Heimatkunde-Unterricht zur Türkei / Von Karl Grienberger

Heimatkunde-Unterricht zur Türkei / Von Karl Grienberger

Die gegenwärtige Integrationsdebatte geht auch an der Grundschule Dollnstein nicht spurlos vorbei.

Mit einer besonderen Schulstunde wollten die Lehrer für mehr Verständnis für ausländische Mitbürger und - schüler werben. An vielen Schule sind muslimische Schüler eine Selbstverständlichkeit. Auch an der Dollnsteiner Grundschule gibt es Kinder, meist aus der Türkei, die dem muslimischen Glauben angehören.

Was ist von ihrer Kultur, Religion und Lebensweise eigentlich bekannt? Diese grundsätzliche Frage war Ausgangspunkt und Motivation zugleich, sich im Unterricht mit der Türkei und dem Islam näher zu beschäftigen. Im Heimat- und Sachunterricht der 4. Klasse wurde im Themenblock "Wir in der Welt – die Welt bei uns" dieser Stoff aufgegriffen. Die Lehrkräfte Irmgard Eder und Karl Grienberger fragten deswegen bei türkischen Müttern um Mitarbeit an und trafen auf offene Ohren.

In einer interessanten und gut vorbereiteten Unterrichtsstunde stellten die türkischen Mütter unter der Leitung von Fatma Ünlü den deutschen Kindern die Türkei vor. Sie erläuterten neben geografischen Gegebenheiten auch religiöse Feste, erklärten Bräuche bei Familienfeiern oder gingen auf die Symbolik der türkischen Flagge ein.

Die Mädchen und Buben waren von dieser kurzweiligen Stunde begeistert, was an der Aufmerksamkeit und Ruhe der Zuhörer erkennbar war. Am Ende durften die Schüler türkische Spezialitäten probieren.

Für Irmgard Eder und Rektor Karl Grienberger sollte diese spezielle Unterrichtsstunde "einen großen und nachhaltigen Beitrag zum Verständnis und zur Integration von ausländischen Bürgern" liefern.

Hamburg – wo genau in der Türkei liegt denn das?

"Mit dem gelatinefreien Joghurt bewaffnet stehe ich an der Kasse. Ich bin an der Reihe. 1,99 bitte – Ich gebe ihr das Geld und bedanke mich für den Bon. "Na, sie sprechen ja gut deutsch." – Ja, vielen Dank. (Okay, wusste nicht, dass man einen so hohen Grad an Deutschkenntnissen für ein "Danke" und "Bitte" braucht. Aber egal. Einfach annehmen. Für Rechtfertigungen ist jetzt keine Zeit.) "Wo kommen sie denn her?" – Aus der Schule (Ist mir schon klar, worauf sie hinauswollte. Aber irgendwann hat man es auch satt.) "Nein, ich meine, wo sind sie geboren?" – In Hamburg. "Oh, das kenne ich gar nicht." (Sie kennt HAMBURG nicht!?) Arme Frau, dachte ich, scheint nicht viel rumgekommen zu sein. Noch ehe ich etwas sagen konnte, spricht sie weiter: "Haaaambuag – Wo genau in der Türkei liegt denn das?"

Yasmina Abd el Khader hat viele ähnliche Erfahrungen gemacht. Auch sie ist gläubige Muslima, auch sie trägt ein Kopftuch, auch sie schreibt einen Blog. Er heißt  "Just another hidjabi", auf Deutsch "Einfach nur ein weiteres Kopftuch" – eine ironische Anspielung darauf, dass sie von der Gesellschaft oft nur als ein Kopftuch von vielen wahrgenommen werde und nicht als Individuum. Mit Hilfe ihres Blogs will sie zeigen, was wirklich unter ihrem Tuch steckt, was in ihrem Kopf vorgeht, sagt sie. Außerdem hofft sie, den Lesern eine andere Perspektive geben zu können und Vorurteile zu brechen.


Unterhält man sich mit mir, könnte man mich sogar mit einer typischen Europäerin verwechseln, schreibt sie noch auf ihrer Website. Wären da nicht all diese Stimmen um sie herum, "die meinen es besser wissen zu müssen." Seit ein paar Wochen sind die Stimmen in manchen Parteien und einigen Medien wieder besonders laut, die sie in die Rubrik "Migrant" einsortieren. Sie als "schwer integrierbar" bezeichnen und davon überzeugen wollen, dass Deutschland doch nicht wirklich ihre Heimat ist. Liest man die Blogs der beiden jungen Frauen, wird sofort klar: Das Gegenteil ist der Fall.

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