Sarimsakli - Karl-Heinz Kraus erläutert die Umgebung

Sarimsakli - Karl-Heinz Kraus erläutert die Umgebung

Nachdem ich Ihnen bisher beschrieben habe wie ich in die Türkei an sich und dann nach  Sarimsakli im Besonderen kam, will ich heute doch etwas genauer über diesen Ort berichten.

Sarimsakli ist ein Ortsteil der Gemeinde Küçükköy. Und Küçükköy liegt etwa drei Kilometer von der Küste entfernt im „Hinterland“. Während das eigentliche Küçükköy ein kleines, verschlafenes Dorf ist, haben sich seine Ortsteile Sarimsakli und Badavut zu echten Urlaubszentren entwickelt. Wenn ich das Wort „Urlaubszentrum“ verwende, dann hat das allerdings nichts, aber auch garnichts mit einem Urlaubszentrum im Sinne von AlanyaBelek oder anderen bekannten Badeorten in der Südtürkei zu tun. Im Vergleich dazu ist Sarimsakli dann doch auch nur ein verschlafenes Dorf. Aber nicht jeder braucht halt den Trubel und die Auswüchse des Massentourismus.

In Sarimsakli finden Sie reichlich Hotels zu erschwinglichen Preisen, allerdings keine 5-Sterne-Hotels. Trotz manchmal vollmundiger Werbung sind es eben doch nur Mittelklassehotels. Natürlich gibt es auch Pensionen, Apart-Hotels und Privatzimmer. Wenn ich schreibe „reichlich“, dann gilt das aber nicht, wenn türkische Feiertage (z. B. das Ende der Fastenzeit) in die Haupturlaubszeit fallen. Da ist dann wirklich alles dicht, da finden sie kein freies Bett mehr. Die Leute schlafen dann sogar am Strand oder hausen einfach in ihren Autos. Ansonsten aber geht es doch eher gemütlich zu. Im Vergleich zu den bekannten Badeorten sind die Hotels hier auch viel kleiner, kaum eines hat mehr als 100 Zimmer und die meisten werden als Familienbetrieb geführt.

Ich glaube, dass es dafür verschiedene Gründe gibt. Ein Grund scheint die Tatsache zu sein, dass die Saison hier an der Westküste viel, viel kürzer ist als im Süden. Anfang Mai gehört mir der kilometerlange Sandstrand da fast noch alleine. Die paar Badenden um mich herum kann ich an zwei Händen abzählen, und für Anfang Oktober gilt das Gleiche. Sie sehen also, die eigentliche Saison dauert nur etwa vier Monate. Für große internationale Hotelketten zu kurz, um ordentlich Gewinn einzufahren. Deswegen verbringen hier vor allem die Türken selbst ihrenUrlaub. Ich schätze, dass mehr als die Hälfte aller Wohnungen in Sarimsakli als reine Ferienwohnungen genutzt werden. Wenn ich mich in „meinem“ Haus umsehe, da sind von 16 Wohnungen nur acht Wohnungen durchgehend bewohnt, die anderen nur während der Sommermonate. Auch die Tatsache, dass der nächste internationale Flughafen (Izmir) gut zwei Busstunden entfernt ist, mag da eine Rolle spielen.

Der Transfer. Für einen Pauschalurlauber kein Problem, der wird ja vom Flughafen aus direkt in sein Hotelgebracht. Ein Individualreisender muss sich schon selbst darum kümmern, wie er vom Flughafen aus zu seinem Reiseziel kommt. Das Einfachste ist es natürlich, sich in eines der wartenden Taxis zu setzen, wenn er das Flughafengebäude verlässt. Dummerweise geht das aber zu Lasten der Urlaubskasse, denn die Entfernung vomFlughafen in Izmir bis nach Sarimsakli beträgt doch knapp 180 Kilometer und die Taxifahrer verlangen zurzeit (Stand Oktober 2012) 200 Euro. Natürlich ist der Preis verhandelbar, aber wirklich billig wird die Fahrt nicht. Preiswerter bekommt man die Rückfahrt von Sarimsakli aus, wenn man da etwas verhandelt, zahlt man etwa 100 Euro. Ich fahre deshalb immer vom Flughafen aus für etwa fünf Euro mit dem „Havaş-Bus“, der direkt vor dem Ausgang des Flughafens parkt, zur „otogar“ (Busbahnhof) in Izmir und von dort aus geht dann stündlich (aber nur zwischen 07.00 h und 20.00 h) ein Linienbus der Firma „Sebat“ nach Sarimsakli. Der Preis hierfür betrug im Oktober 2012 nur etwa acht!!! Euro. Wer schon mit türkischen Linienbussen gefahren ist, der weiß, dass sogar ein kleiner Snack und Erfrischungsgetränke im Preis inklusive sind. Billiger geht’s nimmer.

