Erzieher-Azubis lernen in türkischen Kindertagesstätten

WETTERAUKREIS - Wingert-Schule organisiert kostenlose Auslandsaufenthalte - EU finanziert Projekt - Land gibt Geld für Homepage zur besseren Vernetzung (ihm).

Interkulturelle Kompetenz ist ein wichtiger Faktor. Die Wingertschule in Bad Nauheim bietet angehenden Erziehern deshalb Auslandspraktika an. Seit 2009 ist auch die Türkei Kooperationspartner. Um sich noch besser zu vernetzen, wurde jetzt eine Homepage eingerichtet. Stellvertretender Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn (FDP) überreichte 4000 Euro dafür. Mit dabei war eine türkische Delegation, darunter Generalkonsul Ilhan Saygili aus Frankfurt. Finanziert wird das Austausch-Projekt mit EU-Geldern.

Der 21-jährige Sebastian Clement absolviert gerade sein Anerkennungsjahr in einem Hort in Frankfurt. „Wir waren vergangenes Jahr zu siebt in der Türkei“, erzählt er. Zu Beginn des siebenwöchigen Aufenthalts stand eine Einführungswoche in Kocaeli in der Provinz Izmit. Informationen über die Kultur wurden vermittelt. „Wir machten auch Sightseeing, besuchten den Bürgermeister und waren beim Schulamt.“ Von Kocaeli ging es nach Ankara. Dort arbeiteten die Erzieher-Azubis in einem Kindergarten. Gelebt hätten sie in einer benachbarten Schule. Sprachprobleme mit den Jungen und Mädchen habe es nicht gegeben. Clement hatte Sprachführer und Wörterbuch dabei. Außerdem hatten die Kinder Spaß daran, den Gästen Türkisch beizubringen.

Im Rahmen des Austauschprojekts wäre es möglich gewesen, auch andere Länder zu bereisen, beispielsweise Skandinavien. Für Clement stand die Türkei indes gleich fest. „Ich möchte in Frankfurt wohnen und arbeiten. Dort leben viele Türken. Darum ist es sinnvoll, sich mit der Kultur auseinanderzusetzen.“ Wichtig sei für ihn gewesen, das Gefühl von Fremdheit nachzuempfinden.

Ein weiterer Aspekt sei das Schulen der Ambiguitätstoleranz. Das besagt: Kulturell bedingte Unterschiede, die nicht gleich zu verstehen sind, nicht negativ zu beurteilen. Clement nennt ein Beispiel: „Man bringt bei uns Kindern bei, sich so früh wie möglich allein anzuziehen.“ Bei türkischen Müttern beobachte er mitunter: Sie helfen ihrem Nachwuchs in dieser Hinsicht mehr. Wie er nun durch seinen Auslandsaufenthalt gelernt habe, zeichne die Türkeneine herzliche, warme Art aus. Die Mutter, die ihr Kind noch länger beim Ankleiden unterstützt, behüte weder zu stark noch klammere sie. Vielmehr handele es sich um einen Ausdruck von Zugewandtheit. Besonders gut gefiel Clement die Gastfreundschaft: „Wir wurden von sehr vielen Menschen eingeladen.“ Der Imam der Karbener Moschee, Mustafa Eren, begleitete die jungen Leute. Er war zehn Tage lang mit von der Partie.

Kosten entstanden Clement nicht. „Finanziert wurde die Reise durch das Leonardo-da-Vinci-Programm.“ Etwa die Hälfte der Azubis seines Jahrgangs machte mit. 28 Plätze pro Jahr beantragte die Wingertschule bislang, wie Direktor Andreas Stolz und Fachlehrer Gerd Hofmann erläutern. Mittlerweile sei das Interesse größer. Die Schule wolle sich darauf einrichten. Jörg-Uwe Hahn ging auf die Homepage www.tudesa.com ein: „Sie soll eine Kontaktbörse für diejenigen sein, die sich für den Austausch interessieren.“ Saygili sagte, er wolle sich bemühen, die Webseite auch in der Türkei bekannter zu machen.

Quelle Kreis Anzeiger

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