Sivrihisar - Geburtsort des Narren Nasreddin Hoca

Sivrihisar - Geburtsort des Narren Nasreddin Hoca

Sivrihisar, zur Römerzeit Justianapolis genannt, ist eine anatolische Stadt nahe der Autobahn von Eskişehir nach Ankara im Bereich des Verkehrskreuzes am Abzweiger nach Afyonkarahisar und weiter nach Izmir.

Seit einer Gebietsreform im Jahr 2014 und der Ernennung von Eskişehir zur Büyükşehir Belediyesi ist die Stadt Sivrihisar flächen- und einwohnermäßig identisch mit dem gleichnamigen Landkreis und gewinnt durch die moderne Verkehrsanbindung zunehmend an Bedeutung.

Am Fuße des Berges Dindymos, der die Stadt überragt, befindet sich die Ruine der armenischen Heiligen-Dreieinigkeits-Kirche (Kızıl Kilise), die bis 2015 kontinuierlich restauriert wurde und seither leer steht. In der Stadt finden sich weitere Häuser der mittelalterlichen, traditionellen Bauweise allerdings in unterschiedlichem Erhaltungszustand. Als eine besondere Sehenswürdigkeiten gilt die Ulu Camii Moschee aus dem 13. Jahrhundert und das Alemşah-Mausoleum.

Stammt der Narr Nasredding Hodscha aus Sivrihisar?

b_450_450_16777215_00_images_turkey_central_anatolia_sivrihisar-nasrettin-hoca.jpgDas nahegelegene Dorf Hortu soll der Geburtsort des weisen Narren Nasreddin Hoca sein. Hodscha Nasreddin ist der Name des prominentesten Protagonisten humoristischer prosaischer Geschichten im gesamten türkisch-islamisch beeinflussten Raum vom Balkan bis zu den Turkvölkern Zentralasiens. Gleichwohl seine historische Existenz nicht gesichert ist; wird angenommen, dass er im 13./14. Jahrhundert in Akşehir im südwestlichen Anatolien gelebt hat.
Für das südwestanatolische Akşehir als Ort seines Wirkens spricht ein Mausoleum mit seinem Namen, das sich dort befindet.

Die ersten Anekdoten über Nasreddin Hoca in türkischsprachigen Quellen befinden sich in den Aufzeichnungen von Ebülhayri Rumi und Lamiî Çelebi (gest. 1531). In der populären Tradition hat sich allerdings die Auffassung durchgesetzt, die auf den osmanischen Reisenden Evliya Çelebi zurückgeht. Evliya Çelebi schreibt im 17. Jahrhundert über seine Reise zum vermuteten Grabmal Nasreddin Hocas in Akşehir und gibt dabei eine Anekdote an, in der Nasreddin Hoca mit Timur auftritt. Versuche, die Person Nasreddin zu historisieren, gelten allerdings als spekulativ. Auf historischen Stiftungsurkunden (Vakfiye) aus den Jahren 1257 und 1266 gibt es einen Verweis auf eine Person namens Nasreddīn Ḫoca, die vor den Qādī treten musste. Ob es sich um die gleiche Person handelt, bleibt unklar.

b_450_450_16777215_00_images_turkey_central_anatolia_sivrihisar-3.jpgVor der weiten Verbreitung gedruckter Bücher erfolgte die Überlieferung vor allem mündlich, eine Tradition, die sich unter anderem in der Türkei bis heute erhalten hat. Hier finden regelmäßig Hoca-Nasreddin-Festivals statt, in denen seine Witze inszeniert werden. Manchmal spielte Nasreddin in seinen Witzen die Rolle eines schlauen, manchmal die eines dummen Menschen. Bedingt durch die weite geographische Verbreitung und die lange zeitliche Überlieferung wurden Nasreddin immer wieder neue Geschichten zugeschrieben. So konnte es nicht ausbleiben, dass die ihm zugeschriebenen Witze eine bunte Mischung aus Volksweisheit, Schlauheit, aber auch derben oder anzüglichen Inhalten sind. Einige seiner Witze wurden in Derwischkreisen allegorisch gedeutet.

Ihm wurden allerlei witzige, humorvolle oder schwankhafte Erzählungen nachträglich zugeschrieben (wie beispielsweise die von Dschuha). In vielen Erzählungen spielt er einfach eine Witzfigur wie Klein Fritzchen, in anderen eine Art Till Eulenspiegel, wobei es durchaus Ähnlichkeiten in den Geschichten zu Eulenspiegel gibt (siehe beispielsweise Der Klang des Geldes, die vergleichbar bei Till Eulenspiegel oder in Grimms Märchen vorkommt). Von Italien bis Indien ist er in vielen islamisch aber auch christlich geprägten Regionen bekannt und ihm werden vielerorts lokale Ereignisse zugeschrieben. Nasraddin oder Nostradin wird von den meisten Völkern der oben erwähnten Regionen für sich beansprucht, aber seine ethnische Zugehörigkeit bleibt weiterhin unbekannt. 

Antike Stadt Pessinus in unmittelbarer Nähe

b_450_450_16777215_00_images_turkey_central_anatolia_kybele-getty-villa.jpgVon der Ausfahrt Sivrihisar, heute Ballıhisar, ist die archäologische Stadt Pessinus in etwa 14 km Entfernung erreichbar. Der Archäologe und Historiker John Garstang will es mit dem hethitischen Šallapu gleichsetzen. Pessinus gilt als Ursprungsort des anatolischen Kybele-Kults, der sich von hier ausgehend verbreiten konnte. Im Heiligtum befand sich ein schwarzer Meteorit, der 205/4 v. Chr. nach Rom abtransportiert wurde. Nach der Legende wurde hier der erste Tempel von König Midas errichtet (8. Jh. v. Chr.). Erhalten sind Reste des späteren hellenistischen Tempels mit großen Schautreppen. Seit 1967 finden dort belgische Ausgrabungen statt.

Besonders beeindruckend sind auch die schwarzen Konturen des heiligen Berges Dindymos. Plinius der Ältere gibt eine knappe und gleichermaßen vage Beschreibung des Region: Zentrum des Kernlandes waren der Berg Tmolos, an dem die Hauptstadt Sardes lag, der Gygische See (heute der Marmara Gölü) und die umgebende fruchtbare Ebene entlang des Hermos. Im Süden grenzte das antike Lydien an Karien, im Osten an Phrygien, im Norden an Mysien und reichte im Westen über Ionien hinaus. Sieht man von der westlichen Grenze zu Ionien ab, so gilt die Beschreibung des Plinius als korrekt. Konkret gab es keine klaren Grenzlinien, sondern Grenzzonen.

Als gesichert kann die Grenzzone im Süden gelten: Im Mäander-Tal siedelten gleichermaßen Lyder und Karier. Im Nordosten, quasi zwischen Lydien, Mysien und Phrygien lag der Berg Dindymos. Die Grenzzone zwischen Lydien und Phrygien wird vermutlich an den Flussläufen zwischen Dindymos und Mäander entlanggelaufen sein, die Grenzzone zwischen Lydien und Mysien vermutlich den Murat Dağı-Zug entlang; wie weit ist unklar. Die Grenze zwischen Ionien und Lydien ist völlig unklar, doch der Sipylos scheint ein Grenzpunkt gewesen zu sein. Zgusta rechnet das Küstengebiet dagegen weitgehend zu Lydien, statt zu Ionien; er ist allerdings auch an den kulturellen Ursprung von Orten und weniger der politisch-rechtlichen Situation interessiert.

Im Dorf Ballıhisar findet man ein kleines, durchaus interessantes Museum zur Zeitgeschichte.

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