Kröten „sammeln“ zwischen Marktbreit und Michelfeld

Kröten „sammeln“ zwischen Marktbreit und Michelfeld

Am Donnerstagmorgen war es dann soweit. Für 8.00 Uhr hatten wir uns mit dem Ehepaar Przybylla an der Landstraße zwischen Marktbreit und Michelfeld verabredet, direkt am ersten Abschnitt des Krötenzauns am Gelände des Kleintierzuchtvereins.

Nach einer kurzen Begrüßung und knapper  Vorstellung der Personen und den Aktivitäten des jeweilig anderen ging es ausgerüstet mit dem Sammeleimer und festem Schuhwerk umgehend an die Strecke. Während wir uns mit Frau Przybylla auf den Weg machten, fuhr Herr Przybylla mit dem Auto an den zweiten Abschnitt des Krötenzauns am nachfolgenden Waldgebiet, so dass wir nach dem Einsammeln der Kröten dort zusammen treffen konnten.

Im Rahmen eines Biologieprojekts ihrer Tochter

ochsenfurt kroeten 1Schnell war man in Gesprächen vertieft und so wurde auch klar, wie Frau Przybylla an diese Tätigkeit gekommen war: im Rahmen eines Biologieprojekts ihrer Tochter bat diese um Hilfestellung beim Einsammeln der Kröten, da sie zeitlich anders eingebunden war. Das Projekt ihrer Tochter wurde vor etwa 15 Jahren abgeschlossen, Frau Przybylla allerdings blieb den Kröten treu. Heute weiß das Landratsamt die Zuverlässigkeit und Ausdauer von Frau Przybylla zu schätzen und so ist neben der Kontrolle und dem morgendlichen Einsammeln am Krötenzaun von Marktbreit nach Michelfeld sogar noch ein zweiter Abschnitt entlang des Mains zwischen Marktbreit und Ochsenfurt hinzugekommen. Seit einigen Jahren gehört auch ihr Ehemann, der zwischenzeitig pensioniert worden ist, zum Helfer-Team.

Herr Przybylla entdeckt auf ihn wartende Graureiher

ochsenfurt kroeten 8Es dauert nicht lang, den Zaun abzuschreiten und dabei die Auffangeimer zu kontrollieren, die etwa alle 20 Meter im Erdboden eingelassen sind. Schon im zweiten Eimer werden wir fündig. Eine einzelne Erdkröte sitzt versteckt unter dem Laub des Vorjahres. Vorsichtig wird sie in den Sammeleimer umgesetzt. Beim nächsten Auffangeimer sind es gleich vier Kröten und bis zum Ende des ersten Streckenabschnitts sind gar 47 Kröten eingesammelt. An zwei Stellen in diesem Abschnitt sind Rohre unter der Straße verlegt worden, die aufgrund des großen Durchmessers auch von den Kröten genutzt werden. Hier ist der Schutzzaun unterbrochen. Dass dies tatsächlich der Fall ist, hat Frau Przybylla selbst untersucht, indem sie am Rohr Ende auch einen Auffangbehälter gesetzt hatte. Leider finden die Kröten diese Durchgänge nicht von allein, so dass der Krötenschutz nur über das Einsammeln Sinn macht. Am Treffpunkt zwischen den beiden Teilabschnitten kann auch Herr Przybylla auf eine vergleichbare Anzahl von Kröten verweisen.

ochsenfurt kroeten 3Jetzt geht es auf die andere Straßenseite, wo sich hinter einem Schilfgebiet einige flache Tümpel befinden. Hierhin tragen wir die Sammeleimer mit dem quakenden Inhalt und entlassen die Kröten in ihre Laichtümpel. Schon auf dem Weg erläutert Herr Przybylla die Probleme, die es an den Tümpeln bereits gegeben hat. Allgemein ist bekannt, das Fisch- oder Graureiher sehr clever sind, wenn es um ihre Beute geht. Zu oft schon hat Herr Przybylla auf ihn wartende Graureiher entdeckt, die sich auf die „frische Anlieferung“ der Kröten freuten. Es ist also zum Überleben der Kröten nicht nur das Überqueren der Straße ein Problem, sondern auch das Schilffeld am Laichtümpel selbst. Bietet es ausreichend Schutz vor den Reihern, kann sich die Population ausweiten. Auf der anderen Seite gehört die Kröte natürlich in das Beuteschema des Reihers. Wie immer und überall gilt auch hier das richtige Gleichgewicht als wichtigstes Kriterium zu wahren.

