Olynth - einst politisches Zentrum von Chalkidiki

Olynth - einst politisches Zentrum von Chalkidiki

Unsere Erkundungen auf Chalkidiki hatte uns auch zur Ruinenstadt Olynth geführt, trotz der jetzt sommerlich heißen Temperaturen, ein absolut sehenswerter Zielort.

In parkähnlicher Landschaft findet der Besucher das Ruinenfeld Nord der antiken Stadt Olynth mit Schautafeln und Erläuterungen gut aufbereitet vor, wobei die Ausgrabungen in anderen Stadtteilen noch kontinuierlich fortgesetzt werden. Das Besonders am Ruinenfeld Nord ist die auffallend enge Bebauung, man kann fast von verdichteter Reihenhausbebauung sprechen, die sich entlang der Straßen ziehen. Deutlich sichtbar ist die Vorplanung der Stadt entlang des Straßensystems, keine gewachsenen Strukturen im Vergleich zu anderen Städten. Sehr interessant sind auch die gut erhaltenen Bodenmosaike in einigen der Häuser, allerdings sind nicht alle aufgefundenen Mosaike aufgrund ihres Schutzes von Umwelteinflüssen sichtbar. Hier empfehlen wir die weitere Recherche in den Publikationen des Archäologen Robinson, in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts als Archäologe in Olynth tätig, der in seinen Publikationen Aquarelle der Mosaike gefertigt hat.

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Olynth - antike Großstadt am Toronäischen Golf

b_450_450_16777215_00_images_griechenland_halkidiki_sithonia-wandern-034.jpgOlynth war vor mehr als 2.000 Jahren eine antike Großstadt, die etwa 4 km landeinwärts nordwestlich vom Ende des Toronäischen Golfes lag, die moderne Hauptverkehrsstraße Richtung Sithonia (2. Finger) liegt in unmittelbarer Umgebung. Die Stadt wurde auf Hügeln östlich des Flusses Vatunia (in der Antike: Sardanos) gegründet, die sich 30 bis 40 m über das Umland erheben. Das Stadtgebiet umfasste die fruchtbare Flussebene, die im Norden und Osten an die Ausläufer der Berge um Polygyros und im Westen an eine zum Vatunia parallel verlaufende Steilstufe grenzt.

Die Perser unter Xerxes unterwerfen Olynth

480 v. Chr. musste sich Olynth den Persern unter Xerxes unterwerfen, zu dem Zeitpunkt wurde die Stadt auch erstmals in Urkunden erwähnt, in denen der Zusammenschluss (Synoikismos) mit den Küstenstädten Mekyberna, Singos und Gale beschrieben wird. Ein Jahr später, nach der persischen Niederlage bei Salamis 479 v. Chr., ließ der persische General Artabazos das inzwischen aufständische Olynth angreifen und die dort lebenden Bottiaier umbringen. Die Stadt wurde anschließend einer griechisch chalkidischen Bevölkerung übergeben. Daraufhin entwickelte sich die Stadt zu einer Vormacht innerhalb des Chalkidischen Städtebundes.

Nach einer kurzen Mitgliedschaft im zweiten Attischen Seebund 378 v. Chr. bis 377 v. Chr. war es den Städten auf der Chalkidiki gelungen, ihr altes Bündnis zu erneuern. Der Chalkidische Bund gewann in den folgenden zwei Jahrzehnten wieder an Macht und Bedeutung und besaß zeitweise über 30 Mitglieder. Allerdings wurde er in den Kampf um die Vorherrschaft in der Ägäis zwischen Athen und dem aufsteigenden Makedonien unter Philipp II. hineingezogen. Mit der Eroberung von Pydna, Mitglied des Attischen Seebundes, durch Philipp II. im Jahr 357 v. Chr. sah sich Athen gezwungen, Makedonien den Krieg zu erklären.

