Sperrungen im Internet ohne richterlichen Beschluss?

Sperrungen im Internet ohne richterlichen Beschluss?

Die türkische Regierung plant umfassende Änderungen in der Internetgesetzgebung, so will sie sich das Recht geben, Internetseiten ohne vorherigen Gerichtsbeschluss sperren zu lassen.

Der Gesetzentwurf enthält auch das Recht für die Behörden, die Surf-Gewohnheiten von Internetnutzern aufzuzeichnen und zwei Jahre lang zu speichern.

Der Internetexperte und Rechtsanwalt Mehmet Ali Köksal sagte der Zeitung "Evrensel", die geplanten Neuregelungen seien verfassungswidrig. Der Verband der türkischer IT-Ingenieure warf der Regierung vor, die Meinungsfreiheit im Internet nicht hinnehmen zu wollen. Kritiker bezeichneten den Gesetzentwurf als Einstieg in die Zensur.

In der letzten Woche hatte ein Gericht in der Türkei den Zugang zu der populären Videoplattform Vimeo gesperrt. Die Internetseite konnte bereits am Freitag nicht mehr aufgerufen werden und war durch einen kurzen Hinweis auf ein bereits am Mittwoch ergangenes Gerichtsurteil gesperrt. Neben Vimeo betreibt die IAC InterActiveCorp, unter anderem auch Reiseportale wie TripAdvisor, Expedia und hotels.com. Mehrfach schon waren in den vergangenen Jahren Sperren angeordnet worden, von denen auch YouTube betroffen war.

. Will die islamisch-konservative Regierung mehr Kontrolle über das Internet bekommen oder dient das Gesetz, wie vorgeben, dem Schutz der Jugendlichen und der Familie?

Die Hürriyet beschreibt das Regierungsziel des Entwurfs mit folgendem Satz: „Familie, Kinder und Jugend vor Elementen im Internet zu schützen, die Drogensucht, sexuellen Missbrauch und Selbstmord begünstigen“.

Der Sprecher von Premier Erdoğans regierender AKP, Hüseyin Çelik, bestritt, dass die Türkei eine Zensur wie in China anstrebe. „Die Türkei ist nicht China und wird in dieser Hinsicht niemals wie China werden. Sind wir nicht alle einig, dass manche Gesetze über soziale Medien und Internet-Medien nötig sind?“, fragte Çelik. „Überall auf der Welt gibt es Regulierungen auf Basis weltweiter Standards.“

Bei den Protesten im vergangenen Jahr waren Internetplattformen zur wichtigsten Informationsquelle geworden, weil Rundfunk und Zeitungen die Berichterstattung darüber zeitweise praktisch eingestellt hatten.

Noch ist ein Gerichtsbeschluss nötig, um in der Türkei eine Website sperren zu lassen!

Türkischer Gesetzentwurf erlaubt Sperren und Spionage

internet sperre 1Dem türkischen Parlament liegt mittlerweile der Gesetzentwurf vor, der dem türkischen Staat Zensur, Kontrolle und Beobachtung des Internets gestattet. Der Text sieht für Netzanbieter eine Zwangsmitgliedschaft in einer Internet-Union vor, die unter die Kontrolle der Regierung gestellt wird.

Somit bekommt die Regierung Erdoğan die Macht, Seiten zu sperren, das Nutzerverhalten zu beobachten und für einen Zeitraum von zwei Jahren zu dokumentieren. Auf diesem Weg ließen sich auch politische Aktivitäten etwa in Sozialen Netzwerken verfolgen, die der türkische Premier im Vorfeld der Wahlen ohnehin im Visier hat.

Die Tendenz in Richtung Internet-Zensur ist von Seiten der Regierung jedoch ein konsequenter Schritt zur Einschränkung der Meinungsvielfalt. Er ähnelt in Absicht und Resultat der Praxis, freie Journalisten einzusperren.

Bereits seit dem 22. November 2011 wird das Internet in der Türkei gefiltert. Dabei gibt es die Möglichkeit, zwischen den Filterpaketen „Kinder“ und „Familie“ zu wählen. Kontrolliert wird das System von der BTK. Wer nicht zwischen diesen Optionen wählt, bekommt automatisch ein „Standard-Profil“ zugewiesen, das im Einklang mit den jüngst verabschiedeten Filtern steht.

Piratenpartei erklärt sich solidarisch mit der Korsan Parti

internet sperre 2Die Piratenpartei Deutschland ist über die grundrechtsfeindlichen Entwicklungen in der Türkei mehr als nur besorgt. Mit einem weit reichenden Gesetzesentwurf geht die türkische Regierung einen weiteren Schritt, um die Meinungsvielfalt zu unterdrücken. Wird das neue Gesetz beschlossen, können ohne juristische Prüfung Webseiten zensiert sowie das Online-Nutzungsverhalten aufgezeichnet und für zwei Jahre gespeichert werden.

»Angesichts der tiefen Grundrechtseinschränkungen, die in der Türkei in letzter Zeit zu beobachten waren, bin ich über den neuerlichen Vorstoß des türkischen Ministerpräsidenten Erdoğan entsetzt. Die Möglichkeit, das Nutzungsverhalten von Menschen, die sich im Internet bewegen, komplett aufzuzeichnen und Internetseiten ohne Gerichtsbeschluss zu sperren, schränkt Menschen auf eine Art und Weise ein, die nicht mit den Menschenrechten vereinbar ist. Die türkischen Piraten können daher auf meine Unterstützung und die der Piratenpartei zählen.« versichert Björn Niklas Semrau, Politischer Geschäftsführer der Piratenpartei Deutschland.

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