Rundgang durch die Altstadt von Warschau

Rundgang durch die Altstadt von Warschau

Wie bereits im Artikel „Auf in die Innenstadt von Warschau“ beschrieben, waren wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln zunächst zum Kulturpalast gefahren, um dann über den so genannten „Königsweg“ bis zur Altstadt zu spazieren.

Natürlich waren die Straßen besser Fußwege entlang der Straßen und in den Parks, die wir durchquert hatten aufgrund des herrlichen Wetters bereits stark bevölkert und das sollte auch in der Innenstadt so bleiben, klar denn die wieder aufgebaute Altstadt ist allemal einen Besuch wert.

Zerstörung durch Nazi-Deutschland und Wiederaufbau

warschau 11Schon am 14. Februar 1945 entstand in Warschau das Büro für den Wiederaufbau der Hauptstadt, denn beim Wiederaufbau konnten Vermessungszeichnungen aus der Vorkriegszeit verwendet werden, die im Archiv der Architekturfakultät des Polytechnikums gerettet worden waren. Für die Fassadenrekonstruktionen wurden insbesondere detailreiche Stadtansichten aus dem 18. Jahrhundert von Bernardo Bellotto, genannt Canaletto, genutzt. 1945 bis 1947 wurden die Bürgerhäuserruinen um den Marktplatz vom Schutt befreit. Gleichzeitig wurden archäologische Ausgrabungen durchgeführt. Unter dem bröckelnden Putz erschienen Fragmente gotischer Backsteinmauern und sogar ganze Spitzbögen. 1949 wurden die wiederaufgebauten Häuser der Nordseite des Marktplatzes dem Historischen Museum von Warschau übergeben und die gestürzte Sigismund-Säule wiedererrichtet. Mit dem Bau der neuen Ost-West-Straße, die am Rande der Altstadt verläuft, wurde 1948 begonnen. Sie wurde neben dem Schlossplatz im Tunnel kollisions- und lärm-frei geführt.

warschau 12Bereits im September 1939 war das Königsschloss von Fliegerbomben getroffen worden, wobei es teilweise ausbrannte. Die Kunsthistoriker versuchten unter Lebensgefahr Architekturdetails und Ausstattungselemente des Schlosses für den zukünftigen Wiederaufbau zu retten.

Im Warschauer Aufstand 1944 wurde die Altstadt stark umkämpft. Viele Häuser stürzten im Bombenhagel ein. Nach der Niederlage der polnischen Heimatarmee wurde die gesamte überlebende Bevölkerung vertrieben, in der menschenleeren Stadt zerstörten SS-Einheiten mit Flammenwerfern und Sprengsätzen daraufhin die noch übriggebliebenen Bauten. Auch das 1939 ausgebrannte Königsschloss wurde 1944 vollständig zerstört.

warschau 13Die Warschauer, die nach der endgültigen Befreiung am 18. Januar 1945 zurückkehrten, fanden fast nur unbewohnbare Ruinen vor. Von den 957 als historisch klassifizierten Gebäuden der Vorkriegszeit waren 782 komplett zerstört und 141 teilweise zerstört. In der Altstadt standen noch die massiven Erdgeschossmauern, aber die Obergeschosse waren vielfach eingestürzt.

Doch bald begann der Wiederaufbau. Zunächst mussten etwa 100.000 Minen entschärft werden. Am einfachsten wäre es gewesen, die Ruinen zu räumen und neue Häuser serienmäßig zu errichten. Aber man entschied sich, die Altstadt und das Königsschloss annähernd originalgetreu wiederherzustellen. Sie sollten ein Zeichen des Triumphes über die Besatzer darstellen. Der Wiederaufbau stand unter der Leitung von Jan Zachwatowicz.

Geschichtliche Hintergründe zur Altstadt von Warschau

warschau 14Im 13. Jahrhundert entstand die Warschauer Altstadt unweit des Weichselufers oberhalb einer steilen Böschung und neben der Burg der masowischen Fürsten, im ebenfalls im 13. Jahrhundert entstand. Die Stadt war zuerst von einem Erdwall umgeben, am Ende des 14. Jahrhunderts wurde eine Stadtmauer aus Backstein errichtet. Die Stadt bestand aus einem quadratischen Marktplatz und einem rechtwinkligen Straßennetz. Innerhalb der Stadtmauer befanden sich drei Kirchen: die St.-Johannes-Kathedrale, später entstanden die St.-Martins-Kirche und die Jesuitenkirche. In der Mitte des Marktplatzes wurde ein Rathaus errichtet. Warschau wurde 1413 zum Fürstensitz erklärt. Daraufhin wurde die Stadtmauer verdoppelt, ein Stadtgraben ausgehoben. Es gab zwei Stadttore: das Krakauer Tor vom Süden und das Neustadt-Tor mit einem Rondell vom Westen. Am Krakauer Tor, dicht an der Böschung, befand sich der Fürstensitz in einem rechteckigen, gotischen Gebäude.