Philipp II erobert und zerstört Olynth

Der Chalkidische Bund willigte daraufhin in ein Bündnis mit Makedonien ein. Philipp II. gelang es in den Folgejahren nicht nur die Herrschaft seiner gemachten Eroberungen zu behaupten, sondern diese erheblich auszuweiten. Nach der Schlacht auf dem Krokusfeld 352 v. Chr. in Thessalien war er der unbestrittene Herrscher über den Norden Griechenlands. Der Chalkidische Bund lag nun inmitten seines Herrschaftsbereiches und es war eine Frage der Zeit, dass dieser Bund in sein Königreich eingegliedert wurde. Der Vorwand für die Eroberung der chalkidischen Städte wurde 349 v. Chr. mit der Aufnahme der auf der Flucht befindlichen Halbbrüder Philipps II., Arrhidaios und Menelaos, durch Olynth gegeben.

b_450_450_16777215_00_images_griechenland_halkidiki_sithonia-wandern-053.jpgNachdem Olynth der Aufforderung Philipps II. die Thronprätendenten auszuliefern nicht entsprochen hatte, befahl Philipp den Angriff auf die Stadt. Der Abschluss eines Verteidigungsbündnisses mit Athen und die Entsendung athenischer Hilfskorps unter Chares kam jedoch zu spät, da den Makedonen die Einnahme von Olynth 348 v. Chr. zuvor gelang. Die Stadt wurde zerstört und ihre Einwohner in die Sklaverei verkauft. Die restlichen Städte des Chalkidischen Bundes ergaben sich anschließend ohne nennenswerte Gegenwehr und wurden dem makedonischen Königreich hinzugefügt. Viele ehemalige Bewohner Olynths wurden 316 v. Chr. zur Gründung von Kassandreia auf dem Gebiet des ebenfalls von Philipp II. zerstörten Potidaias unter dem späteren makedonischen König Kassander herangezogen.

Olynth - Stadtentwicklung und Aufteilung

In zeitlicher Folge entstanden in Olynth drei separate Stadtteile. Der älteste Stadtteil, der durch die Perser 480/479 v. Chr. zerstört wurde, befand sich auf dem Südhügel. Daran schlossen sich auf dem Nordhügel und den östlichen Hügelflanken der Nordstadt die beiden klassischen Stadtviertel an.

Die Altstadt Olynths lag auf dem Plateau eines lang gestreckten Hügels im Süden der späteren Stadt, der eine Siedlungsfläche von ca. 6 Hektar einnahm. Die Besiedlung des Südhügels setzte im 8. bis 7. Jahrhundert v. Chr. ein und kann hauptsächlich bis in das 4. Jahrhundert v. Chr. verfolgt werden. Die von Herodot erwähnte Eroberung der Stadt durch die Perser 479 v. Chr. lässt sich mit großer Sicherheit durch eine Brandschicht aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. archäologisch fassen. Das Areal war dicht bebaut und ist durch eine unregelmäßige Stadtanlage gekennzeichnet. Soweit rekonstruierbar besaßen die Häuser und Räumlichkeiten aufgrund des Platzmangels relativ kleine Abmessungen. Das Stadtgebiet erschloss sich durch zwei Straßen, die jeweils am Rande des Plateaus verliefen.

Rekonstruktionsvorschlag der Häuser auf dem Nordhügel

Die antike Planung sah nicht nur eine Vervielfachung der bisherigen Bevölkerung Olynths vor, sondern gab der Stadt ein vollständig neuen Charakter. Im Gegensatz zur gewachsenen unregelmäßigen Bebauung der Altstadt stattete man die Neustadt mit breiten Straßen und großzügigen Grundstücken aus, die nach einem rechtwinkligen Muster ausgerichtet waren. Die Grundeinheit dieser klassischen Rasterstadt war das immer gleich groß zugeschnittene Grundstück mit einer Breite von 58 Fuß und einer Tiefe von 57,5 Fuß. Je nach Lage im Stadtplan bildeten bis zu zehn, in zwei Zeilen aneinander gereihte Grundstücke einen Häuserblock, die Insula. Haupt- und Nebenstraßen trennten die ost-westlich-ausgerichteten Insulae. Die 5,80 m bis 9,20 m breiten Hauptstraßen verliefen von Nord nach Süd, verbanden Neu- und Altstadt und dienten als Ausfallstraßen zum Umland. Die ost-westlich verlaufenden Nebenstraßen ermöglichten dagegen den Zugang zu den einzelnen Grundstücken und waren mit etwa 5 m Breite derart angelegt, dass zwei Fuhrwerke unbehindert passieren konnten.

