Kurztrip nach Erfurt – die Krämerbrücke ist das Ziel

Kurztrip nach Erfurt – die Krämerbrücke ist das Ziel

Immer wieder stoßen wir im Rahmen unserer Projektarbeit auf teilweise uralte Handelsrouten, die heute in Form von Autobahnen, Eisenbahnrouten oder Brückenanlagen auf Planungen und Anlagen unserer Vorväter zurück gehen.

Dies haben wir dezidiert am Beispiel der Via Egnatia durch die modernen Länder Albanien, Nord-Mazedonien, Griechenland und die Türkei bereits beschrieben. Auch wenn der moderne Verlauf der Via Egnatia als Autobahn nur teilweise der uralten Römerstraße entspricht. Die Anlage dieser Verkehrswege war auch immer dem Handel von Waren zugedacht, auch wenn diese Routen teilweise als Militärstraßen fungierten und auch so benannt wurden. So kam es neben dem Handel auch immer zum Austausch von Wissen, von Kulturgut und technischem Fortschritt entlang dieser Routen.

Die Via Regia ein Handelsweg in ost-westlicher Ausrichtung

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_thueringen_kraemerbruecke-4.jpgManchmal nicht ganz so alt, trifft man europaweit auf diese Handelsrouten oder aber zumindest auf Überbleibsel einst bedeutender Knotenpunkte und Furten oder Brücken, die von großer Bedeutung waren, es teilweise heute noch sind. Vieles hatten wir zur Krämerbrücke von Erfurt im Vorfeld schon gehört, denn auch diese Brücke lag an einer bedeutenden Handelsroute, der Via Regia. Die Via Regia war im Mittelalter und der frühen Neuzeit eine wichtige west-östlich verlaufende Handels- und Militärstraße im Heiligen Römischen Reich sowie auch ein beliebter Pilgerweg. Sie verband das Rheinland über Frankfurt am Main und Leipzig mit Schlesien, führte in ihrer kompletten Länge als bis heute stark frequentierter Pilgerweg von Santiago de Compostela bis nach Moskau.

In Erfurt gab es an dieser Route zunächst zunächst eine Furt, die zur Querung des Flusses Gera geeignet war. Wann genau eine erste Brücke an dieser Stelle errichtet wurde, ist unbekannt. Heute weiß man nur von Bränden, die die hölzerne Brückenkonstruktion zerstört haben sollen, so ist aus dem Jahr 1117 ein Schriftstück bekannt, dass die Zerstörung der Krämerbrücke durch Feuer beschreibt. Die erste urkundliche Bezeichnung der Brücke mit „pons rerum venalium“ ist für das Jahr 1156 nachweisbar, da schon damals auf der Holzbrücke Handel betrieben wurde und erste Händler links und rechts Krambuden aufgestellt hatten.

Aufgrund wiederholter Brände in den Jahren 1175, 1178, 1213, 1222, 1245, 1265 und 1293 erwarb im Jahr 1293 der Rat zu Erfurt alle Brückenrechte von den Klöstern, um einen steinernen Neubau errichten zu können, der im Jahr 1325 mit unbewohnten Fachwerkbuden auf der Brücke fertiggestellt war. An den beiden Brückenköpfen wurden steinerne Kirchen mit Tordurchfahrten errichtet, am westlichen Ende die Benediktikirche und am östlichen die Ägidienkirche. St. Aegidien bestand schon zuvor als Brückenkapelle.

Aus Krambuden werden Häuser und Ladengeschäfte

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_thueringen_kraemerbruecke-3.jpgMit der Übernahme der Brückenrechte wurde erstmals eine steinerne Brücke möglich, die breit genug errichtet wurde, auch Krambuden auf der Brücke mit zu betreiben. Nach und nach wurde die Brücke verbreitert, aus den Krambuden wurden Ladengeschäfte, über denen die Betreiber auch wohnten, eine Wohn- und Geschäftsbrücke also. Heute ist die Krämerbrücke das älteste profane Bauwerk Erfurts und zählt zu den bekanntesten Wahrzeichen der Stadt mit einer beidseitigen, geschlossenen Brückenbebauung mit Fachwerkhäusern. Sie ist die längste durchgehend mit Häusern bebaute Brücke Europas. Die Fußgängerbrücke überspannt die hier Breitstrom genannte Gera und verbindet den Benediktsplatz im Altstadtkern mit dem Wenigemarkt in der östlichen Altstadterweiterung.