Und vom Busbahnhof in Sarimsakli aus bis zu dem gebuchten Hotel oder der Pension ist es dann ja nur noch ein Katzensprung. Ich will hier keine Werbung für irgendeines der Hotels machen, zumal ja die Ansprüche und Erwartungen eines jeden Urlaubers anders sind, aber wer z. B. das „Gran Temizel“, ein vier-Sterne-Hotel, bucht, muss wissen, dass er doch sehr abgelegen am äußersten Ortsrand wohnt und entweder einen „schönen langen Spaziergang“ machen oder wieder ein Taxi nutzen muss um in den Ortskern zu gelangen. Nicht ganz so weit außerhalb, am entgegengesetzten Ortsende liegt das „Billurcu“, eher ein Familienhotel. Der Vorteil hier, man spricht deutsch. Die Besitzer, eben die Familie Billurcu hat viele Jahre in Nürnberg gelebt, einer der Söhne betreibt hier immer noch, sicher nicht zum Schaden der Eltern, ein Reisebüro. Wer direkt am Strand wohnen will, der sollte sich nach den „Berk-Hotels“, dem „Mare“ oder dem „Oliviera“ erkundigen. Ein kleines Stückchen dahinter, sozusagen in der zweiten Reihe finden sich das „Kalif“, das „Milano“ oder das „prens yildiz“ um nur drei zu nennen. Die Hotels in der ersten Reihe werden übrigens durch eine (Einbahn-)straße vom eigentlichen Strand getrennt. Das klingt jetzt aber dramatischer als es in Wirklichkeit ist. In der Nebensaison ist da einfach kein Betrieb und die paar Autos oderMotorräder stören einfach kaum, in der Saison ist die Straße abends gesperrt und dient als Boulevard. Da wäre dann aber eine Sperrung garnicht nötig, weil sich kaum ein Fahrzeug durch den Touristenstrom bewegen könnte.

Entlang dieser Straße, die jetzt auch schön ausgebaute, breite Gehwege hat, finden Sie zahlreiche Hotels, Restaurants, Cafés, Eisdielen, aber auch Souvenirläden, ein paar Einkaufspassagen, immer wieder Verkaufsstände für Nüsse (Studentenfutter), gefüllte Muscheln, Backofenkartoffeln, oder, oder, oder.
Verhungern oder verdursten muss hier also niemand. Dass die Preise in den Restaurants etwas höher sind als in der nahen Stadt Ayvalık ist eben durch den Tourismus begründet. Aber erstens gibt es auch in Sarimsakli durchaus preiswerte Lokale, und zweitens kann man jederzeit mit dem städt. Bus oder einem der zahlreichen Sam-meltaxis (Dolmuş) nach Ayvalık fahren. Für einen Einkaufsbummel empfehle ich das sowieso, wie ich aber auch schon geschrieben habe.

Was kann Sarimsakli aber außer seinem wirklich tollen Sandstrand und seinem klaren Wasser bieten? Wer nicht nur den ganzen Tag in der Sonne rösten möchte, der kann von hier aus auch viele interessante, sehr geschichtsträchtige Orte leicht erreichen:
Bergama, knapp 50 km südöstlich gelegen lässt sich leicht mit einem Dolmuş (von Ayvalık aus) erreichen, oder man mietet sich ein Auto und fährt nicht auf der Haupt-straße, sondern „über Land“ nach Kozak und weiter bis nach Bergama durch herrliche Pinienwälder über einen Gebirgskamm und neben einem Gebirgsbach (dort kann man auch frische Forellen essen).

