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Breitachklamm und Seilbahn Kanzelwand im Kleinwalsertal

Breitachklamm zur Kanzelwandbahn im Kleinwalsertal

Ähnlich wie am Tag zuvor, wurden wir auch heute wieder durch das erste Tageslicht, dass durch die Dachfenster in den Wohnwagen drang, sowie durch das Rauschen des Breitach Baches direkt neben dem Campingplatz Vorderboden geweckt.

Ganz am Ende des Tals bei Baad sammeln sich die Wässer der verschiedenen Bachläufe aus den umliegenden Bergen und bilden dann den Bach Breitach. Von Baad kommend fließt die Breitach dann hinab nach Mittelberg und Riezlern, wo weitere Bäche wie Derrabach, Turabach, Bärgundbach, Gemstelbach und Wildenbach hinzukommen. Aus dem Bach wird langsam ein Fluss, der sich bei der Walserschanz über jahrtausende einen tiefen Canyon in den Felsen eingefräst hat, der überreginonal bekannten Breitachklamm. Schon lange vor unserer Anreise stand die Breitachklamm als ein wichtiges Besuchsziel für uns fest.

Die Breitachklamm entstand erst im Laufe der letzten 10.000 Jahre nach der Würm-Eiszeit als Gletscher das weiche Gestein abgetragen hatten und das harte Gestein stehen geblieben war. Als die Gletscher dann geschmolzen waren, musste sich die Breitach im Laufe von Jahrtausenden einen Weg von etwa 2,5 Kilometer Länge und etwa 150 Meter Tiefe durch das harte Gestein bohren, bis sie am Ausgang des Kleinwalsertals bei Tiefenbach im Allgäu ankommen konnte. Die Breitachklamm ist – neben der Höllentalklamm – die tiefste Klamm der Bayerischen Alpen. Wir nutzten einmal mehr den kostenlosen Walserbus der Linie 1 von Baad kommend bis zur Ausstiegsstelle Walserschanz, um dort den Abstieg hinein in die Klamm zu erwandern.

Bereits am Ende des 19. Jahrhunderts gab es einige Versuche, die Breitachklamm begehbar zu machen, um damit eine Einkommensquelle für die überwiegend arme, lokale Bevölkerung zu erschließen. Sie scheiterten zunächst alle. Der junge Tiefenbacher Pfarrer Johannes Schiebel nahm dann die Erschließung der Klamm in seine Hände, suchte nach Geldgeber und gründete den Breitachklammverein eG. Er tat dies auch mit der Motivation, seiner armen Gemeinde eine zusätzliche Einnahmequelle zu eröffnen und den beginnenden Tourismus damit anzukurbeln. Die erste Sprengung wurde am 25. Juli 1904 durchgeführt und etwa ein Jahr später, am 4. Juli 1905, erfolgte die Einweihung der begehbaren Breitachklamm, die heute jährlich etwa 300.000 Besucher anlockt.

Wir nutzen den Wanderweg, der neben der Gaststätte an der Walserschanz hinab in die Klamm führt. Schon weit vor Erreichen des Flusses ist das mächtige Rauschen zu hören, auch wenn es jetzt wesentlich geringere Wassermassen als zur Zeit der Schneeschmelze sind. Und dann ist das Ufer in der Klamm erreicht. Mächtig steigen die Felsen an beiden Ufern auf. Über Stege entlang der Felsen, die teilweise wirklich mit abenteuerlichem Pfaden zu bezeichnen sind, geht es immer tiefer hinein in die Klamm. Dann wieder ist der enge Weg direkt aus den Felsen herausgearbeitet worden. Mal ist man hoch über dem Flusslauf, dann wieder direkt daneben. Stetiges Rauschen und Getöse des Wassers, Wirbel und Löcher, in die das reißende Wasser zu verschwinden droht. Dann wieder mächtiges Totholz, das als Treibgut den reißenden Fluss hinabgespült wurde, bis es sich irgendwo verkeilt. Zwischendurch dann Felsstürze, die sich hoch über dem Steg im engen Klammtal verfangen haben. Ein unbeschreibliches Schauspiel, das die Natur hier geschrieben hat.

