Mittelalterliche Mauerreste, Türme und Tore in Jena

Mittelalterliche Mauerreste, Türme und Tore in Jena

Vom Campingplatz "Unter dem Jenzig" führte unser Weg auf dem asphaltierten Radweg entlang der Saale bis hinein in das Stadtzentrum von Jena, vorbei an der Universität sollte es heute um die Erkundung der Überreste der einstigen Befestigungsanlagen des mittelalterlichen Jenas gehen.

Auch die hiesigen Stadtmauern waren in erster Linie Befestigungsanlage zum Schutz vor Angreifern. Sie umgab die Ortschaft ganz oder teilweise, je nach Gelände wurden auch natürliche Vorkommnisse wie die vorhandenen Felsen einbezogen. Die Stadtmauer konnte nur durch die Stadttore passiert werden. Eine Wehrmauer zu errichten war im Mittelalter ein Privileg, das durch das Befestigungsrecht verliehen wurde. Die Wehrmauer wurde damit zum Merkmal einer Stadt oder eines Marktes. Das Stadt- oder Marktrecht war aber nicht automatisch mit dem Befestigungsrecht verbunden. Umgekehrt gab es im Mittelalter auch mit Mauern befestigte Dörfer, beispielsweise im Thüringer Becken und in den Weinbaugebieten Südwestdeutschlands.

Seit der Antike bis in die Neuzeit sind Stadtmauern ein fast unabdingbarer Bestandteil jeder Stadt. Oftmals wird diskutiert, ob altgriechische Städte bereits in archaischer Zeit allesamt Stadtmauern besaßen. Während der Zeit der Pax Romana gab es jedenfalls Ausnahmen, wie z. B. das antike Rom selbst, das bis um 270 keine brauchbaren Mauern besaß, da es sich auf die Legionen als Schutz verließ. In dieser Phase wurden Städte im Kernbereich des Römischen Reiches oft allenfalls aus Prestigegründen ummauert (manch eine civitas besaß zwar Stadttore, aber keine Mauern). In der Spätantike änderte sich dies aber.

Im 13. Jahrhundert verliehen die Herren von Lobdeburg dem Marktort Jena das Stadtrecht. Dieses umfasste auch das Recht zur Errichtung wehrtechnischer Anlagen und Bauten. Seit Beginn des 14. Jahrhunderts besaß Jena eine steinerne Befestigungslinie, die eine annähernd rechteckige von 500 auf 400 Meter umschloss, was fast der Größe eines römischen Kastells entspricht.

Aufgabe der Stadtbefestigung war aber nicht allein der Schutz der Bürger vor militärisch organisierten Angriffen oder kriminellen Übergriffen, sondern auch die Kontrolle der Besucher und Warenströme, die in die Stadt flossen. Zugleich waren die Stadtmauern augenscheinliche Trennlinien zwischen dem vor den Stadttoren geltenden Landrecht und der rechtlichen Selbstorganisation im Stadtgebiet.

Die Stadtmauer von Jena mit den stadtseitigen Wehrgängen war ein bis 8 Meter breiter Graben vorgelagert. Auf der West-, Süd- und Ostseite befanden sich Stadttore, die die wichtigen Verbindungsstraßen zu den Fern- und Handelswegen führten. Die vier Ecken der Befestigungsanlagen wurden im späten Mittelalter durch vorgeschobene Türme bzw. Bastionen besetzt.  

Der längste oberirdische erhaltene Abschnitt der mittelalterlichen Stadtmauer Jenas befindet sich zwischen dem Johannistor, dem einzig noch bestehenden Stadttor und dem Pulverturm, dem nordwestlichen Eckturm mit seinem vor gelagerten Geschützrondell. Der Mauerzug geht auf umfassende Erneuerungsarbeiten im 15. und 16. Jahrhundert zurück und hat eine Länge von 52 Metern.

Wie auch in den anderen Bereichen der Jenaer Stadtbefestigung wurden Muschelkalkstein und in geringem Umfang Buntsandstein verarbeitet, Materialien, die an den umliegenden Hängen gebrochen werden konnten. 

Daneben gibt es noch die Turmüberreste der alten Stadtmauer. Dazu gehören der 1995 bei Sanierungsarbeiten eingestürzte, aber inzwischen wieder aufgebaute Rote Turm am südöstlichen Ende, der Anatomieturm, in dem Johann Wolfgang von Goethe mit Justus Christian Loder den Zwischenkieferknochen entdeckte, am südwestlichen Ende und das Johannistor am westlichen Ende des historischen Stadtkerns. Vom Johannistor verläuft ein kurzes Mauerstück, auf dem das so genannte Haus auf der Mauer steht, bis zum ehemaligen Pulverturm im Nordwesten des Stadtkerns.

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