370er Zwiebelmarkt in Weimar – 2. Oktoberwochenende

370er Zwiebelmarkt in Weimar – 2. Oktoberwochenende

Wer am zweiten Oktoberwochenende nach Weimar kommt, erlebt den berühmten Weimarer Zwiebelmarkt, das älteste und größte Volksfest Thüringens mit rund 360.000 Besuchern. Immer am zweiten Oktoberwochenende wird drei Tage lang gefeiert - die 370. Ausgabe findet vom 13. bis 15. Oktober 2023 statt.

Im Oktober hat Weimar neben Goethe und Schiller noch etwas ursprünglich – volkstümliches zu bieten: den Zwiebelmarkt, von dem auch der traditionsbewusste Goethe als „berühmtes Marktfest" in seiner Volkstümlichkeit schwärmte.

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Auch er widmete einige Zeilen dem Zwiebelmarkt und der wohltuenden Wirkung der Zwiebel. In einem Brief an Caroline Satorius vom 7. November 1806 schrieb der Dichter: „Daß die vegetabilischen Späße ihre gute Wirkung getan haben, freut uns recht sehr. Versäumen sie nur nicht, jährlich dergleichen bei uns von diesem Markte abzuholen.

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Aber auch um die Entstehung des Marktes und die von Goethe so hoch geschätzte „vegetabilische Wirkung" ranken sich, liebe Leserinnen und Leser, einige Sagen, wie es in der Natur eines jedes Volkes üblich ist. Zwar entstanden auch in anderen Städten Zwiebelmärkte, doch die meisten Händler und Käufer strömten aus ganz Mitteldeutschland nach Weimar auf den Frauenplan, um sich neben anderen Kräutern und Gemüsesorten auch mit Zwiebeln zu versorgen.

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Neben dem Markttreiben standen natürlich auch die sozialen Kontakte im Vordergrund und man traf sich nicht nur des Handels wegen, sondern auch des leiblichen Wohles. In den Unterkünften der Händler, die neben privaten auch Gasthäuser waren, gesellte sich alles Volk munter zusammen, aß und trank gemeinsam und erzählte sich Geschichten.

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Eine Mundartdichtung aus den Mittdreißigern des 20. Jahrhunderts von Oskar Wilhelm Imhof schildert eindrucksvoll dieses bunte folkloristische Treiben rund um die Zwiebel, den Markt, Thüringer Köstlichkeiten, wie „Kließe mät Rindfleisch onn Zebblbrih" und „Zebblkuchen".

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Der Zwiebelmarkt galt also als lohnbringende Alternative für viele Händler. Doch mit dem Ersten Weltkrieg wurde dem wirtschaftlichen Aufschwung des Zwiebelmarktes ein jähes Ende gesetzt. Händler und Käufer blieben aus und mussten sich an der Front verdingen. Durch die Kriegssituation und die damit verbundenen Nöte, wurde der Markt im Jahre 1917 sogar abgesagt.

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Die Flaute hielt bis ca. 1921 an, doch schon ein Jahr später kam das nächste Unheil über den Zwiebelmarkt, die Inflation. Die Namensgeberin des Marktes führte mit den enormen Preiserhöhungen und durch die Entwertung des Geldes die Spitze der Kosten für die zu verkaufenden Güter mit an: 500g Zwiebeln kosteten 60.000 Mark.

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An oberster Stelle aber stehen 500g Majoran für 100.000 Mark. In seiner sozialkritischen Novelle „Miele. Ein Charakterbild" stellt Johannes Schlaf die gesellschaftlichen Unterschiede zwischen den Ständen dar. Die Novelle gilt als „abgerundete" literarische Verarbeitung des Zwiebelmarktes.

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Weitere literarische Verarbeitungen beschränken sich allerdings auf anonyme Gedichte, die den Ablauf des Ereignisses beschreiben. Auch versuchten die Nationalsozialisten den Zwiebelmarkt für ihre Propaganda zu gewinnen.

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Doch auch trotz dieses dunklen Abschnittes in der Geschichte Deutschlands verlor der Weimarer Zwiebelmarkt nicht an Popularität und konnte sich auch nach dem Zweiten Weltkrieg wieder als feste Größe im kultur- und tradionsbewussten Weimar etablieren.

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Zwar ist der Markt heute nicht mehr nur auf den Handel mit dem beliebten Gemüse ausgelegt, aber die vielen folkloristischen Stände, die kunstvoll geflochtenen Zwiebelzöpfe und der süßlich-herbe Duft des Weimarer Zwiebelkuchens erinnern noch immer an die Zeit seiner Entstehung und lassen das geschäftige Treiben vergangener Zeiten wieder aufleben.

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