So kam es am 23. September 1995 um 6:00 Uhr zu einem Felssturz, in dessen Folge etwa 50.000 m³ Fels und Geröll in die Schlucht hinein stürzten. Das sich daraufhin stauende Wasser sammelte sich bis zu ca. 300.000 m³ Menge an, was einen Wasserstand in der Klamm von etwa 30 m Höhe über dem jetzigen Wasserstand bedeutete. Unvorstellbarer Druck muss sich aufgebaut haben, bis am 23. März 1996 um 11:30 Uhr das Wasser diesen Damm durchbrach. Die Klamm wurde durch die dann herabstürzenden Wassermassen vollständig verwüstet, was Schäden in Höhe von rund 300.000 DM anrichtete.

Unterwegs treffen wir auch auf eine Markierungskonstruktion, die einige der Hochwasserspiegel in der Breitachklamm anzeigt. Mit welcher Kraft dann das Wasser die Klamm durchspült, ist kaum vorstellbar. Wenn man dann die teilweise, wie riesige Bögen verkeilten Baumstämme von 10 - 20 Metern Länge und 80 Zentimeter Durchmesser betrachtet, wird damit die Energieleistung schon deutlicher. Es ist einfach bemerkenswert Eindrucksvoll, was Wasserkraft bewirken kann.

Wir treten auch den Rückweg durch das Klammtal an, beschließen dann allerdings dem Verlauf der Breitach zurück ins Kleinwalsertal zu folgen. Auch hier sind zunächst noch Stege in den steil aufsteigenden Felswänden befestigt, bis sich das Tal dann erweitert. Wir nutzen einen flachen Uferteil, um eine kleine Rast und Verpflegungspause einzulegen. Weitere Wanderer und auch einige Kinder haben diese Uferstelle entdeckt und nutzen das herrlich klare Wasser zum Spielen oder zum Errichten von Steinsäulen, einem Freizeitgebaren, das wir noch an vielen weiteren Plätzen entlang der Breitach antreffen werden. Ein fast eigentümlich zu bezeichnendes, neues Landschaftsbild entsteht somit an vielen Kiesbänken entlang der Breitach. Eindrucksvolle Kleinbauwerke, die manchmal fast künstlerische Ambitionen und Materialvielfalt zeigen.

Der obere Eingang zur Breitachklamm in der Nähe der Walserschanz hat übrigens die folgenden Koordinaten: 47° 23′ 13″ N, 10° 13′ 44″ O.

Wer von unten in die Klamm einsteigen möchte, nutzt den Zugang im Oberstdorfer Ortsteil Tiefenbach und folgende Koordninaten: 47° 24′ 9″ N, 10° 13′ 44″ O

Weiter führt unser Weg durch das wirklich natürlich belassene Breitachtal, bis wir in Riezlern erneut auf eine Verengung des Tales stoßen. Auch hier wird es einst einen Durchbruch durch die Felsen gegeben haben. Heute ist es eine interessante Holzkonstruktion, die den Wanderer an den Felswänden entlang durch diesen Canyon führt. Wir haben wenig später die Ortsmitte von Riezlern erreicht und beschließen spontan, auch aufgrund sich aufklarender Wetterlage, noch mit der Kanzelwandbahn auf den gleichnamigen Berg Kanzelwand hinauf zu fahren, einer Kabinenseilbahn von 2.461 Metern Länge, deren Gondeln 6 Personen aufnehmen und dabei 870 Meter Höhendifferenz überwinden.