Troja liegt etwa 150 km nördlich. Um hierher zu fahren empfehle ich auf jeden Fall einen Mietwagen.
Von Ayvalık aus bietet sich auch eine Fahrt mit einem Ausflugsboot nach Assos an, das Luftlinie rund 50 km entfernt ebenfalls in nördlicher Richtung liegt.
Und da wir schon bei Schiffsausflügen sind, muss man einfach mal eine „Inseltour“  mitgemacht haben. Jeden Vormittag starten Ausflugsschiffe vom Hafen in Ayvalık zu ihren Inseltouren. Dazu muss man wissen, dass Ayvalıkvon 23 kleinen Inseln umgeben ist. Ihr Kapitän wird sie zu malerischen Badebuchten bringen (manche Boote verfügen auch über eine Wasserrutsche), eventuell können Sie Muscheln tauchen, und auf jeden Fall gibt es reichlich zu essen (gegrillter Fisch, Salat und Brot). Meistens wird auf der Rückfahrt auch nochmal Halt auf „Cunda“ gemacht. Für einen türkischen Mokka empfehle ich Ihnen da auf jeden Fall das „taş kahve“. InDeutschland hieße es wohl „Cafe Stein“.

Überhaupt „Cunda“ oder auch „Alibey“. Das ist eine Insel die mittels eines Dammes mit Ayvalık verbunden ist. Man kann also mit dem Bus aus hierherfahren, oder aber, was viel schöner ist, mit der Fähre von Ayvalik aus. Die Fahrtzeit beträgt so etwa 20 Minuten. Früher von Griechen bewohnt sieht man heute noch die Überreste deren Baukunst. Die engen Gassen, die Häuser mit den typischen Fensterbalkonen, die gepflasterten Straßen. Und der einmalig schöne Blick von einem der vielen Cafés oder Restaurants von der Hafenmauer aus aufs Meer. Wer etwas auf sich hält, der kommt am Wochenende mit Familie und Freunden hierher zum Fischessen in eines der zahllosen Fischrestaurants. Aber seien Sie beim Bestellen vorsichtig! Der Restaurantangestellte zeigt Ihnen eine derartige Vielfalt an kalten und warmen Vorspeisen, dass Sie da schnell den (finanziellen) Überblick verlieren. Und auch beim Fisch, dem eigentlichen Hauptgericht, sollten Sie vorher die Preise vergleichen und durchaus auch verhandeln. Oft werden Sie trotzdem zu viel bezahlen, aber wenn Sie den Preis vorher heruntergehandelt haben, fühlen Sie sich wenigstens etwas besser dabei. Samstags ist immer Basar, hier auf Cunda ist er aber recht klein, eigentlich nur ein Obst- und Gemüsemarkt.

Wer einen richtigen Basar erleben will, der muss donnerstags nach Ayvalık kommen. In den engen Gassen der Altstadt und in Teilen der Fußgängerzone findet man hier alles nur Erdenkliche. Von der Rattenfalle bis zum (gefälschten) Chanel Parfum, vom Gummistiefel bis zu Damen-Dessous. Dazu Marktschreier von denen auch die bekannten Marktschreier (Aal-Uwe und Kollegen) aus Hamburg noch was lernen könnten. Und dazu ein Gedränge wie in einem Arbeiterbus der zur Frühschicht fährt. Der Obst- und Gemüsemarkt ist etwas abgesetzt und überdacht. Außer dem tollen Obst und dem frischen Gemüse finden Sie hier auch Käse, Oliven und Eier, sowie andere Lebensmittel. Wer etwas sucht, der stößt auch auf den „Bauernmarkt“. Hier bieten die Bauern aus der Umgebung ihre Erzeugnisse an. Die sind optisch oft nicht so schön, kommen aber (immer???) aus der Region und sind geschmacklich den Produkten der Händler oft überlegen. Sie brauchen ein lebendes Huhn oder ein paar Küken? Kein Problem, „hier werden Sie geholfen“.
Sie wollen auch am Sonntag frisches Obst? Auch das ist kein Problem. In Ayvalık im Ortsteil Armutcuk ist sonntags Markt. Auch dieser Markt ist überdacht und es gibt sowohl eine non-food als auch eine food Abteilung.