Die 79 m lange Gewölbebrücke wurde in Kalk- und Sandsteinmauerwerk errichtet und besteht seitdem aus sechs sichtbaren Tonnengewölben mit lichten Weiten von 4,8 m bis 7,8 m und einem Gewölbestich von 2,4 m bis 3,9 m. Die Gewölbebreite beträgt zwischen 19 m und 22 m, Scheitel und Kämpfer sind zwischen 40 cm und 50 cm dick.

Nach einem Stadtbrand im Jahre 1472, der die Hälfte der Stadt und die Häuser auf der Brücke zerstörte, wurde die Krämerbrücke in ihrer heutigen Form, allerdings mit 62 Fachwerkgebäuden, wiederaufgebaut. Um die dreigeschossigen, 13 m bis 15 m hohen Häuser bewohnbarer zu machen, wurde die Gebäudetiefe durch neben den Brückengewölben angeordnete hölzerne Sprengwerke vergrößert. Die Breite der 1486 fertiggestellten Brücke beträgt seitdem ungefähr 26 m bei einer lichten Weite von 5,5 m zwischen den Hausfluchten. Spätestens seit 1510 war der Name Krämerbrücke üblich.

Krämerbrücke Erfurt wird zum touristischen Anziehungspunkt

b_450_450_16777215_00_images_deutschland_thueringen_kraemerbruecke-2.jpgBis zum 18. Jahrhundert nahm die Anzahl der Häuser auf der Brücke durch Gebäudevereinigungen und Neubauten nach Brandschäden auf 38 ab, heute sind es noch 32 Wohnhäuser. Die Benediktikirche wurde 1807 verkauft und 1810 für den Bau eines Wohnhauses abgebrochen. Der Kirchturm musste 1895 der neuen parallel verlaufenden Rathausbrücke weichen, einen Abbruch der gesamten Brücke zog die Stadt auch in Erwägung.

Die Häuser 12 und 13 wurden aufgrund von Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg im Jahre 1952 abgerissen und neu errichtet. Dabei zeigten sich an den hölzernen Sprengwerken, auch der benachbarten Gebäude 11 und 14, so große Schäden, dass diese ausgewechselt werden mussten. Dazu waren für die Joche 11,5 m lange Stämme mit einem Querschnitt von 48 cm × 36 cm beziehungsweise 26 cm × 36 cm einzubauen, deren Beschaffung im Jahr 1952 aufwändig war und Monate dauerte.

Aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für die Stadt- und die allgemeine Baugeschichte wurde der Krämerbrücke auch in der DDR besondere Denkmalpflege zuteil. So wurden von 1967 bis 1973 alle Häuser restauriert. Umfangreiche Instandsetzungen der Gewölbebrücke fanden 1985/1986 und 2002 statt. Seitdem darf das Bauwerk von Fahrzeugen mit einer Achslast von maximal 11 Tonnen befahren werden.

Bitte lesen Sie auch:

Zum Jahresausklang zu den Weihnachtsmärkten in Erfurt
Auf dem Baumkronenlehrpfad im Hainich bei Bad Langensalza

Wir empfehlen:

Reiseführer Thüringen

Als »grünes Herz Deutschlands« ist Thüringen bekannt. Warum, das verrät Ihnen Heidi Schmitt in unserem Reiseführer »Thüringen« auf 432 Seiten mit 223 Farbfotos. Ob Hainicher Urwald, Rennsteig und Werratal, ob Schlösser, Burgen, Kirchen und andere Sehenswürdigkeiten oder die zahlreichen Spezialitäten: Unsere Autorin hat für Sie akribisch vor Ort recherchiert und lädt Sie ein auf eine Reise durch das Bundesland im Herzen der Republik. Dank der 47 Karten und Pläne in unserem Reiseführer »Thüringen« kennen Sie sich so gut aus, wie die Einheimischen. Praktische Besonderheit: eine herausnehmbare Faltkarte im Maßstab 1:400.000. Acht ausführlich beschriebene Touren lassen Sie das Land hautnah erleben.

Heidi Schmitt - Michael Müller Verlag, 432 Seiten, farbig, 223 Fotos, herausnehmbare Karte (1:400.000), 25 Detailkarten, ISBN 978-3-95654-756-0, 19,90 EUR (D)Buch: 2. Auflage 2020

Geschichte

Kultur

Leben | Outdoor