Evolutionstheorie kontrovers - Schöpfungsgeschichte nicht?

Evolutionstheorie kontrovers - Schöpfungsgeschichte nicht?

Unter einer Evolutionstheorie versteht man die wissenschaftliche und grundsätzlich in sich stimmige Beschreibung der Entstehung und Veränderung der biologischen Einheiten, speziell der Arten und Spezies, als Ergebnis der organismischen Evolution, d. h. eines Entwicklungsprozesses im Laufe der Erdgeschichte, der stattgefunden hat und weiterhin andauert.

„Der Mensch stammt vom Affen ab!“ Das ist wohl die markanteste und bekannteste Aussage, die mit Evolution assoziiert wird und die die Evolutionslehre auf eine einzige Provokation reduziert.

Warum regen wir uns auf, warum empört es uns, wenn jemand sagt „Der Mensch stammt vom Affen ab“ aber nicht bei der Aussage „Der Mensch ist aus Erde erschaffen“? Ist das nicht im mindesten dann auch eine Provokation?

Woher lassen sich der Wert, der Stolz und die Würde des Menschen herleiten?

Evolutionstheorien sind naturgemäß jeweils ein Produkt der Zeit ihrer Entstehung und spiegeln die jeweiligen Erkenntnisse, die Faktenlage und die wissenschaftlichen Herangehensweisen der Zeit wider.

Da sich die moderne Evolutionsbiologie mit zahlreichen, teilweise sehr unterschiedlichen Ansätzen und Analysen beschäftigt, wo vielfach temporäre Hypothesen entworfen und später teilweise zugunsten verfeinerter Hypothesen wieder aufgegeben werden, ist es mittlerweile Konsens, dass man nicht von einer eigentlichen und allumfassenden „Evolutionstheorie“ sprechen sollte, sondern dass gewissermaßen ein Theoriengebäude vorliegt, wo viele Erkenntnisstränge von der Paläontologie bis zur Molekularbiologie zusammenfließen und sich wechselseitig zu einer Gesamtsicht ergänzen.

Vage Ideen darüber, wie oder wo Leben entstanden sei, wurden verschiedentlich schon von Gelehrten des antiken Griechenlands geäußert. Thales von Milet vermutete den Ursprung des Lebens im Wasser, Anaximander sprach direkt von einer Urzeugung in feuchter Umgebung, Aristoteles vermutete die Urzeugung im Schlamm und Schmutz. Judentum, Christentum und Islam gingen von einem göttlichen Akt der Schöpfung aus und vertraten das Konzept einer Artkonstanz, dem bis etwa zur Aufklärung auch viele Gelehrte Europas folgten. Alle diese Hypothesen schienen in ihrer jeweiligen Zeit und unter Beachtung des damaligen Wissensstandes mehr oder weniger überzeugend.

Jean-Baptiste de Lamarck (1744–1829) schlug 1809 ein Theoriengebäude des Artenwandels vor und war damit einer der ersten Evolutionstheoretiker. Er ging von einer Vererbung erworbener Merkmale aus, eine Betrachtungsweise, die im 19. Jahrhundert (vor der Kenntnis der Grundlagen der Genetik) noch lange verbreitet war. Selbst Charles Darwin ging 50 Jahre später (1859) davon aus, dass erworbene Eigenschaften weiter gegeben werden können.

Charles Darwin (1809–1882) hat seine Theorie schon 1838 entworfen, aber aufgrund des wenig aufgeschlossenen Umfelds in seinem Heimatland und auch weil er viele Erkenntnisse zunächst noch als Hypothesen betrachtete, diese erst 20 Jahre später (1858) vorgetragen und im Folgejahr (1859) veröffentlicht. Sein Theoriengebäude beruhte auf breiten biologisch-naturwissenschaftlichen Beobachtungen, soweit sie damals bekannt waren. Parallel kam auch ein jüngerer Zoologie, Alfred Russel Wallace (1823–1913) zu sehr ähnlichen Schlüssen. Beide Arbeiten, die bald als Darwinismus oder Darwinsche Evolutionstheorie bezeichnet wurden, entstanden wohl ganz oder weitgehend unabhängig voneinander. Inhaltliche Unterschiede betrafen etwa die Frage, wie intensiv sich die verschiedenen Evolutionsfaktoren auswirken und welche bestimmend sind. Die biologische Evolution erklärten beide durch die bessere Anpassung aller Organismen an ihre Umwelt und damit verbunden eine allmählichen Zunahme von Komplexität.

Darwins Evolutionstheorie sei "kontrovers" und nicht geeignet für Schüler, hatte die türkische Regierung befunden und will die Darwinsche Evolutionstheorie aus dem Unterricht in den Schulen verbannen.

Der türkisch-islamische Verein ATIB in Österreich hat sich als einer der Ersten von der Entscheidung der türkischen Regierung distanziert, die Evolutionstheorie von Charles Darwin aus den gesetzlichen Schullehrplänen zu streichen. Man sei in dieser Frage "überhaupt nicht" einer Meinung, sagte ATIB-Sprecher Selfet Yilmaz.

"Wir wollen Wissenschaft und Religion nicht gegeneinander ausspielen", so Yilmaz weiter. "Die Evolutionstheorie gehört unserer Meinung nach dazu und sollte auch gelehrt werden." Der Dachverband ATIB, zu dem in Österreich Dutzende Moscheevereine gehören, ist eine Einrichtung der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet, vergleichbar dem deutschen DITIB.

Auch die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) sprach sich für die Evolutionstheorie als festen Bestandteil des Unterrichtes aus. "Der Islam steht immer für einen überzeugten, durch Wissenschaft belegten Glauben", erklärte Präsident Ibrahim Olgun.

Ab dem kommenden Schuljahr soll Charles Darwins Evolutionstheorie aus den türkischen Schulplänen gestrichen werden. Die Evolutionstheorie sei "kontrovers" und nicht geeignet für Schüler, findet die türkischen Regierung. Die Streichaktion wird von der islamisch-konservativen Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan als Schritt zu einer angeblichen Modernisierung des Bildungswesens präsentiert.

Dabei sind die Grundzüge von Darwins Theorie über die natürliche Entwicklung der Arten in der Wissenschaft alles andere als umstritten. Die Vertreter des Kreationismus unter den  Anhängern verschiedener Religionen, darunter des Islams und des Christentums, sehen darin jedoch einen Widerspruch zur Idee der "göttlichen Schöpfung".

Das neue Schulcurriculum der Türkei lässt Charles Darwins Evolutionstheorie fallen und fügt das Konzept des Dschihad als patriotisch im Geist hinzu.
Diese Ausrichtung beflügelt einmal mehr die Menschen, die eine Aufhebung des sekulären Charakters der Türkei befürchten.
Der Vorsitzende einer Lehrergewerkschaft hat die Veränderungen als einen großen Schritt in die falsche Richtung für die Schulen der Türkei beschrieben, die versucht "Generationen, die Fragen stellen, zu vermeiden".

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