Gedankenlosigkeit die Krötenzäune in Funktionslosigkeit versetzt

ochsenfurt kroeten 5Mit dem Auto geht es am Main entlang bis zum nächsten Abschnitt des Krötenzauns. Hier war ursprünglich geplant, den Zaun direkt an der Straße entlang zu setzen. Erst nach einigen Diskussionen entschied man sich dann, den für die Betreuer wesentlich sichereren Weg entlang des Wald- bzw. Feldweges jenseits der Bahnstrecke zu bestücken. Hier war es für die Kröten schier unmöglich, zunächst die zweigleisige Bahnstrecke und dann noch die stark befahrene Landstraße zu den Feuchtgebieten am Main zu überqueren. Natürlich lag die Frage im Raum, warum die Krötenzäune nur mit Beginn des Frühjahrs eingesetzt werden, da im Herbst die Krötenwanderung in die entgegengesetzte Richtung verläuft. Auch hier waren gleich die Antworten parat: im Frühjahr ist es der Laichtrieb, der dafür sorgt, das sich fast alle Kröten gleichzeitig auf den Weg zu den Laichplätzen machen. Innerhalb weniger Tage ist diese Wanderung abgeschlossen, sobald die Temperaturen sich günstig entwickelt haben. Im Herbst hingegen findet die Rückwanderung über Monate verteilt statt, so dass es an den Straßen kein „Massensterben“ der Kröten gibt.

ochsenfurt kroeten 9Herr Przybylla erzählt von seiner Erfahrung an speziell diesem Abschnitt, dass es selbst für Autofahrer gefährlich war, denn die Straße war regelrecht glitschig aufgrund der Krötenkadaver. Das Aufstellen der Krötenzäune ist also nicht allein zum Schutz der Kröten gedacht, auch die Auto- und LKW-Fahrer profitieren direkt davon. Zu schade, dass oftmals deren Gedankenlosigkeit die Krötenzäune in Funktionslosigkeit versetzt, denn der starke Windsog bei großer Geschwindigkeit hebt auch die Fangzäune mit an. Eine leicht gedrosselte Geschwindigkeit in diesen Abschnitten kostet kaum Zeit und hilft die Wartungsintervalle zu verlängern. Dazu braucht es lediglich aufmerksame Autofahrer, die während des kurzen Zeitraums im Frühjahr besonders achtsam fahren. Schon allein im Interesse der sicheren Tätigkeiten der Krötenbetreuer.

Gang entlang eines Krötenzauns kann also auch neue Denkansätze liefern

graureiherDiesmal gehen wir mit Herrn Przybylla den Teilabschnitt am Wald entlang, währen seine Frau den Wiesenabschnitt kontrolliert. Schon nach wenigen Metern sind mehr als 50 Kröten eingesammelt, am Ende des Abschnitts sind es 147 der quakenden Frösche. Hier zeigt sich erneut die Umsicht des Ehepaars Przybylla, denn sie beginnen das Einsammeln am Ende der Wegstrecke. Man sollte das Gewicht von 147 Kröten nicht unterschätzen. Unterwegs berichtet man uns auch von Wildunfällen entlang der Bahnstrecke. Immer wieder muss Herr Przybylla das Forstamt verständigen, da Rehwild verendet an der Strecke liegt. Unsere hochtechnisierte, schnelllebige Zeit bedeutet für die Tierwelt oftmals den Tod. Ganz abgesehen davon, das viele Arten aufgrund der Umweltbedingungen „einfach“ aussterben. Und gerade diese Artenvielfalt versucht man erhalten, in der auch Frösche eine wichtige Position einnehmen.

Zu achtlos geht man selbst so manches Mal mit der Natur um. Ein Gang entlang eines Krötenzauns kann also auch neue Denkansätze liefern und zum eigenen Nachdenken anregen. Sollten Sie, liebe Leser, weitere Fragen oder Anregungen haben, schreiben Sie uns eine Mail. Wie immer wird diese an die beteiligten Personen weiter geleitet, wenn wir diese Fragen nicht selbst beantworten können.

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