Stadiasmos Patarensis von Patara - Sencer Sahin

Stadiasmos Patarensis von Patara - Sencer Sahin

In unserem Artikel zu Prof. Dr. (em) Sahin Sencer hatten wir den sensationellen Fund des Stadiasmos Patarensis bereits kurz angesprochen. Erstmalig in der Geschichte war damit ein Relikt gefunden worden, das neben der tatsächlichen Existenz der römischen Straßen nicht nur mit den Angaben des Start- und Zielortes und der Entfernung zwischen den Orten belegt sondern auch als Propagandasymbol der politischen Macht des Imperiums des Kaisers Claudius diente.

In den Jahren um 30 nach Christus kam die Region Lykien nach der Befreiung von Seeräuber- und Räuberbanden einfach nicht zur Ruhe. Da somit fast bürgerkriegsähnliche Zustände im Land herrschten und eine Selbstverwaltung unmöglich war, lies im Jahr 43 nach Christus der römische Kaiser Claudius das Land durch den Einmarsch starker Truppenverbände annektieren. Mit dem römischen Senator Quintus Veranius an der Spitze wurde zunächst der Ausbau des Straßensystems zügig voran getrieben, damit, falls zur Herrschaftssicherung notwendig, schnell Truppenkontingente verlegt werden konnten. Neben dem Ausbau des Straßensystems wurde auch eine Inventarisierung der Straßen vorgenommen, die durch das Auffinden der Einzelsegmente und dem darauf folgenden Zusammenfügen zum Gesamtmonument des Stadiasmos Patarensis belegt sind.

Was war geschehen? In der frühbyzantinischen Stadtmauer nahe der alten Hafenanlage der Stadt Patara waren verschiedene Steine mit Inschriften gefunden worden, die als Spolien verwendet, an verschiedenen Standorten innerhalb des Mauerwerks entdeckt wurden.

Stadiasmos Patarensis - interessante Funde in Patara

b_450_450_16777215_00_images_roemer_strassen_Stadiasmos-012.jpg Schnell ließen die Inschriften einen Zusammenhang zwischen den einzelnen Blöcken vermuten, der sich aufgrund weiterer Nachforschungen letztendlich auch bestätigte. Nach und nach konnten alle 59 Einzelblöcke dieses Pfeilers zusammengetragen, in 10 Schichten übereinander sortiert und aufgeschichtet werden, so das sich das Original eines Pfeilermonuments ergab. Gegründet war das Pfeilermonument sicherlich auf einem Sockel und trug, wie in der damaligen Zeit üblich, als Profilaufsatz wahrscheinlich das Reiterstandbild des Kaisers Claudius.

Das Monument Stadiasmos Patarensis, das sich nach oben hin etwas verjüngt, besteht aus rechteckigen Blöcken, die an den beiden schmalen Seiten etwa 1,60 Meter breit und an den beiden breiten Seiten etwa 2,35 Meter breit sind, wobei nur eine der schmalen Seiten aber beide breiten Seiten mit Inschriften versehen sind. Die Inschriften an der Schmalseite sind Widmungen an den „Befreier der Lykioi“ Kaiser Claudius, denn die Vertreibung von Piraten und anderen Räuberbanden wurden vom lykischen Volk wohl als tatsächliche Befreiung empfunden. Auf beiden Längsseiten sind insgesamt 70 Wegstrecken mit Zielorten und Entfernungen angegeben, die im Auftrag Kaiser Claudius vom Stadthalter Quintus Veranius vermessen und gebaut worden sind.

Straßen in Lykien - vermessen und gebaut von Quintus Veranius

b_450_450_16777215_00_images_roemer_strassen_Stadiasmos-010.jpgWahrscheinlich hat das Monument einmal auf einem öffentlichen Platz in Patara gestanden, denn die Informationen in Bezug auf die Straßen deuten nicht auf die reine Funktion als Wegweiser hin, dazu sind die Informationen nicht systematisch genug. Sie springen vielmehr von einer Straße zur nächsten, so das der Reisende, der per Schiff nach Patara kam, sich zwar der Information bedienen konnte, aber trotzdem weitere Informationen zum Auffinden der genannten Orte brauchte. Dies legt die Vermutung nahe, das es sich hier eindeutig um ein Monument handelt, das neben der Information vor allem der eigenen Propaganda zur Machterhaltung und Einschüchterung der Bevölkerung vor den Großtaten im Bereich Straßenbau und damit den möglichen, raschen Truppenbewegungen des Kaisers Claudius diente.

So fand man bei der weiteren Analyse der Inschriften heraus, das mindestens zwei verschiedene Schrifttypen verwendet wurden, was darauf hindeutet, das auch mindestens zwei verschiedene Steinmetze am Monument tätig waren. Eindeutig konnte man so auch feststellen, das bei den Inschriften um die Huldigung an Kaiser Claudius nicht auf den zur Verfügung stehenden Platz aber sehr stark auf die  saubere Ausführung aller Zeichen geachtet wurde. Bei den beiden seitlichen Beschriftungen ist es genau umgekehrt.

b_450_450_16777215_00_images_roemer_strassen_Stadiasmos-014.jpgDie Erkenntnisse aus den Schriften ermöglichten in der Folge breit angelegte Forschungen, die große Teile der teilweise noch in sehr gutem Zustand befindlichen römischen Straßen zum Vorschein brachten. So konnten auch bislang noch unbekannte Standorte von antiken Städten bestimmt und schließlich gefunden werden. Zurzeit wird noch intensiv am Kartenmaterial gearbeitet, denn inzwischen sind die Feldforschungen abgeschlossen.

 

 

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Prof. Dr. Sencer Sahin / Akdeniz Universität Antalya

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