Narona - römische Handelsstadt an der Neretva

Narona - römische Kolonie und Handelsstadt an der Neretva

Immer wieder trifft man unterwegs auf interessante Menschen, so gab es auch jetzt wieder eine Begegnung, die zu einem gemeinsamen Ausflug in das antike römische Narona führte, eine ehemalige Kolonie und Handelsstadt in Dalmatien.

Narona war einst über eine Römerstrasse direkt mit Salona verbunden. Die Überreste der antiken Stadt Narona befinden sich in dem Dorf Vid, etwa 4 km westlich von Metkovic. Die Stadt Narona, heute das Dorf Vid, lag an einem Berghang, etwa 58 m über dem Meeresspiegel, direkt am Fluss Neretva, der von seiner Mündung bis herauf nach Narona schiffbar gewesen ist.

Aus schriftlichen Quellen ist nur sehr wenig über Narona bekannt. Lediglich Pseudo Skylax erwähnt die Stadt als griechischen Handelsplatz, an dem importierte, überwiegend griechische Ware ins illyrische Hinterland verkauft wurde. Die Stadt existierte vermutlich bis in das 7. Jahrhundert, was durch Geld- und Schmuckfunde aus dieser Zeit belegt werden kann. Neuste Forschungsergebnisse deuten allerdings sogar auf eine noch längere Existenz der Stadt hin.

Die ersten systematischen Ausgrabungen wurden am Ende des 19. Jahrhunderts durch den österreichischen Archäologen Carl Patsch ausgeführt. Er konnte durch punktuelle Grabungen die Lage des Forums und der eines Teils der Stadtmauern bestimmen, wobei er eine Reihe von Münzen, Amphoren und Inschriften fand. In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg nahmen Experten des Archäologischen Museums Split erneut Grabungen vor. Sie entdeckten u.a. ein Mosaik in der Nähe des Forums. Die Fundamente der frühchristlichen Basilika, die sich unter der heutigen Kirche des heiligen Vitus befinden, wurden untersucht, wobei ein gut erhaltenes Taufbecken gefunden wurde. Auf dem Forum wurde ein Augustus-Tempel aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. zu Tage gefördert. Dabei wurden auch sechzehn Statuen der Familie des Augustus sowie von römischen Beamten und Gottheiten gefunden, die – vermutlich im 4. Jahrhundert zur Zeit der Erhebung des Christentums zur Staatsreligion – enthauptet und von ihren Sockeln gestürzt worden waren.

Heute befindet sich an dieser Stelle das Archäologische Museum Narona, das neben den rekonstruierten Statuen etwa 900 weitere Fundstücke ausstellt und dessen Besuch absolut lohnenswert ist. 1978 fand Cambi einen aus weißem Kalkstein gefertigten Kopf des römischen Kaisers Vespasian aus dem Jahre 75 n. Chr. Weitere Grabungen fanden von 1991 bis 1997 unter Leitung Emilio Marins statt.

Die meisten Informationen über die Stadt lieferten die genannten Ausgrabungen: Die Bewohner Naronas waren zunächst, wie schon erwähnt, griechische Kolonisten und hellenisierte Illyrer. Vermutlich legten sie die Stadt um 400 v. Chr. an. Die ältesten aufgefundenen Befestigungen, zwei Rundtürme auf der Hügelkuppe, stammen aus dem 4. vorchristlichen Jahrhundert. Die Stadt blieb von der östlichen Seite unbefestigt, da die Neretva einen natürlichen Schutz bot. Während des 2. Jahrhunderts v. Chr. kam Narona in die Interessenssphäre der Römer. Im Jahre 156 vor Christus diente Narona dem römischen Heer unter der Führung von Gaius Marcius Figulus als Basis, ebenso im Jahre 135 v. Chr. einem Heer von Servius Flaccus. Im 1. Jahrhundert v. Chr. wurden die Stadtmauern bis zu jener Straße erweitert, die von Salona nach Narona führte. Nach der Eroberung Naronas durch Octavian im Jahre 33 vor Christus wurde die Stadt römische Kolonie und die Bevölkerung wuchs stark an. In römischer Zeit wurden ein Forum, verschiedene Tempel, Thermen und vermutlich auch das Theater erbaut. Zur Zeit der Markomannenkriege (166–180 n. Chr.) wurden die Befestigungen erneuert.

In Narona wurden auch spätantik-frühmittelalterliche Waffen, darunter fünf Helme entdeckt. Es handelt sich offenbar um Depotfunde, also Hinterlassenschaften, die einst bewusst dort versteckt worden waren und später in Vergessenheit gerieten. Bei den Helmen handelt es sich um zwei Spangenhelme des Typs Baldenheim, einen Spangenhelm des Typs Deir el-Medina/Leiden sowie zwei eiserne Bandhelme, die im Baldenheimer Spangenhelm I. steckten. Die Fundstücke befinden sich heute im Kunsthistorischen Museum Wien.

Wie vielerorts üblich, wurden zahlreiche steinerne Fundstücke von den Bewohnern Vids als Ornamente in deren Hausfassaden eingearbeitet.

Koordinaten: 43° 2′ 47″ N, 17° 35′ 55″ O

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