Gasometer oder Gasbehälter - Zeugnisse der Industriekultur
- Geschrieben von Portal Editor
Man findet Gasbehälter oder Gasometer als Großbauten der Industriekultur noch vielerorts wie beispielsweise Pforzheim oder Leipzig, wo diese ehemaligen Gas- oder Speicherbehälter zur Versorgung der Städte mit Stadtgas oder zur Bevorratung dienten, obwohl sie heutzutage oftmals komplett anders genutzt werden.
Ob nun, wie in Dresden zur Ausstellung der 360° Grad Bilder des Yadegar Assisi zum Thema Amazonasurwald oder anderswo als reine Überbleibsel gründerzeitlicher Industriekultur, die einst als städtischer Speicher für die Lagerung von Gas, Tabak, Wolle, Gewürzen oder Stoffen genutzt wurden.
Kurzer Exkurs in die Geschichte des Stadtgases im Gasometer
Aber verbleiben wir zunächst in Dresden, denn einmal mehr hatte uns die Ausstellung „Amazonien“ hierhergebracht und so war es wenig verwunderlich, sich auch mit den hiesigen Gasbehältern oder Gasometer etwas näher zu beschäftigen. Die ersten beiden Gasbehälter in Dresden wurden von 1887 bis 1891 durch den Baumeister Theodor Friedrich und im Jahr 1909 wurde ein dritter Gasbehälter durch Hans Erlwein errichtet. Damals mit Stadtgas oder Leuchtgas bezeichnet, war dieses Gas ein ab der Mitte des 19. Jahrhunderts weithin übliches Brenngas, das zumeist in städtischer Regie durch Kohlevergasung hergestellt wurde. Stadtgas diente zur Beleuchtung von Straßen und Wohnungen und dort auch zum Betreiben von Gasherden und Gasdurchlauferhitzern. Stadtgas stellte ein Gasgemisch aus verschiedenen Gasen dar. Die genaue Zusammensetzung war je nach Gaswerk und Herstellungsverfahren, der Art der Gaswäsche und auch der verwendeten Kohle verschieden.
Leider führte das Einatmen von Stadtgas oft zu so genannten Kohlenstoffmonoxidvergiftungen und daher zu zahlreichen Todesfällen, unter anderem durch suizidalen Missbrauch („Aufdrehen des Gashahns“). Wegen der als „sanft“ empfundenen Giftwirkung des Kohlenmonoxids wurde die Methode bei ca. 20 % der Selbsttötungen angewandt. Heute steht Erdgas in den öffentlichen Gasnetzen als brennbares Gas technisch relativ unkompliziert zur Verfügung, was eine Kohlevergasung zur Stadtgasherstellung überflüssig macht, womit auch Gasometer nicht mehr benötigt werden. In Deutschland wird Stadtgas heute nicht mehr hergestellt. In Ländern mit großen Kohlevorkommen und ohne größere Erdgasvorkommen (z. B. China) wird es jedoch noch weiterhin in Haushalten genutzt. Mit Erdgas sind Suizide in Form der Vergiftung durch Einatmen fast unmöglich.
Architekt Hans Erlwein - Zweckmäßigkeit, Klarheit, Schlichtheit, Gliederung des Aufbaus
Der Architekt Hans Erlwein erschuf mit der Errichtung des Gasbehälters III ein imposantes Bauwerk, welches den hohen Anforderungen der Kunststadt Dresden und seiner Funktionalität gerecht wurde. Da der Gasbehälter weithin sichtbar in unmittelbarer Nähe der Innenstadt steht, versuchte Erlwein, die Wirkung der großen Gebäudemasse durch die Form typisch barocker Bürgerhäuser und die kleinteilige Dachlandschaft im Stadtbild abzumildern. Die beachtlichen Maße seiner Konstruktion sowie die erstmalige Verwendung eisenarmierten Betons waren für die damalige Zeit ein absolutes Novum (man bedenke, dass bereits die alten Römer vor 2.000 Jahren Betonbauten errichteten, eine Technik, die dann über hunderte von Jahren vergessen war!).
In den knapp zehn Jahren seiner Tätigkeit als Stadtbaurat in Dresden entstanden unter seiner Leitung etwa 150 Gebäude, die wesentlich das neuzeitliche Stadtbild prägten. „Zweckmäßigkeit, Klarheit, Schlichtheit, Gliederung des Aufbaus und der Einordnung in die Umgebung“ sowie Anlehnung an die örtliche Bautradition zeichneten seine Entwürfe aus, mit denen er den Historismus der vergangenen Jahre überwand.
1907 begannen die Bauarbeiten unter der Leitung des Stadtbaurates und Architekten Hans Erlwein. Die architektonische Schwierigkeit lag darin, den Behälter so zu gliedern, dass seine Ansicht von allen Punkten aus betrachtet harmonische Maße und Flächen aufwies. Die Lösung Erlweins: Die Verlagerung der Treppen in fünf Treppentürme, so das aus jedem Blickwinkel immer drei Treppentürme sichtbar waren. Innerhalb eines Jahres wurde das Sperrwasserbecken ausgeschachtet, der Unterbau errichtet sowie der Überbau und die Dachkonstruktion montiert. 1908 erfolgte der Einbau des Glockengasbehälters, sein Fassungsvermögen betrug 110.000 m3 Stadtgas, und in der Folge die Inbetriebnahme des Gasbehälters.
1916 wurden nach Entwürfen von Hans Poelzig Werksbauten hinzugefügt. Später kam noch ein Gasbehälter in Metallkonstruktion hinzu (Scheibengasbehälter 1958). 1973 wurde die Gaserzeugung eingestellt, 1974 der erste Gasbehälter abgetragen.
Vom Industriebau zur repräsentativen Ausstellungshalle Gasometer
Von dem Komplex der Gasanstalt erhalten sind heute die repräsentative Toranlage mit Pförtnerhaus, die massive Ziegelummauerung des runden Gasbehälters von 1879 und der ebenfalls runde Stahlbetonbau des Gasbehälters von 1909 erhalten. Der ältere Bau wurde über einem Sockelgeschoss mit Putzquaderung errichtet, die gekuppelten Rundbogenfenster sind im ersten und zweiten Obergeschoss von hohen Blendbögen überfangen.
Der ehemalige Dresdner Gasspeicher ist seit 2006 der zweite feste Ausstellungsort für Yadegar Asisis Panoramakunstwerke und gilt seither als Geheimtipp unter den Museen in Dresden. Für die Panoramaausstellung wurde er komplett umfunktioniert und zeigt, wie Industriedenkmäler in der Gegenwart nachhaltig genutzt werden können. Das imposante Bauwerk wurde 1880 aus Sandstein erbaut und versorgte, als einer von insgesamt drei Gasometern auf dem Gelände in Dresden-Reick, die schnell wachsende Großstadt Dresden mit Stadtgas.
Der imposante Stahlbetonbau des dritten Gasbehälters besteht aus dem zylindrischen, über sechs Geschosse reichenden hüllenartigen Körper, der von fünf kubischen Treppentürmen gehalten zu werden scheint. Der alte Erlwein-Gasbehälter III, ist heute also nur noch als Ruine gegenüber vom Ausstellungsgebäude zu sehen, dabei ist er fast genauso hoch wie der Turm der Frauenkirche, allerdings ohne Kreuz.
Der Besuch des Dresdner Gasspeicher bietet folglich weit mehr als nur der Besuch eines der Panoramen von Yadegar Asisi. Aber sehen Sie selbst.
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