Erzgebirgischer Schwibbogen - Ursprung des Lichterbogens

Erzgebirgischer Schwibbogen - zum Ursprung des Lichterbogens

Erstmals aufgefallen war uns der erzgebirgische Schwibbogen während einer Ferienreise in das niedliche Harzstädtchen Altenau, der ehemals freien Bergstadt mit seinen uralten Bergmannshäusern, die heute die Kulisse des heilklimatischen Kurortes bilden.

Während eines Rundgangs durch den Ort in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts waren wir auf einen kleinen Betrieb gestoßen, der sich mit hölzernen Handwerksprodukten einen Namen gemacht hatte, einem übrigens als typisch geltendem Baumaterial der Region. Im Ort befindet sich auch die relativ kleine Holzkirche St. Nikolai, die im 17. Jahrhundert erbaut worden war. Die nach wie vor imposanteste Holzkirche steht in Clausthal-Zellerfeld, nur wenige Kilometer von Altenau entfernt. Die Häuser in Altenau sind von alters her gut den harten Wintern angepasst und haben einen für den Harz typischen architektonischen Stil.

Neben einer Vielzahl verschiedener Figuren waren uns damals die Lichterbögen aufgefallen, die in verschiedenen Varianten als Weihnachtsdekoration angeboten wurden. In seiner Grundform war eine Schichtpressstoffplatte als Bogendesign zu erkennen, die mit einer Laubsäge ausgeschnittene Figuren aufwies. Der Bogen selbst war mit Kerzenhaltern bestückt, worin bis zu 12 Kerzen durch ihre Lichtstrahlen verschiedene Effekte der Licht-Schattenbildung auf die Figuren darunter erzeugte. Schön anzusehen auch die vielen Figuren im Bogen selbst, auffälligstes Detail die sich kreuzenden Hämmer, die in fast allen Bögen symbolisiert waren. Der Ursprung musste also folglich im Bergbau liegen.

Natürlich fragten wir nach und erfuhren so auch von den verschiedenen Deutungen, die über die Jahre entstanden waren. So sprach man davon, dass die Form des Bogens die Öffnung eines Bergbaustollens symbolisiere, dann wiederum von der Symbolik eines Himmelsbogens mit Sonne, Mond und Sternen. Die auf dem Bogen aufgesetzten Lichter waren Ausdruck der Sehnsucht der Bergleute nach Tageslicht, das sie vor allem in den Wintermonaten oft über Wochen nicht zu Gesicht bekamen; zum Arbeitsbeginn am frühen Morgen war es noch dunkel, und nach dem Ende der Schicht am Abend war die Sonne bereits untergegangen. Auch die verwendeten Symbole deuten darauf hin, da die im Schwibbogen dargestellten Motive den Alltag der Bergleute und ihrer Familien wider spiegeln.

Eines der bekanntesten Motive zeigt neben verschiedenen Symbolen zwei Bergleute, einen Schnitzer und eine Klöpplerin und verkörpert damit drei der Haupterwerbsquellen der erzgebirgischen Landbevölkerung des 18. und 19. Jahrhunderts. Weitere Varianten zeigen christliche Motive aus der Weihnachtsgeschichte oder den Wald und dessen Tiere. Ein weiteres bekanntes Motiv ist die Kirche des für seine Volkskunst bekannten Erzgebirgsdorfes Seiffen.

Heute werden die Schwibbögen vornehmlich zur Advents- und Weihnachtszeit, in der Regel elektrisch beleuchtet, in die Fenster vieler Häuser, auch weit außerhalb der Erzgebirgsregion gestellt und finden als Großbögen sogar im Außenbereich Verwendung. Der derzeit größte im Freien stehende Schwibbogen der Welt wurde 2012 in Johanngeorgenstadt aufgestellt. Mit dem beleuchteten Schwibbogen im Fenster ist in vielen Bergmannsdörfern eine weitere Symbolik verbunden: das Licht des Schwibbogens sollte den Bergleuten den sicheren Weg zurück ins Heim weisen.

Der älteste bekannte Schwibbogen, datiert auf das Jahr 1740, entstand in Johanngeorgenstadt und besteht aus Metall. Erst 2003 wurde die Jahreszahl unter einer jüngeren Farbschicht entdeckt. Bis dahin war man davon ausgegangen, dass sich der Bogen mit der Aufschrift „1778“ und „J. C. Teller“ in seiner ursprünglichen Bemalung befunden hatte. Weitere frühe Schwibbögen stammen von 1796 und um 1810.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Schwibbögen zunehmend aus Holz gefertigt. Da die Nachfrage in der DDR, sprich in der erzgebirgischen Region, größer als das Angebot war, wurden Schwibbögen oft als Laubsägearbeit nach dem Vorbild einer nachgezeichneten Vorlage (z. B. eines Blechschwibbogens) privat hergestellt, was sich dann zunehmend verbreitete, so auch in das kleine Harzstädtchen Altenau. Auch der im Bild dargestellte Schwibbogen zeigt die handwerkliche Säge- und Modellierarbeit eines Tischlergesellen aus den 60er Jahren des vorherigen Jahrhunderts, Karl-Heinz Rosendahl aus Friesland, denn bis zur Nordsee konnte sich dieses Brauchtum mit den Jahren verbreiten.

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