Das Marientor in Naumburg – eine baulich seltene Barbakane

Das Marientor in Naumburg – eine baulich seltene Barbakane

Wir waren erneut in Naumburg unterwegs, waren dabei zunächst durch die historische Altstadt und dann entlang der Marienmauer zum Marientor geschlendert, dem einzig noch erhaltenen Stadttor der ehemals mit fünf Toren versehenen Stadtbefestigung Naumburgs.

Schon während des Sächsischen Bruderkrieges waren die Stadttore Naumburgs stärker befestigt worden und im Zuge dessen hatte das Marientor im Jahr 1446 eine doppeltorige, zwingerartige Anlage, eine sogenannte Barbakane erhalten, was in der Historie des Erhalts mittelalterlichen Stadtbefestigungen heute einen sehr selten erhaltenen Baukörper darstellt.

marientor naumburg 07Die Barbakane ist ein dem Tor einer spätmittelalterlichen bzw. renaissancezeitlichen Burg oder Stadtmauer vorgelagertes Verteidigungswerk in Form einer runden oder eckigen Bastei. Die in klassischer Baumanier runde Bauform diente als Kanonenbastion ohne Vorzugsrichtung für das Richten der dort frei aufgestellten Kanonen. Die Barbakanen entstammen dem Versuch, in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts auf die Feuerwaffen zu reagieren, indem man den Toren gut zu verteidigende, zusätzliche Wehr- und Schutzbauten vorschaltete. Später wurden die sogenannte Raveline in ähnlicher Funktion eingesetzt.

Einige Ereignisse in der Geschichte Naumburgs

marientor naumburg 02Naumburg entwickelte sich seit dem 11. Jahrhundert zu einer Stadt und in den Annalen der Stadt wird im Jahr 1287 erstmals eine Stadtbefestigung erwähnt. Das Stadttor befindet sich im Nordosten der Altstadt Naumburgs, wo Marienmauer, Postring und Marienstraße aufeinandertreffen, schräg gegenüber der heutigen Hauptpost und / oder dem Straßenbahndepot.

In den Jahren 1456 bis 1458 wurde das Marientor durch den Baumeister Valentin Weise tiefgreifend umgestaltet, im Jahr 1511 renoviert und 1531 um eine steinerne Grabenbrücke ergänzt. Eine weitere Wiederherstellung erfolgte im Jahr 1704. Die Wehrmauer an der Westseite weist Schießscharten auf. Da der Wehrgang auch Schussmöglichkeiten nach innen bietet, handelt es sich bei dem inneren Gelände um einen sogenannten Fanghof.

marientor naumburg 03Der Name Fanghof kam daher, weil man die Angreifer hindern wollte schnell in die Stadt zu kommen. Bei einem feindlichen Angriff und Durchbruch des ersten Tores, nach dem Sturm des Hofes, konnten die Angreifer mit einem Fallgitter daran gehindert werden nach Beschuss, den Fanghof wieder zu verlassen. Es konnte so auch innerhalb der Toranlage weiter verteidigt werden. Der viereckige Turm im Südwesten der Toranlage besitzt ein Kegeldach und Zinnen.

Das vielgestaltige Aussehen erklärt sich aus unterschiedlichen Fenstern und Toren (teils gotische Spitzbogen, teils flache Bögen), Backsteinelementen (Kielbögen, Kreuzbogenblenden), dem stadtseitigen Giebel mit Rautenblenden, Fledermaus- und Schlepp-Dachgauben, unterschiedlich großen Gebäudeteilen sowie dem Stadtwappen, einer Inschrifttafel und einer Figurennische mit Marienfigur von Peter Hummelshain (Naumburg) aus dem Jahr 1456, die später um einen hölzernen Knaben ergänzt wurde.

marientor naumburg 04Außen- und Innentor schließen den von einem spätgotisch dekorierten Wehrgang umgebenen Hof ein. Das äußere Tor wurde im 90 Grad Winkel zum Weg angebracht. Grund ist, dass das Tor hierdurch nicht direkt angegriffen (gerammt) werden konnte. Sollte das Eindringen doch erfolgen, so mussten die Angreifer anschließend noch das innere Tor durchdringen. Bei einem solchen Versuch konnten die Angreifer im Fanghof weiterhin von den Wehrgängen und dem sich am Innentor anschließenden quadratischen viergeschossigen Tor aus bekämpft werden.

Spätere Nutzung und heutiges Museum Marientor

Die zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert auch als Gefängnis genutzte Anlage wurde von 1997 bis 2000 umfassend saniert. Sie steht als Baudenkmal unter Denkmalschutz. In den Innenräumen des Torgebäudes befindet sich eine Ausstellung zur Geschichte der Naumburger Stadtbefestigung, zudem kann man den Turm besteigen. Beides kann von Ende März bis Anfang November besichtigt werden. Zudem dient es als Kulisse für Open-Air-Veranstaltungen. Das Marientor fungiert auch als Puppentheater des Theater Naumburg.

marientor naumburg 05Im Sommer finden im Innenhof und vor der Kulisse des Marientors auf dem Marienplatz Open-Air-Veranstaltungen statt (Mittsommernacht, "Neun Naumburger Nächte", Sommertheater, Open-air Kino, Sommerausklang am Marientor).

Wir empfehlen die Besichtigung des Wehrgangs und der Innenräume des ehemaligen Wehrturmes, in dem die Torwächter und Wärter lebten und der vom 16. bis zum 19. Jahrhundert auch als Gefängnis diente. Nach Abschluss der komplexen Sanierung des Marientors (1997-2000) wurde hier eine informative Dauerausstellung eingerichtet.

Öffnungszeiten: April bis 6. November - täglich: 10.00 - 16.30 Uhr

Kontakt: Stadtmuseum ''Hohe Lilie'' - Telefon: 03445 703503, 20 06 48

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