warschau 151611 erhob der polnische König Sigismund III. Wasa Warschau zur Hauptstadt Polens. Die Stadt entwickelte sich rasch auch außerhalb der Stadtmauern weiter, insbesondere in südlicher Richtung entlang der Weichsel. Es entstanden prächtige Paläste und Bürgerhäuser, die Altstadt blieb dagegen fast unverändert. Aus der alten Fürstenresidenz wurde ein fünfeckiges Königsschloss. 1643 bis 1644 wurde auf dem Schlossplatz neben dem Krakauer Tor das Denkmal des Sigismund III. Wasa in Form einer Säule errichtet. Am Ende des 18. Jahrhunderts erhielt das Schloss eine schmucke Ostfassade im Stile des sächsischen Barocks. Die übrigen Fassaden blieben sparsam dekoriert. 1815, nach der Dritten Teilung Polens, kam Warschau als Hauptstadt des mit dem Zarenreich durch eine Personalunion verbundenen Kongresspolen unter russische Herrschaft, nach dem gescheiterten Aufstand 1831 und der Aufhebung der Autonomie wurde es zu einer russischen Provinzstadt. Die Altstadt verkam damals zum Armenviertel. Das Rathaus wurde abgerissen und die Stadtmauern mit Mietskasernen umbaut und teilweise abgebrochen.

1918 wurde Warschau wieder die Hauptstadt eines unabhängigen polnischen Staates. Die Altstadt wurde als Tourismusziel erneuert, die Bürgerhäuser am Marktplatz wurden 1928 von bekannten Malern geschmückt. Die Stadtmauern wurden teilweise von den Mietskasernen befreit und renoviert. Das ehemalige Königsschloss wurde 1926 zur Residenz des polnischen Staatspräsidenten.

Feierliche Eröffnung der Altstadt Warschau am 22. Juli 1953

warschau 18Am 22. Juli 1953 wurde die Warschauer Altstadt feierlich eröffnet. Die Häuser erhielten weitgehend das originalgetreue Aussehen, aber im Inneren wurden kleine Wohnungen nach dem damaligen Standard eingerichtet. Einige Wohnungen wurden bekannten Künstlern zur Verfügung gestellt.

Manche Bereiche, etwa die vor dem Krieg vielfach vier- bis fünfstöckig bebaute Ulica Nowy Świat (Neue-Welt-Straße) wurden auf zweistöckige Bebauungshöhe zurückgeführt und erhielten so einen kleinstädtischen Charakter. Aus heutiger Sicht wertvolle Bauten des Historismus und des Jugendstils wurden dabei zum Teil bewusst geopfert.

Der Wiederaufbau der Altstadt wurde erst um 1955 endgültig beendet.

warschau 16Der Wiederaufbau des Königsschlosses wurde allerdings wegen Geldmangels auf eine unbestimmte Zeit verschoben. Der Schutt wurde entsorgt, die Fundamente mit Erde verschüttet und mit Rasen bedeckt. Als der neue Parteisekretär Edward Gierek an die Macht kam, schlug er 1971 vor, den Wiederaufbau aus Spendengeldern zu finanzieren, was ihm eine allgemeine, aber kurzzeitige Sympathie brachte. Der Wiederaufbau dauerte etwa 17 Jahre. Es wurden die 1939 geretteten Details wiederverwendet. Im Königsschloss werden heute Kunstwerke aus den alten Sammlungen ausgestellt, darunter die für den Wiederaufbau Warschaus sehr wichtigen Vedute der Stadt von Bernardo Bellotto sowie auch neu gespendete Kunstobjekte. Die am Fuße des Schlosses befindlichen Kubicki-Arkaden bilden die Empfangshalle für Besucher und sind mit dem Erdgeschoss mit einer Rolltreppe verbunden.

Wir sind langsam etwas hungrig geworden und suchen aus dem breiten Angebot nach etwas passend Polnischem, was schnell gefunden ist: Pirogi und Bigos.

pierogiDie typisch polnischen Maultaschen sind unbestreitbar einfach lecker und gehören beim Warschau Besuch einfach dazu. Die Vielfalt der möglichen Füllungen ist riesig, von herzhaft bis süß. Zu den beliebtesten gehören Kohl und Pilze, Hackfleisch oder Hüttenkäse und Kartoffeln (pierogi ruskie). Normalerweise werden Pierogi mit geschmolzener Butter oder traditionellen polnischen Zwiebel- und Schmalzgrieben belegt und mit saurer Sahne serviert – sie schmecken nicht nur köstlich, sondern sind auch sehr sättigend.

Wobei das Bigos viel appetitlicher ist als es zunächst aussieht, denn es handelt sich um Sauerkraut mit gehacktem Fleisch, das mit polnischen Gewürzen gekocht wird. Dieser Eintopf ist ein perfektes Gericht, um einen zu sättigen und warm zu halten und wird am besten mit einer Scheibe Sauerteigbrot verzehrt.

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