt die so genannten Rattan Gartenmöbel, die gern noch heute im Außenbereich als Gartenmöbel verwendet werden oder aus der Vergangenheit die Sitzflächen von Stühlen, die mit dem feinen Flechtwerk aus Rattanfasern gespannt waren (heute leider überwiegend aus Kunststoffen gefertigt). Unser Gesprächspartner stellte sich als Mehmet vor, der sein Handwerk des Korbflechtens in der Nähe von Avsallar ausübt und den hoch gewachsenen, feinfaserigen Stamm der Rattanpalme hier von der Hauptstraße besonders schätzt. Für uns war zunächst neu, das es sich bei Rattan oder Peddigrohr um eine Art der Palme aus der Gattung Calamus oder der Unterfamilie der Calamoideae handelt. Der auch im deutschen gebräuchliche Begriff Rattan stammt ursprünglich aus dem Malaiischen, Peddigrohr dagegen aus dem Niederdeutschen in Anlehnung an den Begriffs Rohrmark.

.

Die wohl bekannteste Verwendung von Rattan und Peddigrohr sind neben Außenmöbeln und Flechtwerk für Stühle oder Sessel vor allem Korbwaren unterschiedlichster Ausrichtung. Ob als Brotkorb, Schirmständer oder Ummantelung bauchiger Weinflaschen, der Phantasie des Handwerkers sind diesbezüglich kaum Grenzen gesetzt. Das Rohmaterial wird zur Verarbeitung lediglich gut feucht gehalten, häufig sogar unter Einwirkung von Wasserdampf oder mit der Heißluftpistole, in fast weich, elastischer Form als Flechtwerk verarbeitet.

Aus den Schilderungen Mehmets ging hervor, das er die kräftigeren Teile des Stamms, so man denn die Rattanpalme mit Bäumen vergleichen will, zum Bau von Möbelgestellen verwendet, halt die bereits erwähnten Sessel oder Stühle und Tische für den Außenbereich. Für ihn wesentlich wichtiger, da er sich eher als Korbflechter versteht, sind die von der Sprossoberfläche der Rattanpalme geschnittenen, bis zu 5 Meter langen Streifen mit ihren glatten Außenseiten, die er zur Herstellung seines Flechtwerks benötigt. Das Rohr lässt sich leicht spalten, die erhaltenen Stränge können dann auf Maß gezogen bzw. gehobelt werden. Das Rohr wird anschließend aufgerollt und getrocknet. Vor der Verarbeitung muss man das Material wieder einweichen, stärkere Triebe über Dampf biegsam machen.

Auch später, während der Verarbeitung, empfiehlt Mehmet das sporadische Befeuchten mit einem Wasserzerstäuber oder das Abwischen mit einem feuchten Tuch, damit die natürliche Biegsamkeit nicht verloren geht. Allein nur mit Wasser sollte dies jedoch nicht zu oft geschehen, weil das Material auf Dauer gesehen verstocken kann und dann brüchig wird. Als Insidertipp nennt uns Mehmet die Verwendung von Sattelseife damit das Material länger geschmeidig bleibt.

Traditionell arbeitende Möbelfirmen schicken ihm vorgefertigte Stuhlrahmen, die er dann mit dem Stuhlflechtrohr als Sitzfläche versieht. Dies sei die Arbeit, die das tägliche Brot ermöglicht, so Mehmet, viel lieber sei ihm aber die Arbeit zur Herstellung von Korbwaren. Nur zu verständlich, denn wer geht nicht lieber den angenehmen Arbeiten nach anstelle der sich wiederholenden Handgriffe in Serienfertigung.

Mehmet erläutert uns aber auch, das Rattan oftmals für Spazierstöcke oder für die allerdings selten gewordenen Teppichklopfer verwendet wird. Auch für diverse Kampfsportarten werde aufgrund des Materialverhaltens häufig Rattan eingesetzt, da dieses Material im Gegensatz zu Holz nicht splittert sondern zerfasert, was die Gefahr von Verletzungen stark reduziert.

Eine weiterer Anwendungsbereich ist die Verarbeitung als Stiel von Schlägeln im Bereich der Schlagwerk- und Mallet-Instrumente. Viele Schlagzeuger und Orchestermusiker schwören auf Schlägel mit Rattan-Stiel, da sich dieser durch seine Elastizität und Leichtigkeit auszeichnet.

Aufgrund seiner Faseroberfläche lässt sich Rattan nur schwer farblich verändern. Die Trieboberseite ist so feinporig, das Wasser abgestoßen wird. Dies ist übrigens einer der Gründe für die Verwendung als Möbel im Außenbereich, die Resistenz gegen Regen. Häufig wird allerdings der Fehler gemacht, diese Oberfläche farblich oder mit Lacken zu verändern, womit die Oberflächenstruktur des Materials nicht mehr atmungsaktiv ist und unter dem Lack zu verschimmeln beginnt. Wie so oft ist weniger häufig mehr. Schneidet man einen Rattanstab auf und vergrößert die Querschnittsfläche unter dem Mikroskop, kann man die poröse Struktur des Materials sehr gut erkennen. So wird auch schnell klar, das Rattan eine sehr geringe Dichte hat, was ihm die besondere Elastizität verleiht.

Rattan ist somit ein Naturprodukt, das leider zu häufig durch Kunststoffe ersetzt wird. Warum eigentlich?

Geschichte

Kultur

Leben | Outdoor