Erste Überlegungen zum Bau einer Bahn auf die 2056 m hohe Kanzelwand wurden im Fremdenverkehrsbeirat von Riezlern bereits 1952 aufgrund der zunehmenden Zahlen im Tourismus geführt. Am 6. März 1954 wurde die Kanzelwandbahn AG gegründet, die Bauarbeiten begannen dann 1954 und am 2. April 1955 fand die Jungfernfahrt statt. Es fielen insgesamt Baukosten in Höhe von 3,8 Mio DM an. Markant ist das frei stehende Einlaufgestell der Bergstation. 1956 wurde an der Bergstation eine Berggaststätte erbaut, um den zunehmender Strom der Touristen und Wintersportlern auch versorgen zu können. Jeweils sechs Personen werden mit roten, gelben oder blauen Kabinen mit einer Geschwindigkeit von fünf Metern pro Sekunde zum Gipfel transportiert, das sind pro Stunde auch immerhin 320 Personen. Im gleichen Jahr wurde für die Wintersportler der Zwerenlift eröffnet, der 180 Personen pro Stunde befördern konnte.

Im Jahre 1973 wurden mit der Fertigstellung der Fellhornbahn die beiden Skigebiete miteinander verbunden. Der Zwerenlift wurde erweitert und beförderte jetzt mit Doppelbügeln 690 Personen pro Stunde. Dazu kamen zwei Bierenwanglifte. 1976 wurden für die Kapazitätssteigerung der Bahn von 350 auf 480 Personen pro Stunde weitere 2,4 Millionen DM investiert. 1988 wurde sie mit einem Aufwand von 15 Millionen DM nochmals verbessert und transportiert nun 1500 Personen pro Stunde auf den Berg. 67 so genannte Elektranten, Kombianlagen für die Wasser- und Elektrizitätsversorgung der 15 Schneeerzeuger wurden entlang der Bahn installiert. Eine Sonnenterrasse für 200 Personen mit Windschutz wurde gebaut und die Zwerenalpelifte zur Sechser-Sesselbahn erweitert.

2008 wurden für die Beschneiungsanlage 6 Millionen Euro ausgegeben. Zunächst wurde unterhalb der Bergstation der Kanzelwandbahn ein Schneeteich mit einem Fassungsvermögen von 58.000 Kubikmeter Wasser angelegt und 6 Kilometer Rohrleitungen in der Erde verbaut. Mit der Anlage lassen sich über ein System von Rohrleitungen und Schneekanonen innerhalb von 70 Stunden die Pisten der Fellhorn- und der Kanzelwandbahn komplett beschneien. In einer Stunde können 3000 Kubikmeter Schnee erzeugt werden, das entspricht rund 300 LKW-Ladungen.

Heute haben sich Kanzelwand-, Fellhorn-, Walmendingerhorn- und Nebelhornbahn zu einem Verbund zusammengeschlossen, der unter dem Namen Das Höchste für die Region Oberstdorf und Kleinwalsertal wirbt. So ist es für den Touristen möglich mit seiner Walser-Card alle 4 Seilbahnen zu nutzen, was im Sommer das Erwandern der so verschiedenartigen Touren hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades und der Tourlängen erleichtert. Aufgrund der vorgerückten Zeit beschränken wir uns heute, einmal an der Aussichtsplattform angekommen, allerdings auf den Anstieg zum Gipfelkreuz der Kanzelwand.

Sehr gut erkennbar sind von hier oben die Wanderwege als lang gestreckte Pfade an den Berghängen, die einzelnen Liftanlagen für die Skisportler im Winter sowie die Verbindungswege zum Fellhorn. Ein imposantes Gelände, das nicht nur im Winter tausende Besucher anlockt, wie wir auf dem Gipfel bei einer weiteren kleinen Vesper bemerken. Im Gelände hingegen verläuft sich die große Zahl der Bergwanderer aber recht schnell, denn das Gelände ist sehr weiträumig. Erst bei den Hütten gibt es ein erneutes Zusammentreffen der Wanderfreunde. Für die kommenden Tage haben wir auch weitere Wanderungen eingeplant, vielleicht auch vom Fellhorn- oder von der Kanzelwand aus.

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