Potnia Theron - die Beherrscherin des Wildes

Potnia theron - die Beherrscherin des Wildes

In der Antike galt Potnia theron - die Beherrscherin des Wildes, als eine weibliche Gottheit, die als Herrin der wilden Tiere für den Schutz derselben zuständig war.

Diese Göttin, die von Homer mit der Göttin Artemis gleich gesetzt wird, trat allerdings auch für Fabelwesen und Zwittergestalten auf, wie erstmals im 21. Buch der Ilias, Vers 470, berichtet wird.

Im Tempel der Artemis in Ephesos

potnia theron louvre parisIm Tempel der Artemis in Ephesos haben während der diesjährigen Grabungskampagne Forscher und Archäologen aus Österreich den spektakulären Fund in Form eines Fragments dieser seltenen Statuette der "Beherrscherin des Wildes" entdeckt. Seit fast 20 Jahren war am Tempel der Artemis nicht mehr gegraben worden, obwohl es noch eine Vielzahl offener Fragen gegeben hatte. Die Leiterin der Ephesos-Grabung und gleichzeitige Direktorin des ÖAI, Sabine Ladstätter, erklärte das so: "Wir wollten den weiteren Untersuchungen mit modernen Methoden interdisziplinär nachgehen. Das gibt uns eine Idee, wie sich die Menschen des siebenten und sechsten Jahrhunderts vor Christus die ephesische Artemis vorgestellt haben."

In einer Schicht im Tempel der Artemis, die beim Bau des ersten großen Marmortempels, dem so genannten Kroisos-Tempel, im 6. Jahrhundert vor Christus aufgeschüttet wurde, kam die winzige Skulptur in Form eines Oberkörper mit Kopf einer weiblichen Figur zum Vorschein. Die nur 3,6 Zentimeter große Figur einer Darstellung der Herrin der Tiere sei auch deshalb ein spektakulärer Fund, da die Statuette aus dem Zahn eines Flusspferdes geschnitzt wurde, einem Material, das in griechischen Heiligtümern sehr selten war.

Das weltweit bekannte Kultbild der Artemis

potnia theron antifisaDie Skulptur zeige Merkmale des "dädalischen Stils", der sich Mitte des siebten Jahrhunderts von der Insel Kreta ausgehend, an der Küste der heutigen Westtürkei verbreitet hatte. Wie seiner Zeit üblich besitzt die Figur zwei Ansichtsseiten und trug Flügel, was das Fragment als göttliches Wesen "Potnia theron" kennzeichnet. Vermutlich trug die Figur, wie Funde aus anderen Ausgrabungsstätten belegen, in jeder Hand ein wildes Tier, womit ihre Macht über die Natur ausgedrückt werden sollte.

Der Fund ist auch deshalb als bemerkenswert einzustufen, da es sich überhaupt um den ersten Fund einer Potnia theron-Figur aus dem Artemis Heiligtum handeln würde, setzte Frau Ladstätter ihre Erläuterungen fort: "Wir wissen nicht, wie die Göttin vor dem zweiten Jahrhundert vor Christus ausgesehen hat." Das weltweit bekannte Kultbild der Artemis als vielbrüstige Skulptur datiere nämlich erst aus hellenistischer Zeit der Stadt Ephesos. Mit diesem kleinen Stück habe man ein wichtiges, sich sehr gut einfügendes Detail im Rätsel um das Aussehen der Frühform der Göttin der wilden Tiere gefunden.

Fresko aus dem bronzezeitlichen Akrotiri auf Santorin

potnia theron antalyaIn der Antike zählte der spätere Artemis Tempel zu den Sieben Weltwundern. Die Potnia theron wurde in der griechischen Mythologie, wie schon erwähnt, mit der Göttin Artemis gleichgesetzt, in der römischen mit der Göttin Diana und in der etruskischen mit Artumes.
Ein männliches Äquivalent ist der Herr der Tiere, der sowohl in der minoischen Kultur als auch in anderen Kulturen vorkommt und auch mit dem Gehörnten Gott identifiziert wird.

Archäologen, Kultur- und Religionswissenschaftler übertrugen den Begriff  "Potnia theron" auf eine Göttin aus der minoischen Kultur (ca. 2000 v. Chr. bis ca. 1400 v. Chr.). Aus der Neupalastzeit (1700 bis 1450 v. Chr.) wurden Halsketten und Diademe mit Abbildungen der Potnia theron und von Seepolypen in Kato Zakros gefunden.

potnia theron akrotiriAls einziges erhaltenes Wandbild, auf dem die Potnia theron dargestellt ist, gilt ein Fresko aus dem bronzezeitlichen Akrotiri auf Santorin, auf dem sich die Göttin in Begleitung eines Affen und eines Greifen befindet. Weitere Übertragungen fanden auf andere Göttinnen statt, die zusammen mit Tieren abgebildet wurden und damit die Macht über diese zeigen.

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