b_450_450_16777215_00_images_griechenland_halkidiki_sithonia-wandern-048.jpgIm Norden der Altstadt fanden die Ausgräber die Fundamente eines mit 32 x 16 m verhältnismäßig großen rechteckigen Gebäudes, das wahrscheinlich öffentlich genutzt wurde. Ein weiteres größeres Gebäude befand sich im Süden der Altstadt und wurde wohl nach dem Persersturm von 479 v. Chr. errichtet und als öffentliches Gebäude genutzt. Durch den Ausbau der Stadt 432 v. Chr. und dem Zuzug neuer Einwohner kamen zusätzliche Bauten für das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben hinzu. So lag im südlichen Bereich der Neustadt auf dem Nordhügel eine 135 x 85 m unbebaute Fläche, die an der Nordseite und Nordostecke von öffentlichen Einrichtungen begrenzt wurde. Eine Häufung von Münzfunden im Umkreis dieses Platzes ließ vermuten, dass es sich hierbei um den zentralen Platz der Polis, der Agora, handelte. Ein weiterer Deutungsansatz sah hier einen heiligen Bezirk mit Tempel, der allerdings durch Grabungen bisher nicht nachgewiesen werden konnte. Auf der Nordseite des Platzes stand eine Säulenhalle. Daran schloss sich östlich ein Gebäude an, dass mit einer zentralen Säulenreihe ausgestattet war und so eventuell Versammlungen dienen konnte. Ein Brunnenhaus bildete die Nordostabgrenzung des Platzes. Der Nachweis von Überresten, die auf ein Theater schließen lassen, konnten bislang nicht erbracht werden. Jedoch bot eine Einbuchtung am Südosthang des Südhügels ausreichend Raum für mögliche Zuschauerränge, weswegen an diesem Ort zumindest Theaterstücke sehr wahrscheinlich aufgeführt wurden.

Die Wasserversorgung im alten Olynth

Die Versorgung mit Wasser war in Olynth auf verschiedene Weise sichergestellt. Neben dem Fluss Sardanos, der ganzjährig Wasser führte und vereinzelten Zisternen, waren es vor allem tönerne Leitungen, die Olynth mit Wasser versorgten. Ausgangspunkt dieses teilweise unter Druck stehenden Leitungssystems lag in den Bergen 8 km nördlich von Olynth, wo bei Polygyros eine Quellfassung gefunden wurde. Am Ende der Wasserleitung befanden sich im Stadtgebiet wohl mehrere Schöpfbrunnen, von denen sich zwei nachweisen ließen. Das Röhrensystem scheint bereits im 7. Jahrhundert v. Chr. existiert zu haben. Dies legen zumindest Scherben von schwarzfigurigen Vasen nahe, die auf dem Boden eines Hauses in der Altstadt mit Wasseranschluss gefunden wurden. Olynth besäße damit eines der ältesten Druckleitungssysteme im antiken Griechenland.

Ist für die Altstadt keine Verteidigungsanlage nachweisbar, kann man die beim griechischen Historiker Xenophon für das Jahr 381 v. Chr. erwähnte Stadtmauer auch archäologisch fassen. Anhand der Funde im Norden der Nordstadt Olynths lässt sich eine 3,25 m starke Lehmziegelmauer rekonstruieren, die etwa alle 42 m mit einem Verteidigungsturm versehen war und nach Xenophon während des Olynthischen Krieges, einer Auseinandersetzung in den Jahren 382 bis 379 v. Chr. zwischen Sparta und Olynth, mit Schützen besetzt werden konnte. Für die später erbaute Oststadt konnten bisher keine Stadtmauerreste nachgewiesen werden.

Drei Gräberfelder sind bekannt, die von den Einwohnern Olynths genutzt wurden. Die größte Nekropole befindet sich am Fluss Sardanos im Westen der Stadt. Hier konnten unter Leitung des Archäologen Robinson 560 Gräber untersucht werden. Ein weiteres wesentlich kleineres Gräberfeld liegt im Norden der Stadt. Etwa 700 m östlich des Südhügels befindet sich zudem sich die dritte Nekropole.

Olynth ist der Hauptfundort der so genannten olynthischen Mühlen. Diese Mühlen wiesen gegenüber den alten ägyptischen Getreidemühlen einige Vorteile auf und markieren in der antiken Technikgeschichte einen bedeutenden Fortschritt. Die älteren Mühlen bestanden aus einem großen flachen Stein auf dem das Getreide lag und einem kleineren der hin- und herbewegt wurde um das Getreide zu mahlen. Bei der olynthischen Mühle dagegen wurde das Getreide in einen Trichter gegeben, aus dem es in einen Spalt zwischen den Mühlsteinen fiel. Die Arbeit musste daher nicht mehr so oft unterbrochen werden, um das Getreide nachzufüllen. Außerdem war ein langer Hebel angebracht, sodass man sie einfacher bewegen konnte. Außerdem wurden in Olyth Ölmühlen gefunden, die zum Auspressen der Oliven dienten.

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