Und da wir schon beim Basar sind, natürlich hat auch Sarimsakli seinen Basar. Der ist immer dienstags, gegenüber der Post und seit zwei Jahren ebenfalls überdacht. Das mit dem „überdacht“ schreibe ich immer wegen der Hitze und der Sonne in den Sommermonaten. Aber wer mal im Winter oder zeitigen Frühjahr hierherkommt und einen kräftigen türkischen Landregen abkriegt, der weiß so eine Überdachung ebenfalls zu schätzen.
Wer nach Sarimsakli kommt, für den ist ein Ausflug zum „şetan-sofrası“ einfach ein Muss. Dabei handelt es sich um einen Aussichtspunkt, etwa fünf Kilometer von der Ortsmitte entfernt. Eine geteerte Straße zieht sich in leichten Serpentinen vom Meer her kommend durch Pinienwälder einen Berg hoch. Oben angekommen finden Sie einige Lokale. Vor allem aber haben Sie von hier aus einen überwältigenden Ausblick auf die vielen Inseln bis nach Ayvalik und ganz am Horizont nach Lesbos. Gerade zum Sonnenuntergang kommen Busse aus der näheren und weiteren Umgebung, um dieses Schauspiel zu genießen.  Seinen Namen hat dieser Berg vom Abdruck eines überdimensionalen „Fußes“ im Fels. Der Sage nach soll dieser Abdruck vom Teufel stammen, und da der Berg sehr felsig ist, heißt er eben „Teufelsfelsen“.

Wer einfach nur etwas spazieren gehen will, der sollte mal nach Badavut laufen oder sich dafür ein Fahrrad leihen. Vom Ortskern aus bis zur Strandpromenade und dann immer weiter, über das genannte HotelBillurcu hinaus, vorbei am ehemaligen Lager der jandarma  (Militärpolizei), die hier aber auch polizeiliche Aufgaben übernimmt. „Jandarma“ ist gleich „Gendarmerie“. Sie sehen, beide Worte haben den gleichen Ursprung. Bis Sie nach Badavut kommen. Auch hier finden Sie einen schönen Badestrand. Insgesamt ist Badavut noch viel kleiner als Sarimsakli. Ein Stück hinter Badavut gibt es einen Salzsee mit vielen Vogelarten. Am dortigen Strand finden Sie auch Bademöglichkeiten wo Sie ganz alleine für sich sind.

Wer möchte, kann natürlich auch einfach am Strand entlanglaufen. Wenn Sie das in östlicher Richtung machen, dann kommen sie nach ca. 2 km am bereits erwähnten Hotel „Gran Temizel“ vorbei und etwa auf dieser Höhe liegt auch der Flughafen von Sarimsakli. Ja, Sie haben richtig gelesen: der Flughafen. Aber Sie werden hier wohl kaum von Fluglärm gestört werden, weil hier nur gelegentlich mal ein kleines Sportflugzeug landet. Als Startbahn dient einfach der ausgetrocknete Boden, einen Tower gibt es nicht. Allerdings können sie hier auch einen Rundflug über Sarimsakli buchen. Nochmals ungefähr drei Kilometer weiter gelangen Sie dann an eine Meer-salzgewinnungsanlage. Sie sehen große, flache Becken aus denen das Wasser einfach verdunstet und das Salz als Kruste zurückbleibt. Dieses grobe, ungereinigte Salz türmt sich dann in großen Hügeln auf, bevor es zur Reinigung in die Salzfabriken gelangt. In diesen flachen Becken steht auch immer eine ganze Anzahl von Flamingos. Nicht nur Flamingos, auch Wildschweine lieben ja Salz und suchen die Saline deswegen vor allem nachts gerne auf.

Karl-Heinz Kraus

Bitte lesen Sie auch:

Wie ich nach Sarimsakli kam - Teil 1 Erste Kontakte

Wie ich nach Sarimsakli kam - Teil 2 Wohnungssuche

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